Henkel, Autos und die Banken Dax schließt im Plus
08.07.2010, 18:00 UhrNach beruhigenden Tönen aus dem Bankensektor und freundlichen Konjunktursignale aus den USA geht der deutsche Aktienmarkt mit soliden Kursgewinnen aus dem Handel. Größere Abschläge sehen Händler nur bei Henkel und zwei Autobauern.

Am Ende des Tages zählt nur das Eine: Wie viel Honig hängt in der Wabe?
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Angeführt von Kursgewinnen bei Finanzwerten setzt sich der Aufwärtstrend am deutschen Aktienmarkt fort: Der Dax schloss 0,7 Prozent fester bei 6035 Zählern. Der MDax notierte am Abend 0,68 Prozent im Plus bei 8159 Zählern. Der TecDax beendete den Donnerstag 1,35 Prozent im Plus bei 765 Punkten.
Bereits am Vortag hatte sich abgezeichnet, dass der Belastungstest für europäische Banken wohl nicht so hart ausfallen wird wie befürchtet. "Alle hoffen nach den ersten positiven Nachrichten zum Stresstest, dass mit dessen Veröffentlichung der Druck von den Banken weg ist", sagte ein Händler. Der europäische Stoxx50 stieg um ein Prozent auf 2412 Punkte.
Europaweit gefragt waren Finanzwerte, der Stoxx-Branchenindex für Banken stieg um 1,5 Prozent. Die Prüfungsaufgaben für die 91 an dem Belastungstest beteiligten Geldinstitute galten am Markt als lösbar. Börsianer halten es daher für unwahrscheinlich, das ein Geldhaus durchfällt und dann kurzfristig frisches Kapital zur Stabilisierung der Bilanz aufnehmen müsste. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, verteidigte während der Pressekonferenz zum monatlichen Zinsentscheid den . "Es ist gut, dass die Finanzmärkte die Resultate der Tests sehen werden. Das wird zur Vertrauensbildung beitragen", sagte Trichet. Zuvor hatte die EZB wie erwartet ihren unverändert bei einem Prozent belassen.
Bank-Aktien erhielten zudem Rückenwind von zuversichtlichen Aussagen der Credit Suisse für die europäische Branche. In Frankfurt setzten sich die Aktien der Deutschen Bank mit einem Plus von 3,3 Prozent an die Dax-Spitze. Die Aktien der französischen Konkurrenten Societe Generale und BNP Paribas legten in ähnlichem Umfang zu. Commerzbank-Aktien hinkten diesen Kursgewinnen mit einem Plus von 1,3 Prozent hinterher. "Die Commerzbank ist wegen der Staatsbeteiligung allerdings auch ein anderer Fall", sagte ein Händler.
Unter Druck standen die Aktien der beiden Autohersteller Daimler und BMW, nachdem die Analysten von Nomura eine Kaufempfehlung zurückgenommen hatte. Mit Abschlägen von 0,9 beziehungsweise 2,1 Prozent gehörten sie zu den schwächsten Dax-Werten. "Wir verneinen nicht die starken Grundlagen von BMW und Daimler", erklärten die Experten. Allerdings verlangsame sich der Aufwärtstrend. Die Aktien der beiden Oberklassehersteller profitierten somit nicht von guten Geschäften in den beiden weltgrößten Automärkten USA und China. Bei den Aktien der französischen Konkurrenten dagegen sehen die Nomura-Analysten in den nächsten Monaten hohes Steigerungspotenzial. Sie rieten zum Kauf von Renault-Aktien und bekräftigten ihre Kaufempfehlung für Peugeot, die in Paris bis zu 2,9 Prozent teurer gehandelt wurden.
In Kopenhagen legten die Aktien des Reedereikonzerns nach der Anhebung der Gewinnprognose 3,7 Prozent zu. Dies zog im MDax Tui-Papiere 5,3 Prozent mit nach oben. Tui hatte sich zu Wochenbeginn bereits zuversichtlich zu den Geschäften seiner Beteiligung Hapag-Lloyd geäußert.
Nach einem weiteren negativen Analystenstimme blieben Henkel am Donnerstag das Schlusslicht im Dax. Die Aktien des Konsumgüterherstellers gingen 2,5 Prozent tiefer aus dem Handel. Credit Suisse stufte die Aktien von "neutral" herunter auf "underperform", beließ aber das Kursziel bei 38 Euro. Die Erneuerung des Konzerns scheine sich zwar gut zu entwickeln, doch seien die Markterwartungen hoch, erklärten die Analysten. Zudem dürften sich höhere Materialkosten und eine Verlangsamung der Kosteneinsparungen negativ bemerkbar machen. Höherer Margendruck und stärkere Konkurrenz könnten das Wachstum beeinträchtigen.
