Wirtschaft

Kampf um die Hackordnung Wer ist Chef vom Metzger-Clan Tönnies?

Der Erbstreit beim Fleischfabrikanten Tönnies geht weiter.

Der Erbstreit beim Fleischfabrikanten Tönnies geht weiter.

(Foto: picture alliance / dpa)

So erbittert wird nur in Familien mit viel Geld gekämpft. Das Wurstimperium Tönnies umweht ein Hauch von Denver-Clan. Der fleischproduzierende Schalke-Boss Clemens Tönnies liegt seit Jahren im Clinch mit seinem Neffen.

Die Richter am Bielefelder Landgericht haben mit dem Metzger-Clan Tönnies alle Hände voll zu tun. Die Fleischer-Sippe hat nicht ein Verfahren, sondern gleich einen ganzen juristischen Schlagabtausch mit vielen Nebenkriegsschauplätzen angezettelt. Im Kern geht es immer um eins: Wer hat künftig das Sagen im Wurstkonzern? Clemens Tönnies oder sein Neffe Robert Tönnies?

Clemes Tönnies übernahm die Führung nach dem Tod seines Bruders Bernd.

Clemes Tönnies übernahm die Führung nach dem Tod seines Bruders Bernd.

(Foto: picture alliance / dpa)

Familien-Patriarch Clemens, vielen eher als Funktionär beim Fußballverein Schalke 04 bekannt, leitet den Konzern mit Hauptsitz in Rheda-Wiederbrück seit über 20 Jahren. Lange Zeit schien in der Wurst-Welt nahe Gütersloh alles in Ordnung. Die Wende kam über Nacht. Plötzlich hing der Haussegen schief. Dass Clemens Tönnies trotzdem noch am Zug ist, hat zwei Gründe: Er hat bei strittigen Fragen ein doppeltes Stimmrecht. Und er hält 50 Prozent der Anteile - woran sein streitbarer Neffe Robert nicht ganz unbeteiligt ist. Aber das waren andere Zeiten.

Was sah der Firmengründer vor?

Heute versucht Gründersohn Robert, den alten Pfründen mit Hilfe der Justiz beizukommen. Clemens Tönnies soll entmachtet werden. Junior Robert zog sich Ende 2013 aus dem Tagesgeschäft zurück, seitdem bombardiert er seinen Onkel mit Klagen. Dass der Familienstreit juristisch so ausuferte, liegt vor allem an der Nachlassregelung des 1994 verstorbenen Firmengründers Bernd Tönnies.

Robert Tönnies will Wurst-König werden.

Robert Tönnies will Wurst-König werden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Metzgersohn - damals gerade frisch zum Präsidenten von Schalke 04 gewählt -  starb mit nur 42 Jahren an den Folgen einer Nierentransplantation. Obwohl es ein Testament gab, war im Grunde unklar, wie er sich die Aufteilung des Unternehmens einmal vorgestellt hatte. Die Angaben dazu variieren. 40 Prozent gehörten damals bereits seinem Bruder und Geschäftspartner Clemens. Die restlichen 60 Prozent erbten die Söhne Robert und Clemens Junior.

Dass Clemens Tönnies die Geschäfte zunächst alleine weiterführte, schien selbstverständlich. Zumal die Interessen der Neffen Clemens Jr. und Robert auf Wunsch des Verstorbenen bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres von einem Generalbevollmächtigten vertreten wurden. Dem Vater lag die Ausbildung der Jungen am Herzen. Sie sollten eine Metzgerlehre und eine kaufmännische Ausbildung abschließen, bevor sie in seine Fußstapfen treten und über das Vermögen verfügen würden. Im Fall von Robert war das im Jahr 2008.

Die Fünf-Prozent-Schenkung

Clemens Tönnies' Führungsanspruch blieb lange Zeit unangefochten, weil die Neffen noch in der Ausbildung waren, aber auch weil er behauptete, sein Bruder habe ihm zu Lebzeiten mehr Anteile in Aussicht gestellt. Belegt ist das nicht, aber die Jungen hatten offenbar lange Zeit kein Problem damit. Noch 2008 traten sie ihm jeweils 5 Prozent ab, so dass Clemens Tönnies die Hälfte aller Anteile hielt.

