Ende der Dauer-Therapie?Neuer Ansatz gegen HIV erfolgreich getestet

Ein möglicher Durchbruch in der Forschung könnte die HIV-Behandlung künftig verändern. Forschenden in den USA gelingt es, bei einigen Patienten das Virus mit einer neuen Therapie langfristig in Schach zu halten. Ist das der ersehnte Weg zu einer Heilung?
Heutzutage ist eine HIV-Infektion kein Todesurteil mehr - seit der Entwicklung antiviraler Medikamente können Infizierte mit dem Virus leben. Aber eine Heilung ist bislang nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Forschenden der University of California, San Francisco in den USA ist es nun jedoch erstmals gelungen, das HI-Virus durch eine neue Art von Behandlung über einen längeren Zeitraum in den Griff zu bekommen - ganz ohne Dauer-Medikation.
Der neue Ansatz: Zunächst erhielten die Teilnehmer der Studie einen therapeutischen Impfstoff, um ihre T-Zellen - Abwehrzellen, die das Virus bekämpfen - dazu anzuregen, das HI-Virus zu attackieren. Danach folgte ein Antikörpercocktail, um die Viruslast im Körper zu reduzieren. Schließlich erhielten die Patienten eine weitere Runde Antikörper, bevor sie ihre bisherigen HIV-Medikamente absetzten.
Sieben von zehn ein Erfolg
Die neue Methode wurde an zehn Patienten getestet - bei sieben konnte das Virus auch nach Absetzen der HIV-Medikamente über viele Monate hinweg auf einem niedrigen Niveau gehalten werden. Als "beispiellos" bezeichnete Studien-Co-Autor Steven Deeks das Ergebnis laut einer Mitteilung der Universität. "Ich glaube, dass wir endlich echte Fortschritte bei der Entwicklung einer Therapie machen, die es Menschen ermöglichen könnte, ein gesundes Leben zu führen, ohne ihr Leben lang Medikamente einnehmen zu müssen."
Die antiretrovirale Therapie wurde in den 1990er Jahren eingeführt und verwandelte die HIV-Infektion von einem Todesurteil in eine chronische Erkrankung. Allerdings bleibt das Virus im Körper und kann wieder aktiv werden, sobald ein Patient die Behandlung abbricht. Dann beginnt das Virus sich in der Regel nach etwa zwei Wochen wieder sprunghaft zu vermehren.
T-Zellen lauern "wie eine Katze"
Bei dem neuen Experiment traten nur bei drei der zehn Patienten die typischen schnellen Rückfälle mit einer starken Vermehrung des Virus auf. Sechs Patienten behielten monatelang einen niedrigen Virusspiegel bei. Bei einem Patienten trat überhaupt kein Rückfall auf. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden im Fachmagazin "Nature".
Das Forschungsteam untersuchte zudem die Immunantworten derjenigen, die das Virus kontrollierten, um herauszufinden, was ihr Geheimnis ist. Dabei habe sich herausgestellt, dass diese Patienten T-Zellen besaßen, die sich dramatisch vermehren konnten, sobald sie auf das Virus stießen, erklärt Mitautorin Rachel Rutishauser. Es sei, als hätten die Abwehrzellen darauf gewartet, dass ihr Ziel auftaucht, "ähnlich wie eine Katze, die sich bereit macht, sich auf eine Maus zu stürzen".
"Das ist noch nicht das Ende"
Ihre Studie zeige, so die Autoren, dass es möglich sein könnte, HIV ohne langfristige antivirale Behandlung zu kontrollieren. Ein Fortschritt, der den Weg zu einer möglichen Heilung für eine Krankheit ebnen könnte, von der weltweit 40 Millionen Menschen betroffen sind.
Die Forschenden schränken jedoch ein, dass sich die neue Behandlung erst noch in viel größeren Studien als wirksam erweisen müsse, bevor sie die Standard-HIV-Behandlung ersetzen könnte. "Das ist noch nicht das Ende", sagte Michael Peluso, Erstautor der Studie. "Aber es beweist, dass wir Fortschritte bei einer Herausforderung erzielen können, die wir oft als unlösbar betrachten."