Medizinische Sensation erwartet Erstes Brustkrebs-Präventionsmittel entdeckt
01.06.2016, 10:34 Uhr
Angelina Jolie hat ihre Angst vor erblichen Brustkrebs öffentlich gezeigt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Angelina Jolie ließ sich vorsorglich beide Brüste amputieren, um sich vor Krebs zu schützen. Dieser schwerwiegende Schritt könnte in Zukunft Frauen mit hohem erblichen Brustkrebsrisiko erspart bleiben.
Als sich Angelina Jolie wegen der Gefahr an erblichem Brustkrebs zu erkranken, die Brustdrüsen entfernen ließ, löste sie damit eine Debatte in der Öffentlichkeit aus. Durch die erblichen Anlagen werden zwar nur fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebserkrankungen verursacht. Allerdings sind Frauen, die das sogenannte Breast Cancer Gen (BRCA1 oder BRCA2) in sich tragen, einem Krebsrisiko von bis zu 80 Prozent ausgesetzt. Dazu kommt, dass diese Krebsform oft in jüngeren Jahren - das Durchschnittsalter liegt bei 40 Jahren - und in einer sehr aggressiven Form auftritt.
Einem Forscherteam ist es nun gelungen, genetisch bedingten Brustkrebs durch die Blockade eines Knochengens zu verhindern. Die Entdeckung von Verena Sigl basiert auf den Ergebnissen einer Untersuchung aus dem Jahr 2010. Damals konnte die Forschergruppe um Josef Penninger, Leiter des Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) zu der die Wissenschaftlerin gehört, beweisen, dass Sexualhormone Brustkrebs auslösen können. Dabei identifizierten die Forscher zwei Proteine des Knochenstoffwechsels, die RANK und RANKL genannt werden. Beide übersetzen die Information der Sexualhormone und senden den Brustzellen ein Signal, das diese zum Wachstum anregt. Dies passiert in jeder Frau in der Schwangerschaft und während ihres Menstruationszyklus. Überschießt das Signal jedoch, kann es zu unkontrolliertem Wuchern der Brustzellen kommen.
Proteine blockieren
Sigl entdeckte, dass RANKL auch bei erblich bedingtem Brustkrebs durch das mutierte BRCA1-Gen der entscheidende Faktor für das Ausbrechen von Krebs ist. Für ihre Untersuchung verglich die Forscherin Mäuse, die alle die Brustkrebs-Mutation BRCA1 in sich trugen. Nur bei dem Teil der Mäuse, bei denen RANK und RANKL aktiv waren, stellte sie Karzinome und Vorstufen von Karzinomen fest. Bei den anderen Mäusen, bei denen RANK blockiert war, fand Sigl dagegen bei keiner einzigen Maus Karzinome. Zudem kam es bei diesem Teil der Versuchstiere deutlich seltener zu Vorstufen von Krebs.
Um die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf den Menschen zu überprüfen, isolierten die Wissenschaftler – gemeinsam mit Forschern aus Toronto – Brustgewebezellen von Frauen, die sich aufgrund ihrer BRCA1-Mutation einer präventiven Brustamputation unterzogen hatten. Nachdem RANK blockiert wurde, zeigte sich auch in der menschlichen Zellkultur, dass Wachstum und Ausbreitung der Brustgewebezellen stark vermindert waren. Diese Beobachtung bestätigte das enorme Potenzial einer Anti-RANKL Behandlung für die Krebsprävention beim Menschen. Außerdem konnte nach Tests bei mehr als 15.000 Frauen mit BRCA1-Mutationen gezeigt werden, dass genetische Varianten von RANK mit einem höheren Brustkrebsrisiko einhergehen.
Präventionsmittel ist bereits im Einsatz
"Eine Brustkrebs-Prävention mittels RANKL-Blockade könnte nach diesen Ergebnissen möglich sein", ist Penninger überzeugt. Auch deshalb, weil es ein bereits zugelassenes Medikament gibt und dieses bereits erfolgreich von Brustkrebsspezialisten in Wien eingesetzt wird. Als nächster Schritt sind sorgfältige klinische Studien nötig, um die Wirksamkeit beim Menschen zu bestätigen. Danach könnte jede Frau, die positiv auf eine BRCA1 Mutation getestet ist, Denosumab zur Prävention einnehmen, um ihr dramatisch erhöhtes Brustkrebsrisiko zu senken. Schwerwiegende Eingriffe, wie die doppelte Brustamputation von Angelina Jolie, wären dann vermeidbar.
Doch damit nicht genug. Der Genetiker sieht in der Wirkweise weiteres Potenzial: "Wir haben ja gezeigt, dass RANK/RANKL auch in Sexualhormon-abhängigem Brustkrebs eine kritische Rolle spielen. Wenn das Prinzip dann bei Hochrisiko-Patientinnen funktioniert, könnte es vielleicht auch für alle anderen Frauen wirksam sein. Die Tür zur Brustkrebsprävention haben wir nach diesen Erkenntnissen jedenfalls geöffnet und die notwendigen klinischen Studien können aufgrund des zugelassenen Medikaments sehr rasch beginnen."
Quelle: ntv.de, jaz