Studie: Sterberate halbiert Krebsmittel verhindert Covid-Todesfälle effektiv
19.04.2022, 11:44 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Unter den mit Sabizabulin behandelten 98 Covid-19-Kranken lag die Todesquote laut Studie nur bei 20 Prozent.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach fast zweieinhalb Jahren Pandemie sterben noch immer Menschen infolge einer Coronavirus-Infektion. Ein neues Medikament macht Hoffnung. Eine Phase-III-Studie ist so erfolgreich, dass sie abgebrochen wird. Der Grund: Das Mittel soll so schnell wie möglich auf den Markt kommen.
Seit Anfang 2020 hat das Coronavirus mehr als sechs Millionen Todesopfer weltweit gefordert. Obwohl sich der Schaden, den der Erreger anrichten kann, dank Impfung und milderen Varianten inzwischen erheblich verringert hat, bleibt Covid-19 eine potenziell tödliche Krankheit. In Deutschland sterben immer noch rund 300 Menschen an oder mit dem Virus - und das jeden Tag. Erste Erkenntnisse aus einer klinischen Phase-III-Studie des amerikanischen Pharmaunternehmens Veru machen Hoffnung, dass sich das ändern lässt.
Der Wirkstoff Sabizabulin, der für die Behandlung von Krebserkrankungen entwickelt wurde, hat bei Patienten mit schwerem Covid-19 die Sterberate offenbar deutlich gesenkt. Der Hersteller gab bekannt, dass die Studie nach einer Zwischenauswertung vorzeitig abgebrochen wurde und eine rasche Notfallzulassung angestrebt werde. Erweist sich ein neues Medikament in klinischen Tests als sehr wirksam, kann es dem "Spiegel" zufolge unethisch sein, es Patientinnen und Patienten in der Placebogruppe oder außerhalb der Studie vorzuenthalten.
Ausgewertet wurden Daten von 150 Patientinnen und Patienten. Sie hatten täglich für bis zu 21 Tage neun Milligram des Wirkstoffs erhalten. Von den 52 Erkrankten, die, wie üblich, behandelt wurden und zusätzlich ein Placebo erhielten, starb knapp die Hälfte (45 Prozent) innerhalb von 60 Tagen. Unter den regulär und zusätzlich mit dem getesteten Mittel Sabizabulin behandelten 98 Covid-19-Kranken lag die Todesquote dagegen bei 20 Prozent. Dies entspricht einer relativen Reduktion der Sterberate um 55 Prozent. Problematische Nebenwirkungen traten dem Unternehmen zufolge nicht auf.
Für mögliche Herbst-Welle gewappnet
Angesichts dieser Ergebnisse empfahl die Studienleitung am vergangenen Freitag den vorzeitigen Abbruch der Studie. Laut Veru ist ein Treffen mit der U.S. Food & Drug Administration (FDA) geplant, um die nächsten Schritte zu besprechen - einschließlich der Einreichung eines Antrags auf Notfallzulassung. Der Hersteller hatte im Januar 2022 einen "Fast Track"-Status für Sabizabulin erhalten, der das Zulassungsverfahren beschleunigen soll. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben die Herstellungsprozesse bereits ausgeweitet, um eine kommerzielle Arzneimittelversorgung sicherzustellen, falls es zu einer FDA-Zulassung komme.
Eine von unabhängigen Fachleuten geprüfte Veröffentlichung zur Studie liegt bislang nicht vor. Sollten sich die Ergebnisse jedoch bestätigen, wäre Sabizabulin eine wichtige Ergänzung der derzeitigen Behandlungsoptionen. Diese stützen sich bei mittelschweren und schweren Erkrankungen aktuell im Wesentlichen auf den Einsatz von Steroiden, die die Entzündungsreaktion blockieren. Die Virustatika Remdesivir, Paxlovid und Molnupiravir sind nur in der Frühphase der Erkrankung wirksam.
Veru verweist auch auf den nächsten Herbst und Winter. Dann könnte es zu einer Ausbreitungswelle mit möglicherweise neuen Varianten kommen, die neue Herausforderungen mit sich bringen, sagte Alan Skolnick, der die Studie betreut, laut der Pressemitteilung. "Mit den Ergebnissen der Phase-III-Studie haben wir eine Behandlungsoption für die kränksten Covid-19-Patientinnen und -Patienten im Krankenhaus."
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 14. April 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, hny