Marktberichte

Bernanke-Blues, Dow-Rutsch, "Schweinezyklus" Dax bricht 3 Prozent ein

Erwartbar, aber dennoch deutlich: Der Dax sackt ab, nachdem Fed-Chef Bernanke über ein Ende der ultralockeren Geldpolitik gesprochen hat.

Erwartbar, aber dennoch deutlich: Der Dax sackt ab, nachdem Fed-Chef Bernanke über ein Ende der ultralockeren Geldpolitik gesprochen hat.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit der ultralockeren Geldpolitik könnte es bald zu Ende sein. Das interpretieren die Anleger weltweit in die Aussagen von Fed-Chef Bernanke hinein. Die Kursverluste folgen auf dem Fuß: in Asien, Europa und den USA. Der Dax kracht durch eine psychologisch wichtige Marke.

Neuigkeiten aus den USA haben den deutschen Anlegern am Donnerstag gehörig die Stimmung verhagelt. Die Marktteilnehmer reagierten negativ auf die Signale der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) für eine straffere Geldpolitik und positive US-Konjunkturdaten: So war der Philadelphia-Fed-Index im Juni mit 12,5 auf den höchsten Stand seit zwei Jahren gesprungen. Auch vom US-Immobilienmarkt gab es überzeugende Daten, so wurden im Juni annualisiert 5,18 Millionen Eigenheime verkauft.

"Insgesamt stehen die Zahlen dem Plan der US-Notenbank nicht entgegen, das QE3-Volumen zum Ende des Jahres zu reduzieren", hieß es von Marktstrategen Ulrich Wortberg von der Helaba. Fed-Chef Ben Bernanke hat nach der Sitzung des Offenmarktausschusses erklärt, die Notenbank könnte ihren extrem laxen geldpolitischen Kurs noch in diesem Jahr verlassen und ihre milliardenschweren monatlichen Anleihekäufe bis Mitte kommenden Jahres beenden.

"Eine Überraschung ist das nicht - aber für viele Anleger ist die Aussicht auf ein baldiges Ende der Anleihenkäufe erst einmal ein Grund, Aktien zu verkaufen", sagte ein Börsianer. Jetzt sei erst einmal Katzenjammer angesagt, urteilte LBBW-Analyst Uwe Streich. "Der Geldstrom ist zwar noch da, aber droht zu schwinden. Anleger nehmen deshalb Gewinne mit", sagte Holger Schleicher, Leiter des Handels Aktien und verbriefte Derivate an der Euwax.

Der Dax rauschte bis auf ein Tagestief von 7912 Punkten. Am Ende stand ein Minus von 3,3 Prozent bei 7928 Zählern in den Büchern. Die 8000-Punkte-Marke ist damit erst einmal Geschichte. Der MDax büßte ebenfalls deutlich ein und endete 2,4 Prozent schwächer bei 13.776 Zählern - ein Minus von mehr als 200 Punkten. Der TecDax markierte bei 934 Punkten ein Minus von 2,6 Prozent. Negativ fiel auch ins Gewicht, dass die US-Börsen nach den Abschlägen vom Mittwoch ihren Abwärtstrend am Donnerstag ungebrochen fortsetzten.

"Beginn der geldpolitischen Straffung"

Auch die Anleihen gingen weltweit auf Talfahrt: Der T-Bond-Future fiel zeitweise um fast einen vollen Punkt auf ein 15-Monats-Tief von 137-4/32, der Bund-Future notierte mit 141,95 Zählern zeitweise so tief wie seit Februar nicht mehr. Die Terminkontrakte auf Staatanleihen Großbritanniens, Italiens, Spaniens, Frankreichs und Japans rauschten ebenfalls in den Keller und verloren in der Spitze zwischen 60 und 162 Ticks. Die optimistischere Einschätzung der Aussichten für die US-Konjunktur habe die Anleger überrascht, sagte Anlagestratege Philip Tyson vom Brokerhaus Icap. "Der Markt betrachtet dies als Beginn eines langwierigen Prozesses der geldpolitischen Straffung."

Die Geldschwemme der Notenbanken galt bisher als Haupttreiber für die Rally an den Aktienmärkten der vergangenen Wochen. Bis Ende Mai waren Dax, Dow und Nikkei von einem Höchststand zum nächsten geeilt. Erst seit die Spekulationen auf eine Drosselung der Anleihenkäufe eingesetzt haben, waren die Gewinne zusammengeschmolzen.

Ausblick schwierig

Solide Einkaufsmanagerindizes (PMI) aus Frankreich und aus dem deutschen Service-Sektor beachteten die Anleger kaum. "Die überraschend präzisen und unerwartet frühen Aussagen der Fed dominieren das Geschehen", sagte ein Händler. Zudem lägen bis auf den deutschen Service-PMI alle Umfragewerte noch immer im kontraktiven Bereich unter 50. Annalisa Piazza von Newedge sprach von "ermutigenden Zeichen", von einer tragfähigen Erholung der Wirtschaftsaktivität sei man jedoch noch weit entfernt.

Belastet wurden die Märkte zudem von schwachen Industriedaten aus China. Der vorläufige HSBC-Einkaufsmanagerindex für den Sektor sank auf 48,3 Punkte nach einem endgültigen Stand von 49,2 Punkten im Mai. Damit entfernte sich der Index weiter von der Wachstumsschwelle, die bei 50 Punkten liegt. Experten zufolge entfachten die Daten neue Ängste vor einer deutlichen Konjunkturabkühlung in China.

Schwierig sei eine belastbare Prognose für die Märkte in den kommenden Tagen wegen des großen Verfalls am Options- und Terminmarkt am Freitag. Hier könnten angesichts der neuen Nachrichtenlage größere Anpassungen von Positionen nötig werden.

"Schweinezyklus" belastet Rohstoffsektor

Der Preisrutsch bei den Edelmetallen - Gold verlor mehr als 4 Prozent, Silber gab um 7 Prozent nach - lastete auf den Aktien der Rohstoffproduzenten. "Der Zyklus läuft klar gegen die Rohstoffproduzenten", sagte ein Händler. Das Angebot profitiere immer stärker von den Förderprojekten der vergangenen Jahre, während die Nachfrage schwächelt. "Der Schweinezyklus ist in vollem Gange und die Wachstumssorgen in China verstärken ihn noch", sagte der Händler. China ist der größte Rohstoffimporteur weltweit.

Fast nur Verlierer

Im Dax schlossen 29 von 30 Werte im Minus. Lediglich FMC wiesen ein Plus aus: 0,5 Prozent. Fresenius und Siemens hielten mit Abschlägen von jeweils rund 1 Prozent vergleichsweise noch am besten. Am deutlichsten gaben die Autobauer ab - allen voran BMW mit 4,8 Prozent. Daimler und VW folgten mit 4,6 und 4,1 Prozent. Schwach zeigten sich auch Bayer und BASF, die 4,3 und 4,1 Prozent abgaben.

Im MDax und TecDax zeigte sich ein ähnliches Bild: Im Nebenwerteindex wiesen GSW einen Gewinn von 0,3 Prozent aus. Kabel Deutschland verloren lediglich 0,6 Prozent. EADS büßten trotz eingefahrener Rekordaufträge der Tochter Airbus von fast 70 Mrd. Euro bei der Luftfahrtmesse in Le Bourget deutlich: 2,3 Prozent. Bei den Tech-Werten fiel der Ex-TecDax-Wert Solarworld negativ aus dem Rahmen: Das Minus summierte sich auf mehr als 11 Prozent.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ/dpa

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