Marktberichte

Draghi bleibt vage Dax rauscht runter

Rolle rückwärts: Wer hoch steigt, kann auch tief fallen.

Rolle rückwärts: Wer hoch steigt, kann auch tief fallen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Kursbewegungen sprechen eine klare Sprache. Der deutsche Leitindex bricht nach den Aussagen von EZB-Chef Draghi um mehr als 250 Punkte vom Tageshoch ein. Tagelang war spekuliert worden, dass die EZB umfangreiche Käufe von Anleihen kriselnder Euro-Staaten einleiten würde. Tatsächlich spielt Draghi den Ball aber nur wieder an die Politik zurück.

Mario Draghi hat doch nur eine Tür und keine Geldschleusen geöffnet.

Mario Draghi hat doch nur eine Tür und keine Geldschleusen geöffnet.

(Foto: REUTERS)

Die Enttäuschung kam prompt: Die jüngsten Aussagen des EZB-Präsidenten Mario Draghi haben einfach nicht das gehalten, was er vor einer Woche versprochen hatte. "Dass die Anleihenkäufe transparenter werden sollen, kann die Märkte nicht wirklich überzeugen", meinte ein Händler. Der EZB-Präsident habe unter dem Strich den Ball an die Politik zurückgespielt. Allerdings sei "realistischerweise" auch nicht viel mehr zu erwarten gewesen.

Der Dax landete bei minus 2,2 Prozent und damit auf 6606 Punkten. Im Vorfeld der Pressekonferenz hatte sich der Markt in der Hoffnung auf einen großen Wurf in der europäischen Schuldenkrise noch bis auf 6855 Zähler hochgeschwungen.

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Der Euro brach von seinem Vierwochenhoch bei 1,2406 Dollar auf unter 1,2200 Dollar ein. "Der ganze Markt verkauft Risiko und kauft Sicherheit", sagte der Aktienhändler weiter.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte in der vergangenen Woche Erwartungen auf ein neues Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) geschürt. Neue Hoffnungen verbanden sich mit einer kolportierten " : Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge sollte die EZB, einerseits Anleihen auf dem Sekundärmarkt kaufen und andererseits den später in Kraft tretenden Rettungsschirm vorzuschieben, um den Regierungen bedrängter Euro-Staaten direkt Anleihen abzukaufen.

Bankenwerte stürzen ab

Der Verzicht der EZB auf die Ankündigung konkreter Maßnahmen zur Rettung des Euro löste einen Kurssturz europäischer Finanzwerte aus. Der Brachenindex der Finanz-Institute der Euro-Zone brach um 4,6 Prozent ein, nachdem er unmittelbar vor der Pressekonferenz des EZB-Chefs Mario Draghi noch drei Prozent fester notiert hatte.

"Die Enttäuschung ist groß, dass die EZB nun doch nicht direkt mit Staatsanleihen-Käufen in den Markt eingreift", sagte Rainer Sartoris, Volkswirt bei HSBC Trinkaus. "Das heißt aber nicht, dass die EZB in der Euro-Krise keine aktivere Rolle einnehmen will." Im europäischen Vergleich verloren die spanischen Institute Banco Sabadell und Banco Popular am stärksten. Deutsche Bank gaben 5,2 und Commerzbank 6,2 Prozent nach.

Am Rande des standen in der laufenden Saison für Unternehmensberichte zum ersten Halbjahr auch wieder große Namen auf der Agenda: Bei den Einzeltiteln honorierten Anleger zunächst die Quartalszahlen der Lufthansa. Gewinnmitnahmen zogen die Titel dann aber mit 1,3 Prozent ins Minus. Dabei sei es von den Zahlen her "ganz gut aus". "Außerdem bestätigen sie die ", sagte ein Händler. Die Lufthansa hatte für das zweite Quartal einen operativen Gewinn ausgewiesen, der über den Erwartungen der Analysten gelegen hatte.

