
Die Illustration eines fernen Planetensystems - was um den Stern KIC 8462852 vorgeht, ist völlig unklar.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Ein flackernder Stern stellt Astronomen vor Rätsel - und verleitet sie, auch Theorien über Außerirdische nicht auszuschließen. Weitere Forschungen sollen aufklären. Doch das Gegenteil geschieht: Das Fragezeichen wird größer und größer.
KIC 8462852 - das ist der Name des Sterns, der im vergangenen Herbst weltweit in den Schlagzeilen gewesen ist. Beobachtungen des Weltraumteleskops Kepler zeigten Dinge, die man sich nicht erklären konnte. Die Helligkeitsschwankungen bei dem rund 1500 Lichtjahre entfernten Stern sind so groß, dass Wissenschaftler vor einem Rätsel stehen. Was verdeckt den Stern in unregelmäßigen Abständen und hindert einen großen Teil seines Lichts daran, zu uns zu gelangen?
Die Erklärungsnot ist so groß, dass man selbst die Möglichkeit nicht ausschließen wollte, es mit einer außerirdischen Zivilisation zu tun zu haben. Dann nämlich könnte man die Beobachtungen erklären. Eine hochentwickelte Zivilisation könnte riesige Sonnenkollektoren oder andere Mega-Strukturen gebaut haben, um Energie von ihrem Heimatstern abzuzapfen. Um die These zu überprüfen, richtete man auf der Suche nach möglichen Signalen von Außerirdischen sogar Radioteleskope auf den Stern. Doch KIC 8462852 schweigt.
Neuer Ansatz, noch mehr Fragen
Als sei dies alles nicht bereits mysteriös genug, stehen Astronomen nun vor noch mehr Rätseln. Es gibt nämlich eine neue Untersuchung des Sterns, die weitere Fragen aufwirft: Während "Kepler" das Flackern des Sterns erst in den letzten Jahren beobachten konnte (Seit 2009 ist das Weltraumteleskop in Betrieb), kam der Astronom Bradley Schaefer auf den Gedanken, es könnte vielleicht auch ältere Beobachtungen des Himmelskörpers geben.
Und tatsächlich: Zwischen 1890 und 1989 wurde KIC 8462852 bei Routine-Aufnahmen des Himmels mehr als 1200 Mal fotografiert. Schaefer ermittelte die Entwicklung der Helligkeit des Sterns im Laufe der Zeit. Dabei stellte er fest, dass der Stern immer dunkler geworden ist - deutlich dunkler. KIC 8462852 hat im Laufe von 100 Jahren rund 20 Prozent seiner Helligkeit verloren. Diese Beobachtung stellt Astronomen vor ein großes Fragezeichen, denn das ist kein gewöhnliches Verhalten für Sterne, denn sie sind nach menschlichen Maßstäben ziemlich beständige Himmelskörper. Sie verändern sich im Laufe von Jahrmillionen - aber nicht binnen eines Jahrhunderts.
Zudem sind, wie Schaefer feststellt, die Jahrhundert-Schwankungen in der Helligkeit nicht konstant. Mal wird der Stern etwas dunkler, in den Folgejahren wieder heller. "Das ist bizarr. So etwas hat man bisher noch nie beobachtet", kommentiert der Astronom Philip Plait auf seinem Blog Schaefers Erkenntnisse.
Keine Kometen - nun doch Aliens?
Es brodelt also in der Theorienküche. Für das kurzfristige Flackern des Sterns, das "Kepler" beobachtet hat, galt bislang die Kometen-Theorie als eine der besten: Ein großer Schwarm von Kometen, die miteinander kollidieren, könnte für die Schwankungen verantwortlich sein. Auch hier gab es bereits Gegenstimmen, und die neuen Beobachtungen verwerfen diese Annahme nun endgültig. Schaefer hat nachgerechnet: 648.000 Kometen mit einem Durchmesser von jeweils 200 Kilometern müssten den Stern in den vergangenen 100 Jahren passiert haben. Nach Schaefers Einschätzung völlig undenkbar.
Was also ist mit Außerirdischen und ihren Sonnenkollektoren? Auch daran glaubt Schaefer nicht. Dem "New Scientist" sagte der Wissenschaftler, das passe nicht zu seinen Beobachtungen. Selbst technologisch weit fortgeschrittene Zivilisationen wären wohl nicht in der Lage, innerhalb eines Jahrhunderts Strukturen zu errichten, die ein Fünftel eines Sterns bedecken könnten. Berechnungen von Phil Plait zufolge müssten Solarpaneele dieser Größe mindestens 750 Milliarden Quadratkilometer groß sein - rund 1500 Mal die Fläche der gesamten Erde. Und das auch nur, wenn sie sich direkt zwischen KIC 8462852 und unserer Erde befinden - handelte es sich hingegen um eine Sphäre oder einen Ring (was viel wahrscheinlicher wäre), wäre die benötigte Fläche noch um ein Vielfaches größer.
Was bleibt, ist das Rätsel. Das große Fragezeichen. Bisherige Theorien greifen nicht, um das Verhalten des Sterns zu erklären. Alle Beobachtungen, die wir bis heute gemacht haben, zeigen nichts Vergleichbares. KIC 8462852 bleibt der wohl mysteriöseste Stern, den wir bislang kennen.
Quelle: ntv.de