Wirtschaft

Hubschrauber-Technik von EADS US-Militär wirbt für Eurocopter

Entwickelt in Europa, gebaut in den USA: Die US Army nimmt 346 "Utility Helicopter" vom Typ UH-72 Lakota.

Entwickelt in Europa, gebaut in den USA: Die US Army nimmt 346 "Utility Helicopter" vom Typ UH-72 Lakota.

(Foto: EADS / Gamma-Somoza)

Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten begeistern sich für Hubschrauber aus Europa. Der "Lakota" soll US-Bodentruppen mit Digitalbildern aus der Luft versorgen. Das Pentagon will Eurocopter Aufträge aus aller Welt verschaffen. Der künftige EADS-Chef Enders legt sich derweil mit der Bundesregierung an.

Im Einsatz beim hessischen SEK: Ein EC-145, die zivile Variante des Lakota.

Im Einsatz beim hessischen SEK: Ein EC-145, die zivile Variante des Lakota.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS kann auf Unterstützung der US-Armee beim Verkauf eines neuen Leicht-Hubschraubers hoffen. Erste Aufträge aus anderen Ländern für den bislang nur an das Pentagon gelieferten Lakota-Helikopter könnte es - so die Hoffnungen bei EADS - in etwa einem Jahr geben.

Zusammen mit der US-Regierung arbeite EADS an verschiedenen möglichen Militäraufträgen aus dem Nahen Osten und Südost-Asien, sagte der Chef von EADS Nordamerika, Sean O'Keefe, am Rande einer Festveranstaltung zur Auslieferung des 200. Lakota-Helikopters an die US-Armee. Die Amerika-Tochter der EADS-Tochter Eurocopter produziert den Hubschrauber in einem Werk in Columbus im US-Bundesstaat Mississippi.

"Der Erfolg des Lakota-Programms entspringt der starken Partnerschaft, die wir mit dem Verteidigungsministerium und der Army in den vergangenen Jahren aufgebaut haben", betonte O'Keefe. US-Major General Tim Crosby versprach, die Armee werde alles tun, damit EADS Aufträge aus dem Ausland und aus der Privatwirtschaft erhalte. Dies halte auch die Preise für den Hubschrauber niedrig. Trotz des Spardrucks glaube er nicht, dass die Armee weniger als die geplante Menge an Lakota-Helikoptern kaufe, sagte Crosby. Derzeit ist vorgesehen, bis zum Jahr 2016 an die US-Truppen 346 Hubschrauber zu verkaufen.

Nach den Planungen des Pentagon sollen die Drehflügler vom Typ UH-72A "Lakota" bei der Army als leichter Mehrzweckhubschrauber zum Einsatz kommen und die Lücke zwischen dem mittleren Transporthubschrauber UH-60 "Black Hawk", dem altgedienten Lastentier CH-47 "Chinook" und dem leichten Aufklärer "OH-58 Kiowa" schließen.

Hersteller des Black Hawk ist Sikorsky, ein Tochterunternehmen des US-Konzerns United Technologies. Der in Deutschland auch als "Bananenhubschrauber" bekannte Chinook stammt dagegen aus den Werken von EADS-Erzrivalen Boeing. Bei einer milliardenschweren Ausschreibung zum Bau eines neuen Tankflugzeugs für die US-Luftwaffe . Der Kiowa schließlich, der dem Anforderungsprofil des Lakota am nächsten kommt, wird von Bell, der Hubschraubertochter des US-Mischkonzerns Textron, produziert.

Fliegende "Multi-Mission"-Plattform

Für den Einsatz bei der US-Armee wird der Lakota am Standort Columbus umgerüstet und mit dem "Security and Support (S&S) Battalion Mission Equipment Package" (MEP) ausgestattet. Das Paket umfasst einen elektronischen Infrarotsensor, einen starken Suchscheinwerfer, digitale Videotechnik zur Bild-Übertragung an Bodentruppen und eine "taktische Kommunikationsausstattung". Benannt ist der Hubschrauber nach dem Stamm der Lakota, einer Volksgruppe amerikanischer Ureinwohner aus dem Mittleren Westen.

Abgesehen von den fliegenden Einheiten des Heeres interessieren sich auch die US-Zollbehörden, die Nationalgarde und das Ministerium für Heimatschutz für die vielseitige Maschine. Im Pentagon genießt der Lakota-Auftrag höchste Priorität. Der Umstieg auf den Lakota sei eine der schnellsten Modelleinführungen in der Geschichte der US-Army gewesen, heißt es bei Eurocopter.

