Medizinischer Durchbruch Empfänger von Schweineniere aus Klinik entlassen
04.04.2024, 13:40 Uhr Artikel anhören
Nach zwei Wochen wurde der 62-Jährige aus dem Krankenhaus entlassen und wird zuhause weiter versorgt.
(Foto: AP)
Erstmals in der Geschichte wird einem Menschen eine modifizierte Schweineniere eingepflanzt. Nach nur zwei Wochen kann er das Krankenhaus verlassen. Durch den Fall können Hunderttausende Menschen hoffen, schneller an eine Niere zu gelangen. Kritiker warnen dagegen vor neuen Krankheitserregern.
Mitte März wurde die erste erfolgreiche Transplantation einer Schweineniere an einem lebenden Menschen durchgeführt. Seitdem habe sich der 62-jährige Rick Slayman so gut erholt, dass er nach etwa zwei Wochen aus dem Massachusetts General Hospital in Boston entlassen werden konnte, berichtete die "New York Times".
"Diesen Moment, das Krankenhaus mit einem der besten Gesundheitszeugnisse verlassen zu können, das ich seit langer Zeit hatte, habe ich seit vielen Jahren herbeigesehnt", sagte der 62-Jährige nach Angaben der Ärzte. "Nun ist er Wirklichkeit geworden." Nicht nur für ihn bedeute dieser Tag ein Neuanfang, sondern auch für viele andere Menschen, die auf eine Nierentransplantation warteten.
Slayman leidet an einer lebensgefährlichen Nierenkrankheit und hatte das genetisch veränderte Organ laut dem Krankenhaus am 16. März eingepflanzt bekommen. Seinen Ärzten zufolge bleibe weiterhin unklar, ob sein Körper die Niere annehmen wird. Abstoßreaktionen setzen üblicherweise nach Organtransplantationen ein. Auch bei Slayman traten diese nach acht Tagen nach der OP ein, die Ärzte konnten die erwarteten Immunreaktionen allerdings mit Steroiden und anderen Medikamenten abschwächen.
Hoffnungen und Kritik
Zwar müsste die Operation bei zahlreichen anderen Betroffenen wiederholt und noch viel Forschung betrieben werden. Dennoch birgt der Durchbruch neue Hoffnungen hunderttausender Menschen, welche an Nierenversagen leiden und jahrelang auf eine neue Niere warten müssen. Die Transplantation von genmodifizierte Schweinenieren könnte die übliche Wartezeit auf eine geeignete Niere von fünf bis sechs Jahren verkürzen und vielen Menschen das Leben retten.
Die sogenannte Xenotransplantation – Tierorgane in Menschen einzusetzen – wird schon länger erforscht. Schweine sind als Spender besonders geeignet, weil ihr Stoffwechsel dem der Menschen ähnelt. Für den Einsatz solcher Organe muss allerdings zunächst das Erbgut der Spendertiere verändert werden. Sonst käme es bei der Übertragung auf den Menschen zu einer sofortigen Abstoßungsreaktion.
Wenig Erfolg mit transplantierten Schweineherzen
Bereits Anfang 2022 und im vergangenen September transplantierten Ärzte in Baltimore zwei schwer kranken Patienten Schweineherzen als Ersatzorgane. Diese starben allerdings innerhalb weniger Monate nach ihrer Operation. Bei der Obduktion des ersten Patienten wurde zudem ein Schweinevirus gefunden, welches als eine der möglichen Todesursachen betrachtet wurde. Kritiker monieren deshalb nicht nur eine weitere Ausbeutung von Tieren, sondern befürchten auch die Entstehung möglicher neuer Krankheitserreger.
Trotz Krankenhausentlassung wird Slayman zu Hause weiterhin versorgt. Er werde mit Blut- und Urintests untersucht und wird sich zweimal die Woche weiteren Untersuchungen unterziehen müssen, bevor er in frühestens sechs Wochen seine Arbeit wiederaufnehmen könne, erklärten seine Ärzte.
Quelle: ntv.de, gri/dpa