Isländer bleiben stur Harter Schlag ins Kontor
10.04.2011, 11:57 Uhr
Land der kochend heißen Geysire: Die Insel im Nordatlantik liegt auf vulkanisch aktivem Boden.
(Foto: REUTERS)
Die Mehrheit der Isländer lehnt es auch im zweiten Icesave-Referendum ab, für den finanziellen Schaden einer ihrer Pleitebanken geradezustehen. Damit rückt der von Reykjavik erhoffte EU-Beitritt in weite Ferne: Die Insel bleibt bis auf Weiteres allein im Nordatlantik.
Es ist eine schwere Niederlage für Johanna Sigurdardottir. Die Ministerpräsidentin gab sich viel Mühe, um ihre Landsleute im Zusammenhang mit der Online-Pleitebank Icesave zu einem Ja für Zahlungen an Großbritannien und die Niederlande zu bewegen. Nun sind die Isländer stur geblieben und lassen Sigurdardottir und ihre rot-grüne Regierung im Regen stehen.
Die Regierungschefin steht vor einem Scherbenhaufen. Harte Verhandlungen liegen hinter der 68-Jährigen. Sie rang den Regierungen in London und Den Haag wichtige Zugeständnisse ab, damit die Rückzahlung des Geldes - immerhin geht es um umgerechnet rund 3,8 Mrd. Euro - nicht zu schmerzhaft für ihr haushaltspolitisch geschundenes Land ausfällt. Eine Laufzeit bis 2046 und Zinsen um die 3 Prozent hatte sie herausgehandelt. Es war umsonst: Das Volk bleibt mehrheitlich bockig und verweigert Sigurdardottir seine Gefolgschaft.
Und die Neinsager haben mit Staatschef Olafur Ragnar Grimsson einen starken Verbündeten im eigenen Land. Weil er den Gesetzentwurf der Regierung mit einem bedachte, fand diese zweite Volksabstimmung überhaupt statt. Grimsson - immerhin schon seit 1996 im Amt - traf mit seiner Ablehnung des Vertrages den Nerv der isländischen Mehrheit. In Island hat der Staatspräsident, im Vergleich zu seinem deutschen Amtskollegen, mehr Befugnisse. Zudem wird er direkt vom Volk bestimmt.
Grimssons Wirken tut der Regierung jedenfalls richtig weh. Großbritannien und die Niederlande, die ihren zusammen rund 400.000 Icesave-Kunden das Geld bereits aus eigener Schatulle erstattet haben und es nun von Island zurückverlangen, müssen weiter warten. Die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern: Der Fall Icesave wird nun wohl eine Angelegenheit der Europäische Union und deren Gerichtsbarkeit. Und Island hat dabei denkbar schlechte Karten.
Es gelten Spielregeln
Perspektivisch gesehen erweisen die Isländer ihrem Land mit ihrem erneuten Nein einen Bärendienst. Das sieht auch Johanna Sigurdardottir so. Seit ihrem Amtsantritt im Februar 2009 betreibt die Sozialdemokratin - der finanziellen Not gehorchend - . Das Ergebnis des Referendums wirkt dabei äußerst kontraproduktiv, denn mit Briten und Niederländern gibt es mindestens zwei wichtige Gegner eines isländischen Beitritts.

Ruppige Ablehnung: Rückzahlungsgegner wollen nicht, dass die isländische Staatskasse für Icesave-Schulden herhalten muss.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bei aller Sympathie für ein von der Finanzkrise schwer betroffenes Land: Island muss lernen, dass wichtige internationale Spielregeln zu beachten sind. Anders als Vulkanausbrüche werden Bankenpleiten durch menschliches Wirken hervorgerufen. Und die Isländer haben vom kurzen Boom ihrer Bankenbranche kräftig profitiert. Nun muss der durch das unverantwortliche Handeln im Ausland entstandene Schaden beglichen werden. Die Regierung in Reykjavik hat das schon längst begriffen - und unter anderem deshalb gegenüber Großbritannien und den Niederlanden so vehement für bessere Konditionen gekämpft.
Es bleibt nur zu hoffen, dass das Ergebnis des Referendums die Regierung Sigurdardottir nicht zu stark beschädigt. Ohne Unterstützung aus Europa wird Island die nächste Krise kaum überstehen. Die Ministerpräsidentin verdient es eigentlich, mehr Unterstützung zu bekommen.
Quelle: ntv.de