Erstmal sacken lassen Dax verdaut Kursgewinne
01.12.2011, 17:48 Uhr
Der Dax hat seit seinem Tief am Freitag in der Spitze bereits mehr als 14 Prozent zugelegt.
(Foto: dpa)
Nach den kräftigen Aufschlägen der vergangenen vier Handelstage legt der deutsche Aktienmarkt eine Atempause ein. Die Stimmung bleibt nach der konzertierten Notenbank-Aktion vom Vortag aber positiv. Die Emission neuer Staatsanleihen aus Frankreich und Spanien geht glatt über die Bühne.
Die deutschen Standardwerte haben einen Teil ihrer Vortagesgewinne wieder abgegeben. Die Kurse pendelten in einer vergleichsweise engen Spanne zwischen Gewinnen und Verlusten. Am Vortag hatte die konzertierte Aktion der weltweit führenden Notenbanken den deutschen Leitindex um knapp 5 Prozent nach oben katapultiert.
Der Dax schloss 0,9 Prozent leichter bei 6035 Zählern. Der MDax rutschte 1,2 Prozent ins Minus und landete bei 8904 Zählern. Der TecDax gab 1,2 Prozent nach auf 696 Punkte.
Seit seinem Tief am Freitag legte der Dax in der Spitze mehr als 14 Prozent zu. "Der Markt kommt erst einmal zur Ruhe", sagte Analyst Christoph Schmidt vom Asset Manager N.M.F. AG. Erfolgreiche Anleihe-Auktionen in Frankreich und Spanien sorgten zwar für Erleichterung an den europäischen Rentenmärkten. Leicht belastend wirkten sich dagegen aber einige Wirtschaftsdaten aus. In China ist die Stimmung unter den Einkaufsmanagern im November erstmals seit Anfang 2009 gesunken. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA sind dafür stärker als erwartet gestiegen.
Auch Meldungen im späten Geschäft, laut denen der IWF derzeit weder eine Diskussion mit Italien über ein Finanzprogramm noch Verhandlungen über mögliche EZB-Ausleihungen an den Währungsfonds führt, wirkten sich etwas belastend aus. Über beide Szenarien wurde bereits in den vergangenen Tagen verschiedenfach an den Märkten spekuliert. Äußerungen von EZB-Chef Mario Draghi drückten ebenfalls auf die Kurse.
Der etwas besser als erwartet ausgefallene ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe aus den USA stützte nur moderat. Die verhaltene Reaktion erklärten Markteilnehmer damit, dass die Anleger ihre Erwartungen nach oben angepasst hätten. Klar sei aber, dass derzeit keine Rezession in den USA drohe. Die Helaba kommentierte: Der ISM reihe sich in die zuletzt robusten US-Datenveröffentlichungen ein. Mit einem Wert, der weiterhin oberhalb der Expansionsschwelle von 50 Punkten liegt, zeichne sich ab, dass die US-Wirtschaft im letzten Quartal des Jahres moderates Wachstum aufweisen werde.
Hoffen auf "Merkel-Rally"
In der euroäischen Schuldenkrise blickt der Markt als nächstes nach Berlin. Es wird erwartet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einer Pressekonferenz am Freitag klare Aussagen zur Europa-Fragte trifft. Die Konferenz soll um 9 Uhr beginnen. Sie sei für den Markt sehr interessant, weil die Aussagen dann über einen kompletten Handelstag eingepreist werden könnten. "Nach der konzertierten Aktion der Notenbanken gestern baut der Markt auf ein besser koordiniertes Vorgehen der Politiker", sagte ein Händler. Die Pressekonferenz könnte ein Baustein dafür sein und möglicherweise eine "Merkel-Rally" auslösen.
Grundsätzlich wächst die Risikobereitschaft am Markt. Da es nur noch zwei Wochen bis zum großen Dezember-Verfall seien, würden auch normale Fonds, die Calls zur Renditesteigerung verkauft hatten, zum Rückkauf gezwungen, heißt es. Dazu geselle sich die steigende Risikobereitschaft, die wiederum zum Abbau der rekordhohen Liquidität und damit in den kommenden Tagen zu Netto-Käufen führen werde.
Beiersdorf profitiert von Konzernumbau
Zu den größten Gewinnern im Dax zählten Beiersdorf mit einem Plus von 1,7 Prozent. Nach den am Vortag angekündigten Sparmaßnahmen hat Bank of America-Merrill Lynch die Aktie auf die Kaufliste genommen. Der Kosmetikkonzern hatte angekündigt, bis zu 1000 Stellen streichen zu wollen. Die Analysten von Equinet zeigten sich allerdings vorsichtig. Es könnte etwas zu früh sein, um optimistisch zu werden, schrieb Analyst Edouard Aubery in einem Kommentar. Bayer gaben aufgrund von Gewinnmitnahmen 2,9 Prozent nach.
Deutsche Telekom verloren 0,9 Prozent. Das Unternehmen hat laut einem Bericht des "WSJ" Pläne für ein mögliches Joint Venture mit AT&T, falls die Übernahme von T-Mobile USA scheitern sollte. Laut Händlern befürchtet der Markt aber, dass dann die bei einem Scheitern der Übernahme verabredete Zahlung von knapp 4,0 Mrd. US-Dollar von AT&T an Deutsche Telekom nicht erfolgt.
Anleihe-Blues bei Versicherern
Versicherer gaben nach einer Klarstellung von EZB-Chef Draghi, dass die Zentralbank Staatsanleihen aus der Eurozone nicht in unbegrenztem Volumen aufkaufen werde, nach. Neben Banken halten vor allem Versicherer Anleihen. Allianz verloren 0,9 Prozent, für Munich Re ging es 0,8 Prozent nach unten.
Siemens notierten ebenfalls 0,8 Prozent im Minus. Der Technologiekonzern hatte in einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC einen Anstieg der Umsätze im Geschäftsjahr 2012/2013 in Aussicht gestellt. Allerdings sei die Entwicklung der Weltwirtschaft von vielen Unsicherheiten geprägt, hieß es weiter. Im Bereich Windenergie werde sich wegen des zunehmenden Preisdrucks das Wachstum leicht abschwächen. Vor allem die Wachstumsprognose 2013 für den Energiebereich scheine vorsichtig, kommentierte Analyst Volker Stoll von der LBBW.
In der zweiten Reihe notierten Salzgitter 2,5 Prozent höher. Salzgitter will mehrere inländische Konzerngesellschaften steuerlich zusammenfassen. Derzeit können nach Unternehmensangaben die bei den einzelnen inländischen Töchtern erzielten Gewinne und Verluste nur eingeschränkt untereinander verrechnet werden, das soll sich nun ändern.
Im TecDax rutschten Solarworld um 5,5 Prozent ab, nachdem die Analysten von Goldman Sachs das Kursziel für die Papiere gesenkt hatten. Auch zu den Aussichten für andere Aktien aus dem Sektor der erneuerbaren Energien hatten sich die Analysten skeptisch geäußert.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts/dpa