Entscheidend für den Zuschlag für das europäische Modell dürfte im Pentagon neben Fragen der technischen Ausstattung und der Leistungsfähigkeit vor allem der niedrige Produktionspreis gewesen sein. Der Lakota ist keine Neuentwicklung, sondern basiert auf der zivilen Plattform EC 145, die wiederum auf früheren Modellen aufbaut. Die in den USA dürfte ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.

Kein Freund politischen Proporzdenkens: Tom Enders orientiert sich lieber an der Eignung.

Kein Freund politischen Proporzdenkens: Tom Enders orientiert sich lieber an der Eignung.

(Foto: REUTERS)

American-Eurocopter-Chef Marc Paganini sagte, er sei überzeugt, dass bis zu 500 der Lakota-Maschinen gebaut werden könnten. Auslandsaufträge seien in der Vorbereitung, bestätigte er. Die ersten Verkäufe könnten bis Jahresende oder Anfang kommenden Jahres veröffentlicht werden. Der amerikanische Ableger des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns will den Umsatz in den USA bis Ende des Jahrzehnts auf 10 Mrd. Dollar jährlich steigern. Derzeit erwirtschaftet EADS einen Umsatz von 1,5 Mrd. Dollar in den USA. Dieses Ziel soll auch durch Zukäufe erreicht werden.

Enders bekommt Ärger

Der ungeahnte Erfolg des europäischen Luftfahrtkonzerns in den USA kann unterdessen die inneren Spannungen bei EADS nicht überdecken. Die Bundesregierung streitet einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge mittlerweile offen mit dem über dessen Pläne für straffere und effizientere Strukturen in Europas führendem Luft- und Raumfahrtkonzern.

In einem Brief des zuständigen Regierungskoordinators in diesem Bereich an Enders heißt es: "Mit großer Sorge betrachtet die Bundesregierung die Konzentration und Zentralisierung von Kompetenzen im Bereich der Forschung und Entwicklung in der Konzernzentrale in Toulouse, die in erheblichem Maße zum bestehenden Ungleichgewicht beigetragen hat." Deutsche Standorte im Mutterkonzern des Flugzeugbauers Airbus dürften nicht zur verlängerten Werkbank werden, warnte Hintze darin.

Als "inakzeptabel" beurteilte Hintze, dass im Gegenzug zu deutschen Staatsdarlehen zur Entwicklung des neuen Langstreckenflugzeugs A350XWB deutsche Standorte von Airbus nicht wie zugesagt gestärkt worden seien. Der Politiker forderte eine "Umkehr dieses Trends". Um derartige Entwicklungen künftig zu verhindern, forderte Hintze, Airbus-Führungspositionen mit Deutschen zu besetzen.

Schleichende Abwanderung nach Frankreich?

Ziel müsse eine "paritätische Stellenbesetzung" auf den "obersten fünf Hierarchieebenen" sein. Dies gelte auch für den Gesamtkonzern und sollte bis zum "Stichtag 1. Januar" erfolgreich umgesetzt sein. Bei EADS-Chef Enders stieß der Brief Hintzes offenbar auf Verärgerung. "Der Brief spricht für sich", sagte ein Sprecher von EADS. "Eine Basis auch nur für Gespräche ist er nicht". Für das Unternehmen stehe fest: "Balance- und Proporzspiele wird es bei Airbus nicht geben".

Der EADS-Konzern stellt seit seiner Gründung ein hochsensibles Gebilde dar, in dem die deutschen und französischen Anteilseigner peinlich genau auf Ausgewogenheit und Machtbalance achten. Derzeit ist der deutsche Staat im Gegensatz zu Frankreich selbst nicht direkt Aktionär der EADS. Lediglich vermittelt über die Staatsbank KfW ist Deutschland indirekt Anteilseigner. Der Großteil der deutschen Beteiligung stellt die des Autokonzerns Daimler von derzeit 15 Prozent dar. Allerdings arbeitet die Bundesregierung daran, über die KfW die Hälfte des Aktienpakets von Daimler zu übernehmen. Darüber hinaus trägt der deutsche Staat über das Instrument von bedingt rückzahlbaren Darlehen zu neuen Airbus-Flugzeugentwicklungen bei.

Der deutsche Airbus-Chef Enders, der in Kürze EADS-Chef werden soll, gilt seit langem als Kritiker des starken politischen Einflusses auf das Unternehmen. Er will die EADS stärker an betriebswirtschaftlichen Erfordernissen und Effizienzgesichtspunkten orientieren und politisch bedingte Überlegungen in den Hintergrund drängen.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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