In den Jahren danach kamen dem Neffen Robert offenbar Zweifel an der Unternehmensführung seines Onkels und er entschied, die Schenkung per Gerichtsentscheid rückgängig zu machen. Er wirft seinem Onkel "groben Undank" und arglistige Täuschung vor. Er habe über Jahre hinweg Gewinne aus der Firma entnommen und damit hinter dem Rücken des Neffen seine eigenen Geschäfte vorangetrieben, sagt Robert Tönnies. Er kritisiert vor allem die Übernahme des Unternehmens Zur Mühlen mit der Marke Böklunder. Clemens Tönnies bestreitet die Vorwürfe.

Ob es Robert Tönnies gelingt, seinem Onkel die Macht im Konzern zu entreißen, hängt jetzt von den Urteilen der Juristen ab. Seit November vergangenen Jahres beschäftigt sich das Landgericht in Bielefeld mit der 5-Prozent-Schenkung. Am 20. April wird die Beweisaufnahme fortgesetzt. Sollte der Richter entscheiden, dass tatsächlich eine arglistige Täuschung vorliegt, wäre das zumindest eine Vorentscheidung im Ringen um die Macht im Konzern.

Da Robert 2012 die 25 Prozent seines kranken Bruders Clemens Jr. übernahm, gehört ihm aktuell die Hälfte am Familienunternehmen. Setzt er sich in der Schenkungsfrage durch, geriete sein Onkel Clemens Tönnies in die Minderheit. Der Neffe wäre Mehrheitseigner des Imperiums, das der Onkel jahrelang aufgebaut hat. Die Entmachtung des bisherigen Alleinherrschers wäre möglicherweise nur noch eine Frage der Zeit.

Doppeltes Stimmrecht wird neu verhandelt

Den zweiten Gerichtsstreit, den Tönnies Junior anzettelte, um dem Onkel die Führung zu entreißen, richtet sich gegen das doppelte Stimmrecht, das dem Onkel in den meisten Fragen das letzte Wort sichert. Hier hatte Robert Tönnies bereits im Mai vergangenen Jahres einen Punktsieg vor Gericht gelandet. Das Landgericht stellte fest, dass der entsprechende 2002 unterschriebene Vertrag einen Fehler enthält. Er soll auf die falsche Firma ausgestellt sein. Das Bielefelder Landgericht kippte die Regelung und brachte die Machtposition des Onkels dadurch ins Wanken. Clemens Tönnies ging jedoch in Berufung. So dass das Verfahren kommende Woche erneut beginnt. Diesmal vor dem Oberlandesgericht Hamm.

Auch sonst lässt der Juniorpartner im Unternehmen juristisch nichts unversucht, um seinen Führungsanspruch geltend zu machen. Neben der 5-Prozent-Schenkung und dem doppelten Stimmrecht ist ihm auch die Abberufung der Steuerberater im Konzern ein Gerichtsverfahren wert. Er beanstandet, dass die Experten nicht nur für den Konzern, sondern auch für Tönnies Senior privat arbeiten. Damit seien sie parteiisch. In dieser Sache ist bereits am Freitag Verkündungstermin in Bielefeld. Hier könnte erstmals eine Baustelle geschlossen werden.

Clemens Tönnies verteidigt sich damit, dass er den Konzern überhaupt erst groß gemacht hat. Deutschlands größter Fleischkonzern verbuchte 2013 einen Umsatz von 5,6 Milliarden Euro. Als Unternehmensgründer Bernd 1994 starb, waren es nur rund 150 Millionen Euro. Das Eigenkapital war nahezu aufgezehrt und die Verbindlichkeiten lagen bei rund 50 Millionen. Von Tönnies Junior behaupten Kritiker dagegen, dass er gar nicht das Rüstzeug für so ein großes Unternehmen mitbringt. Wie der Fleischkonzern noch einen Generationenwechsel hinbekommen will, dürfte spannend werden.

Quelle: ntv.de

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