Deutsche Post profitierten von überraschend positiven Zahlen und der Anhebung des Ausblicks. Die Papiere lagen 2,2 Prozent im Plus. Der Logistikkonzern hatte Umsatz und operativen Gewinn im zweiten Quartal stärker gesteigert als Analysten erwartet hatten. Zudem hob die Post ihre Gewinnprognose für 2012 an. "Alles in allem sind die berichteten Konzernzahlen besser als vom Markt und uns erwartet ausgefallen. Das zugrundeliegende operative Ergebnis ohne Einmal-Effekte war auch besser als von uns erwartet", urteilte Analyst Robert Czerwensky von der DZ Bank. "Die Anhebung der Guidance ist eindeutig eine positive Überraschung im aktuellen Marktumfeld."

Adidas enttäuschte mit seinem Zwischenbericht einige Anleger. Der Aktienkurs rauschte mit knapp 3,0 Prozent ins Minus. Auf den ersten Blick seien die Ergebnisse solide, stellte Equinet-Analyst Ingbert Faust fest. Die Entwicklung bei Reebok bleibe aber kritisch und löse bei Investoren Sorgen aus. "Unsere Schätzungen für das Gesamtjahr bleiben vermutlich weitgehend unverändert", fügte Faust aber hinzu, der die Aktien zum Kauf empfiehlt. Händler führten die Kursverluste auch auf einige Gewinnmitnahmen zurück. Seit Jahresbeginn haben Adidas rund 20 Prozent, der Dax über 14 Prozent zugelegt.

MC und Fresenius ließen in einem kaum veränderten Gesamtmarkt Federn. FMC fielen um 1,5 Prozent, Fresenius gaben 0,7 Prozent nach. Händler begründeten die Verluste bei FMC mit einem Analystenkommentar der HSBC. Die Experten hatten die Aktien auf "neutral" von "overweight" heruntergestuft und dies damit begründet, dass es nach der Vorlage der Geschäftszahlen am Vortag kurzfristig keine Impulse für weitere Aufwärtsrevisionen für die Gewinne gebe. Zudem sei die Aktie schon fair bewertet, fügten die Analysten hinzu, die ihr Kursziel allerdings um vier auf 65 Euro anhoben. Am Vortag hatten beide Aktien mit leichten Verlusten auf die Geschäftszahlen reagiert, die Analysten insgesamt aber meist positiv beurteilten.

Ein Platz an der Sonne für Solarwerte

In der zweiten Reihe lösten besser als erwartet ausgefallene Geschäftszahlen und eine Anhebung der Jahresziele bei First Solar eine Kursrally aus. Das Unternehmen konnte den Gewinn im zweiten Quartal um 82 Prozent steigern und kündigte an, die Produktion auszuweiten. "Positive Nachrichten aus dem Sektor sind die Anleger nicht mehr gewöhnt", sagte ein Händler. Dieser hält positive Aktien-Reaktionen im Sektor für möglich, bleibt grundsätzlich aber skeptisch zu den Branchenaussichten. First Solar lagen weiter mit 26,3 Prozent im Plus.

Die positiven Signale des US-Konzerns First Solar verliehen den deutschen Solarwerten neuen Glanz. Solarworld zogen um 2,8 Prozent an, SMA Solar um 3,7 Prozent. "Wenn ich mir die Zahlen von First Solar so ansehe, dann leben die Solarwerte ja doch noch", sagte ein Händler. Die Solarbranche leidet seit Monaten unter dem Preisverfall. Zudem wurde zuletzt die staatliche Förderung der Solarbranche zurückgefahren. Solarworld hatten am Vortag 1,1 Prozent auf 1,18 Euro verloren, SMA war mit einem Plus von 0,7 Prozent auf 25,17 Euro aus dem Handel gegangen. Seit Jahresbeginn haben beide Federn lassen müssen: Solarworld hat fast 64 Prozent, SMA 42 Prozent eingebüßt.

Eine Herunterstufung setze den Titeln von Qiagen zu. Mit einem Abschlag von 2,6 Prozent gehörten die Aktien des Biotechunternehmens zu den schwächsten TecDax-Werten. Die Aktien seien in diesem Jahr schon sehr gut gelaufen, das Aufwärtspotenzial dürfte langsam ausgeschöpft sein, hieß es in einem Kommentar der Berenberg Bank. Die Analysten stuften Qiagen herunter auf "Hold" von "Buy", erhöhten das Kursziel aber auf 14 (13,50) Euro. Seit Jahresanfang haben die Papiere knapp 35 Prozent an Wert gewonnen.

Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts

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