Die Zinsen sinken Dax legt zu
02.05.2013, 17:50 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank lässt die Anleger am Frankfurter Aktienmarkt weitgehend kalt. Für Gesprächsstoff sorgen auch Konjunkturdaten und zahlreiche Quartalszahlen.
Nach dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank bleiben Investoren am deutschen Aktienmarkt zurückhaltend. Angesichts der schwachen Konjunktur in der Eurozone senkt die EZB die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent. "Die EZB scheint bereit, falls nötig nochmals zu handeln", sagt Helaba-Analyst Ralf Umlauf mit Blick auf die Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung. Zudem waren in den USA die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche überraschend gesunken und auch dies stützte Börsianern zufolge die Kurse.
Eine Leitzinssenkung könnte die Banken trotz Krise und steigender Anforderungen an ihre Kapitalausstattung zur Vergabe von mehr Krediten ermuntern. Ob die Banken einen niedrigeren Leitzins tatsächlich für billigere Kredite nutzen würden, ist allerdings völlig ungewiss - schließlich kann die EZB den wegen der Krise misstrauischen Instituten nicht vorschreiben, wem sie Geld leihen und wem nicht.
Der Dax schloss 0,6 Prozent im Plus bei 7961 Punkten. Zwischenzeitlich hatte er sogar kurz wieder die Marke von 8000 Punkten zurückerobert. Der MDax gewann 0,4 Prozent auf 13.508 Zähler, während der TecDax 0,1 Prozent auf 921 Punkte einbüßte.
Schwächer als erwartet ausgefallene Wirtschaftsdaten aus den USA und China belasteten den Handel. In der Volksrepublik fiel der HSBC Einkaufsmangerindex im April auf 50,4 Punkte und damit etwas stärker als von Analysten vorhergesagt. In den USA entstanden dem Arbeitsmarkt-Dienstleisters ADP zufolge im vergangenen Monat weniger neue Stellen als angenommen. Die Zahlen gelten als schlechter Vorbote für die offizielle monatliche Arbeitsmarktstatistik, die am Freitag veröffentlicht wird.
Infineon im Plus
Bei den Einzelwerten sorgen die Bilanzen zahlreicher Unternehmen für Bewegung. Deutschlands größter Halbleiterhersteller Infineon baute seinen Gewinn zum Vorquartal aus und blickt etwas optimistischer auf den weiteren Geschäftsverlauf. "Das ist schon eine große Überraschung", sagt ein Händler. "Vergangene Woche hieß es noch, Infineon hänge so stark an der Auto-Industrie und deshalb sei alles schlecht, und jetzt kommen sie mit so starken Zahlen und einem doch recht zuversichtlichen Ausblick." Die US-Investmentbank Merrill Lynch empfahl die Aktien daraufhin zum Kauf, die Papiere waren mit einem Plus von 9,9 Prozent größter Dax-Gewinner.
Positiv werten Händler die Quartalszahlen von BMW. "Vor allem die Margen sind ein Knaller", sagt ein Händler. Die bestätigte Jahresprognose dürfte Marktteilnehmer beruhigen, die angesichts der Absatzkrise in Europa mit vorsichtigeren Tönen gerechnet hatten. Die Aktie legte 0,9 Prozent zu.
Autowerte stehen auch wegen der Absatzzahlen aus den USA im Blick. Während BMW die Verkäufe deutlich steigerte, bekam Volkswagens Erfolgsgeschichte einen Knacks: Im April schrumpften die Verkäufe der Wolfsburger in den USA erstmals seit etwa drei Jahren. Die Papiere verbilligten sich um 0,9 Prozent. Daimler aber verkaufte in den USA so viele Pkw wie noch nie in einem April. Die Aktien legten im Verlauf 1,1 Prozent zu.
Drittbester Dax-Wert waren die Anteilsscheine der Lufthansa, die sich nach Vorlage des Quartalsberichts um 3,7 Prozent verteuerten. "Eigentlicher Grund ist der Tarifabschluss und nicht die Zahlen", sagt ein Händler. Er sei durch die Veröffentlichung der Quartalszahlen zu Unrecht in den Hintergrund gedrängt worden. "Das Lohnplus ist eigentlich recht gering", so der Händler: "Hier haben die Gewerkschaften deutlich nachgegeben und sich damit Arbeitsplatzgarantien erkauft."
Die Titel des Konsumgüterkonzerns Beiersdorf zogen um 4,2 Prozent an. "Die Restrukturierung läuft planmäßig voran und das Ergebnis ist dank besserer Margen etwas über den Erwartungen ausgefallen", sagt ein Händler. DZ-Bank-Analyst Thomas Maul bemängelt jedoch, dass das Geschäft in Europa unerwartet schlecht gelaufen sei.
Siemens schraubte seine Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr wegen einer Vielzahl hausgemachter Probleme und der schwachen Industriekonjunktur dagegen zurück. Die Titel fallen zunächst, arbeiten sich dann aber vor und tendierten 0,6 Prozent im Plus. "Der Markt hat lange auf schlechtere Zahlen und eine Umsatz- oder Gewinnwarnung spekuliert, nun ist sie da", sagt ein Händler.
Maschinenbauer unter Druck
Abseits der Berichtssaison büßten die Titel von ThyssenKrupp 2,5 Prozent ein. Der Industriekonzern prüft einem Bericht zufolge, die verlustreichen amerikanischen Stahlwerke wegen zu niedriger Gebote später zu verkaufen. "Wenn Thyssen davon überzeugt ist, zu einem späteren Zeitpunkt höhere Gebote zu erhalten, würde eine Verschiebung der Verkaufspläne Sinn machen. Enttäuscht ist der Markt trotzdem", sagt ein Börsianer.
Abwärts geht es bei Fuchs Petrolub, und zwar um 0,8 Prozent. Das Schmierstoffunternehmen aus dem MDax hat zwar den Jahresausblick bestätigt, der Jahresstart sei dagegen nicht geglückt, heißt es. "Ich erwarte Gewinnmitnahmen, nachdem die Aktie gut gelaufen ist", so ein Händler.
Auf gute Resonanz stoßen die Zahlen von Metro. Die Verluste seien eingegrenzt worden, betonen Börsianer. Der Kurs legt um 4 Prozent zu. Enttäuschend verlief Händlern zufolge das erste Quartal für Hugo Boss. Hier legt der Kurs dennoch um 4,9 Prozent zu.
Gebremst wird der MDax von schlechten Nachrichten vom deutschen Maschinenbau. "Sehr düster" sehen die Auftragseingänge nach Einschätzung eines Börsianers aus. Wie die aktuellen März-Zahlen des Verbandes VDMA zeigen, gingen die Aufträge um 4 Prozent zurück. "Vor allem der Einbruch im Inland von minus 15 Prozent zeigt, wie gering das Vertrauen in ein zukünftiges Wachstum ist", sagt der Händler. Die geringe Investitionsbereitschaft könnte durchaus der Beginn einer Abwärtsspirale sein. "Das Abwärtsmomentum hat nach einer leichten Erholungsphase wieder zugenommen, normalerweise ein Zeichen, um nicht mehr groß in MDax-Titeln investiert zu sein", so ein anderer Marktbeobachter. Im MDax sind vergleichsweise viele Maschinenbauer notiert.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