Deal wohl kurz vor Abschluss US-Konzern greift nach Wärmepumpen-Hersteller Viessmann
25.04.2023, 00:10 Uhr Artikel anhörenViessmann ist einer der vielen deutschen globalen Champions unter Familienführung. Noch. Denn der Heiztechnik-Konzern, der auch die in Deutschland derzeit so begehrten Wärmepumpen produziert, soll laut Insidern an den US-Klimaanlagen-Hersteller Carrier Global gehen.
Mitten in der Klimawende steht das hessische Familienunternehmen Viessmann offenbar vor einem milliardenschweren Verkauf in die USA. Der Klimaanlagen-Hersteller Carrier Global aus Florida befinde sich in fortgeschrittenen Verhandlungen über eine Übernahme des Spezialisten für Heizungen, Klimageräte und Wärmepumpen aus Allendorf an der Eder, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Sprecher des Unternehmens lehnte jeden Kommentar dazu ab. Carrier war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Viessmann werde dabei mit mehr als zwölf Milliarden Dollar (umgerechnet elf Milliarden Euro) einschließlich Schulden bewertet, sagte einer der Insider. Die kleinere Kühltechnik-Sparte sei außen vor, sagte ein anderer Insider. Der Verkauf könne in dieser Woche offiziell werden. Einem Insider zufolge bekommt die Familie den Kaufpreis zum Teil in Aktien, zum Teil in bar.
Medienberichten zufolge geht es um den Verkauf der Wärmepumpensparte an Carrier Global. Geplant sei eine Übernahme des Geschäftsbereichs Klimalösungen, der bei dem Familienunternehmen rund 85 Prozent des Umsatzes ausmacht. Wärmepumpen gelten gerade in Deutschland als bevorzugte Heizungsform der Zukunft, nachdem die Energiewende nach den Vorstellungen der Bundesregierung das Aus für Gas- und Öl-Heizungen bringen soll.
Mit dem nun anvisierten Teilverkauf gegen Aktien und Barmittel würde das regional aufgestellte Unternehmen im Carrier-Konzern aufgehen und eine deutlich höhere Kapitalkraft erlangen. Schnelleres Wachstum würde möglich, hieß es in Unternehmenskreisen. Letztlich zähle im globalen Wettbewerb irgendwann nur noch Größe und Stückzahl. Der Unternehmenssitz soll dem Vernehmen nach in Allendorf an der Eder bleiben.
Höhere Kapitalkraft, schnelleres Wachstum
Das Familienunternehmen - gegründet 1917 von Johann Viessmann - gehört mit rund 14.500 Beschäftigten bislang zu den Gewinnern der Klimawende insbesondere im Gebäudebereich. Für 2022 hatte das Unternehmen von einem um 19 Prozent gesteigerten Umsatz von 4 Milliarden Euro berichtet, gut die Hälfte davon wurde im Ausland erwirtschaftet. Entscheidender Treiber war das dynamische Wachstum bei Wärmepumpen, die schnell konventionelle Heizungen ablösen sollen. Viessmann hatte im Mai 2022 Investitionen von rund einer Milliarde Euro in diesem Bereich bekannt gegeben. Unter anderem wird eine neue Fabrik in Polen gebaut.
Carrier Global will mit der Übernahme sein Geschäft internationalisieren. Von zuletzt 20,4 Milliarden Dollar Umsatz kommen bisher 60 Prozent aus Nord- und Südamerika und nur 23 Prozent aus Europa. Das Unternehmen war 2020 entstanden, als der Mischkonzern United Technologies sich in drei Firmen für Flugzeugtechnik (Raytheon), Aufzüge (Otis) und Klimatechnik (Carrier) aufspaltete.
Börsianer in New York reagierten negativ auf die Berichte: Carrier-Aktien fielen um sieben Prozent. Der Konzern ist damit aber immer noch 35 Milliarden Dollar wert.
Quelle: ntv.de, jog/rts/dpa