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Sex als Übertragungsweg? Affenpocken-Erreger in Hoden von Affen entdeckt

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Die Affenpocken treffen Langschwanzmakaken viel heftiger als Menschen.

(Foto: imago/blickwinkel)

Noch immer stecken sich Menschen weltweit mit Affenpocken an - auch in Deutschland. Wichtig ist deshalb, zu wissen, wie die Viren von Mensch zu Mensch übertragen werden. Nun gibt es Hinweise auf einen bisher nicht genannten Übertragungsweg.

Die Erreger von Affenpocken befinden sich auch im Hoden und im Sperma infizierter Affen. Das haben Forschende um Jun Liu vom US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases (USAMRIID) in Fort Detrick herausgefunden. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, die im Fachmagazin "Nature Microbiology" veröffentlicht wurden, weisen auf eine sexuelle Übertragbarkeit des Affenpocken-Virus auch bei Menschen hin.

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Elektromikroskopische Aufnahme von Affenpocken-Viren in verschiedenen Reifestadien.

(Foto: IMAGO/UIG)

Bisher war man davon ausgegangen, dass Affenpocken nicht zu den sexuell übertragbaren Infektionen gehören. Die Übertragung wurde auf engen Körperkontakt zwischen Menschen, durch Tröpfchen in der Atemluft, aber auch durch Kontakt zu Kleidung, Bettwäsche, Handtüchern und Essgeschirr einer Person, die sich mit den Affenpocken angesteckt hat, beschränkt. Eine Infektion durch Sperma oder Vaginalsekret wurde lediglich für möglich gehalten, konnte bisher aber nicht belegt werden. Die Ergebnisse der Forschenden vom USAMRIID liefern nun weitere Anhaltspunkte dafür, dass sich Menschen auch direkt durch Sex anstecken können.

In fast allen Proben

Für die Studie untersuchte das Forschungsteam Hodengewebe von 21 mit dem Virus infizierten Langschwanzmakaken (Macaca fascicularis) in verschiedenen Phasen der Erkrankung. "Wir haben Gewebeproben untersucht, die sowohl während der akuten Phase der Krankheit als auch während der Rekonvaleszenzphase, also wenn die Infektion allmählich wieder abklingt, entnommen wurden", erklärt Xiankun Zeng, der ebenfalls an der Studie beteiligt war, laut Mitteilung des Institutes.

In 18 der 21 Gewebeproben fand das Forschungsteam Affenpocken-Antigene. Die Nachweise für Affenpocken wurden zudem in Zellen und Samenkanälchen gefunden, die mit der Spermienproduktion und -reifung in Verbindung stehen. Zudem sahen die Forschenden, dass die Viren während der Rekonvaleszenz zwar in den meisten Organen und sogar in geheilten Hautläsionen nicht mehr nachweisbar waren, die Erreger sich aber bis zu 37 Tage nach der Infektion noch immer im Hoden der Makaken befanden.

Viren könnten lange im Sperma bleiben

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"Unsere Daten belegen, dass das Affenpockenvirus sowohl während der akuten als auch während der Rekonvaleszenz-Phase der Krankheit bei Makaken mit der Samenflüssigkeit ausgeschieden werden kann", sagte Zeng. "Es erscheint daher plausibel, dass eine Übertragung auf den Menschen bei rekonvaleszenten männlichen Patienten auch über das Sperma erfolgen könnte", so Zeng. Sogar, wenn sich die infizierten Personen wieder gesund fühlen und keine Hautläsionen mehr aufweisen. Die Forschenden können sich vorstellen, dass das Immunsystem der Grund dafür ist. Sie konnten bereits in vorherigen Untersuchungen zeigen, dass die Erreger von Ebola-, Marburg-, Nipah- und Krim-Kongo-Fieber in bestimmten Organen von Primaten ausharren können. Zu diesen gehören die Augen, das Gehirn - und eben die Hoden. Diese Organe sind nur teilweise für das Immunsystem zugänglich.

Um jedoch mit Sicherheit sagen zu können, ob auch das Sperma von infizierten Personen zu einer Übertragung des Affenpocken-Virus von Mensch zu Mensch führt, insbesondere nach der Heilung der Hautläsionen, sind weitere Studien dringend erforderlich. Fest steht jedoch: Die Affenpocken besitzen das Potenzial einer sexuell übertragbaren Erkrankung.

Quelle: ntv.de

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