Angst vor Eskalation in Japan Dax rauscht in den Keller
16.03.2011, 17:47 UhrDie Furcht vor einem Super-GAU im japanischen Atomkraftwerk Fukushima drückt den Dax den dritten Tag in Folge ins Minus. Die Abwärtsbewegung beschleunigt sich nach Aussagen von EU-Energiekommissar Oettinger zu möglicherweise bevorstehenden katastrophalen Ereignissen.

Die unsichtbare Gefahr: Die Strahlenbelastung im Umkreis des Kraftwerks Fukushima steigt.
(Foto: REUTERS)
Turbulenter Tag an der Börse: In einer raschen Bewegung haben die Aktienmärkte am Nachmittag weltweit kräftige Abschläge verbucht. Sowohl der Dow-Jones-Index als auch der Dax rauschten ins Minus. Marktteilnehmer führten die rasche Abwärtsbewegung auf Aussagen des EU-Energiekommissars Günther Oettinger in einem Ausschuss des Europäischen Parlaments zurück. Wie er sagte, müsste in der Reaktoranlage in Fukushima in den kommenden Stunden mit weiteren katastrophalen Ereignissen gerechnet werden. Oettingers Sprecherin erläuterte später, dass die Einschätzung Oettingers auf Medieninformationen beruhe.
"Die Märkte sind nunmal extrem nervös", hieß es dazu auf dem Parkett. Es gebe keine positiven Nachrichten, um den Markt nach oben zu treiben. Der Dax büßte am Ende 2,0 Prozent auf 6.513 Punkte ein. Die Dax-Futures gaben noch dramatischer ab. Am Vorabend hatte das Börsenbarometer gut drei Prozent im Minus geschlossen.
In Tokio hatte der Nikkei-Index am Morgen den Handel 5,7 Prozent im Plus beendet und damit einen Teil der Vortagesverluste von gut 17 Prozent wieder gut gemacht. "Auf der einen Seite stehen die ganz großen Pessimisten, die eine neue Rezession befürchten, auf der anderen Seite die Schnäppchenjäger," erklärten Börsianer.
"Der Markt dreht mit dem Wind"

"Man kann sagen, die Anlage ist außerhalb einer fachmännischen Kontrolle", so der Wortlaut Oettingers.
(Foto: dpa)
"Derzeit hängt die Marktentwicklung an jeder kleinen Meldung aus Japan", kommentierte Marktstratege Thilo Müller von MB Fund Advisory. Der Markt könne geradezu mit der Windrichtung in Japan seine Tendenz ändern. Ähnlich äußerte sich Marktanalyst Robert Halver von der Baader Bank: "Wir werden uns an eine erhöhte Schwankungsbreite des Dax gewöhnen. Im Grunde hängt die Entwicklung vom Liveticker ab."
Bei den Einzeltiteln rauschten die Versorger Eon und RWE mit dem Gesamtmarkt in die Tiefe. Eon verloren 1,2 Prozent, RWE gaben 2,6 Prozent nach.
Porsche verloren 1,1 Prozent. Zuvor waren Berichte über weiterer Klagen in den USA bekannt geworden. Eingereicht haben sollen sie die Hedgefonds Greenlight Capital und Tiger Global. "Die Milliardenklagen gefährden wegen der schwelenden Unsicherheit die geplante Kapitalerhöhung und die Fusion mit Volkswagen (VW)", sagte ein Börsianer. Die im Dax gelisteten VW-Vorzüge gewannen 2,2 Prozent.
Im MDax führten die Aktien von Gildemeister mit einem Plus von 2,5 Prozent die Gewinnerliste an. Das Unternehmen hatte Kapitalerhöhungen angekündigt, an der sich der japanische Kooperationspartner Mori Seiki beteiligen will.
Am MDax-Ende mussten die Aktien von Wacker Chemie trotz der angekündigten kräftigen Dividendenaufstockung Verluste von 4,4 Prozent hinnehmen. Die Aktionäre des Halbleiter-Zulieferers und Chemiekonzerns sollen nach dem Rekordjahr 2010 mit 3,20 Euro je Aktie eine im Vergleich zum Vorjahr um zwei Euro höhere Dividende erhalten. Dies stieß bei Börsianern zwar auf Beifall. Die endgültigen Zahlen für das vergangene Jahr enthielten aber keine großen Überraschungen, hieß es weiter. Ein anderer kritisierte den Ausblick auf ein stabiles operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Hier hätten Analysten bisher ein moderates Plus erwartet.
Conergy nur eine Eintagsfliege
Erneut besser als der Dax, entwickelt sich am Mittwoch der TecDax, auch wenn die Solar- und Windtitel Gewinnmitnahmen sahen. Conergy, die am Vortag über 50 Prozent gewannen, verloren 29 Prozent. Dank starker Titel aus dem Segment der erneuerbaren Energien hatte sich der Auswahlindex für Technologiewerte am Vortag deutlich besser als der Gesamtmarkt präsentiert.
Deutlich besser erging es Adva Optical Networking. Hier konnten sich die Aktionäre über satte Kursgewinne von knapp 8,7 Prozent im TecDax freuen. Händler verwiesen auf Konzernchef Brian Protiva, der ankündigt hatte, sein Unternehmen könnte vom Partner Juniper Networks übernommen werden oder mit ihm fusionieren. Das Potenzial der Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen könnte so groß werden, dass sie sich eines Tages zu einer Fusion entschließen würden.
Die Drägerwerk-Vorzüge erholten sich nach dem jüngsten Rückschlag ebenfalls kräftig um 5,3 Prozent. Der Medizin- und Sicherheitstechnik-Hersteller will nach dem Rekordjahr 2010 auch eine deutlich höhere Dividende von 1,19 Euro je Vorzugsaktie nach nur 0,40 Euro im Vorjahr bezahlen. Das vergangene Jahr schloss Drägerwerk vor allem dank florierender Geschäfte in der Region Amerika und Asien-Pazifik mit neuen Bestmarken bei Ergebnis- und Umsatz ab
Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa/DJ