Nach einer Heraufstufung durch die WestLB griffen Anleger bei Solarworld kräftig zu. Die Titel des Solarkonzerns stiegen um 4,9 Prozent und lagen damit an die Spitze des TecDax. "Angesichts der zuletzt gegeben Informationen anderer Konzerne der Photovoltaik-Branche erwarten wir, dass Solarworld seine operative Gewinnmarge im zweiten Quartal stärker als erwartet ausbauen wird", erklärten die Analysten. SMA Solar hatte in dieser Woche die Prognose deutlich nach oben geschraubt. Auch Phoenix Solar gab einen starken Ausblick für das laufende Geschäftsjahr ab. Die Titel von SMA gewannen am Donnerstag 1,7 Prozent, die Papiere von Phoenix Solar verloren dagegen 0,4 Prozent.
US-Zahlen am Horizont
Die US-Börsen profitierten von etwas besser als erwartet ausgefallenen Daten vom US-Arbeitsmarkt und aus dem US-Einzelhandel. Mehrere Einzelhändler hatten mit ihren Juni-Umsätzen die Markterwartungen übertroffen. Die Aktien der Einzelhandelsketten JC Penney und Abercrombie & Fitch schossen um sieben beziehungsweise knapp neun Prozent nach oben.

Heile Welt am Mittwoch: Zweieinhalb Stunden vor dem Anpfiff ging es steil nach oben.
(Foto: REUTERS)
Am Nachmittag hatte der Markt die frischen Daten aus dem Arbeitsmarkt tendenziell positiv aufgenommen. Zur allgemein freundlichen Stimmung hatten zuvor bereits Nachrichten aus dem deutschen Außenhandel und der deutschen Industrie beigetragen: Im Mai 2010 legten die Ausfuhren auf Jahressicht so deutlich zu wie seit zehn Jahren nicht mehr, teilte das Statistische Bundesamt mit. Bei den Importen gab es sogar das stärkste Plus seit Januar 1989. Gleichzeitig fuhren die Unternehmen ihre Produktion überraschend stark hoch.
Dazu passten neue Daten des Internationalen Währungsfonds IWF, wonach die Weltwirtschaft dank der Zugpferde China und Indien schneller als bislang angenommen wächst. Der IWF hob seine Prognose am Donnerstag um 0,4 Punkte auf 4,6 Prozent an. Ein erneuter Konjunktursturz sei unwahrscheinlich. Für die Eurozone besserten sich die Aussichten allerdings nicht.
Börsianer blickten zudem mit Optimismus auf die anstehende US-Berichtssaison, die zu Beginn der kommenden Woche traditionsgemäß vom Aluminiumkonzern Alcoa eröffnet wird. "Der Raum für Überraschungen nach oben ist anscheinend wieder vorhanden", beurteilte Marktstratege Stefan Riße von CMC Markets die jüngste Kursentwicklung.
Mehrere Händler bezweifeln, dass die jüngste Aufwärtsbewegung des Dax von Dauer sein wird. "Viele Anleger sind beim gestrigen Kursplus auf dem falschen Fuß erwischt worden und mussten darauf reagieren. Aber deshalb wachsen die Bäume noch nicht in den Himmel", sagte ein Börsianer mit Blick auf die anstehenden Unternehmensberichte. "Es bleibt abzuwarten, wie viel Honig der Markt daraus ziehen wird."
Blick auf den Export
Der deutsche hat im Mai stark angezogen. Die Exporte legten auf Jahressicht so kräftig wie seit zehn Jahren nicht mehr zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Die Importe stiegen so stark wie seit über zwanzig Jahren nicht mehr. Die Ausfuhren kletterten demnach um 28,8 Prozent, die Importe gar um 34,3 Prozent. Analysten reagierten positiv überrascht ( ). Die Außenhandelsbilanz schloss im Mai mit einem Überschuss von rund 9,7 Mrd. Euro ab und damit mit dem gleichen Wert wie im Vorjahr.
Auch auf Monatssicht ergaben sich im Mai kräftige Zuwächse. Kalender- und saisonbereinigt nahmen die Ausfuhren um 9,2 Prozent zu, die Einfuhren kletterten um 14,8 Prozent. Die Importe sind damit so stark gestiegen wie noch nie seit Beginn der saisonbereinigten Berechnung im Jahr 1990. Der Außenhandelsbilanzüberschuss lag kalender- und saisonbereinigt bei 10,6 Mrd. Euro. Die Leistungsbilanz schloss nach vorläufigen Berechnungen mit einem Überschuss von 2,2 Mrd. Euro ab. Im Vorjahr hatte das Plus bei 4,7 Mrd. Euro gelegen.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts