Erbgut für die Nachwelt sichern Forscher wollen Mond zur Arche machen
16.08.2024, 18:31 Uhr Artikel anhören
Einige Stellen am Südpol des Mondes bieten laut Forschern ideale Bedingungen, um Biomaterial dauerhaft zu lagern.
(Foto: Jens Büttner/dpa)
Die Artenvielfalt auf der Erde schwindet. Forscher schlagen nun vor, den Mond zu einer Art Arche zu machen. Dort könnten Tiere und Pflanzen eingefroren und so für die Nachwelt erhalten werden. Die Idee ist verlockend, aber nicht einfach umzusetzen.
Die Erde erlebt derzeit einen massiven Rückgang der Artenvielfalt. Werden keine Maßnahmen ergriffen, könnten manche Tier- und Pflanzenarten für immer verloren sein. Forscher schlagen nun einen Ansatz vor, wie das Fortbestehen von Arten gesichert werden könnte. Dafür wollen sie den Mond zu einer Art Arche machen, wie sie in einer Studie vorschlagen, die im Fachmagazin "BioScience" veröffentlicht wurde.
Eine Möglichkeit, das Erbgut oder ganze Zellen von Lebewesen zu bewahren, ist die Kryokonservierung. Durch Einfrieren kann organisches Material von Lebewesen für Hunderte Jahre in eine Starre versetzt werden. Sollten in der Zukunft bestimmte Tiere und Pflanzen ausgestorben sein, könnte man einfach die Kühlkammer öffnen und ihre Zellen wieder zum Leben erwecken.
Anfällig für Kriege und Naturkatastrophen
Kryokonservierung wird mit zunehmendem Erfolg bereits eingesetzt, hat aber einen Haken: Für sie sind dauerhaft Temperaturen von mindestens minus 196 Grad notwendig. Bei heutigen Einrichtungen muss dafür etwa die Stromversorgung dauerhaft gesichert sein. "Heutzutage werden viele gefrorene Sammlungen in städtischen Zentren gelagert", so die Autoren. Doch das mache sie anfällig für unvorhersehbare Ereignisse wie Naturkatastrophen und Kriege. Wird die Kühlung unterbrochen, sind die Proben verloren.
Auf der Erde gibt es keinen Ort, der kalt genug ist, um Proben ohne menschliches Zutun zu lagern. Doch woanders schon: auf dem Mond. Am Südpol des Erdtrabanten liegt die Temperatur an manchen Stellen konstant unter minus 225 Grad Celsius. Das ist kalt genug für eine stabile, permanente Lagerung.
Die Forscher schlagen daher ein lunares Biomateriallager für priorisierte Arten vor, um die biologische Vielfalt der Erde zu schützen. Gleichzeitig könnte es die Weltraumforschung und das Terraforming fremder Planeten unterstützen.
Doch wie sollen die Proben auf den Mond gelangen? "Die Logistik für den Transport von Biomaterialien in diese Gebiete bei Flüssigstickstofftemperaturen ist eine Herausforderung, aber machbar", schreiben die Autoren. Schließlich sollen in den kommenden Jahren Rover und sogar Menschen zum Mond geschickt werden, welche das Material dort einlagern könnten.
Begraben unter Mond-Material
Eine Herausforderung ist jedoch die Strahlung auf dem Mond - kosmische Strahlung aus dem Weltall und der Sonne - die biologische Proben zerstören kann. Doch das lockere Material auf der Mondoberfläche, Regolith, könnte zum Schutz vor Strahlung genutzt werden. "Wenn die Proben von einer etwa einen Meter dicken Regolith-Schicht umgeben sind, wird ein Großteil der kosmischen und solaren Strahlung abgehalten."
Auch wenn die Idee verlockend klingt, so bringt sie jedoch auch viel Aufwand mit sich, wie die Autoren zugeben. Es handele sich um ein "jahrzehntelanges Programm", bei dem viele Nationen, Behörden und Interessengruppen zusammenarbeiten müssten. Die nächsten Schritte sehen Tests mit gefrorenen Bio-Proben unter Weltraumbedingungen vor. Auch einen Testlauf auf der ISS planen die Forscher, bevor die Idee einer Mond-Arche Realität werden kann.
Quelle: ntv.de, kst