
Trockengelegte Moore stoßen Treibhausgas aus.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/McPHOTO/M. Berg)
Wenn sie feucht sind, bilden sie eine beeindruckende natürliche Klimaschutzlösung; wenn sie entwässert werden, entsteht eine riesige Emissionsquelle: Moore sind einer der größten CO₂-Verschmutzer und -Speicher zugleich - sie müssen nur richtig gepflegt werden.
Die Rinde der jungen Strauch-Birke ist anfangs noch behaart. Jahr für Jahr verliert die Pflanze das Fell an ihren aufrecht stehenden Ästen. Spitze, hellgrüne und meistens eiförmige Blätter wachsen dann entlang dieser Zweige. Mit der Zeit entwickelt sich die Birke zu einem dichten Strauch. Sie ist eine eher unscheinbare Pflanze, keine, die außergewöhnlich aussieht oder besonders auffällig ist. Und doch ist sie Teil eines beeindruckenden Ökosystems, das sich über Jahrtausende entwickelt hat und einen der größten CO₂-Speicher der Erde bildet: Moore.
Die Strauch-Birke hat im Laufe ihres Lebens durch Fotosynthese Treibhausgase aus der Atmosphäre aufgenommen. Das tun alle Pflanzen. Das Besondere an der Strauch-Birke ist jedoch, dass sie hauptsächlich in Moorwäldern wächst. Wenn die Pflanze stirbt, in den feuchten Boden des Moores sinkt und zu Biomasse wird, geht das von ihr aufgenommene Kohlendioxid mit ihr. Das liegt daran, dass der hohe Wasserstand im Moor dafür sorgt, dass kein Sauerstoff in den Boden eindringen kann. Die Pflanzenreste werden daher nicht vollständig abgebaut und das CO₂ wird nicht wieder freigesetzt.
Klimaschutz im Sumpf
Nicht nur die Strauch-Birke, sondern auch Torfmoos, Moosbeere und viele andere Pflanzen in Moorgebieten sterben irgendwann ab und bilden diese tiefe Schicht aus Pflanzenresten - auch Torf genannt. Er besteht zu mehr als 50 Prozent aus Kohlenstoff. Damit sind Moore die einzigen Ökosysteme, die der Atmosphäre über lange Zeiträume das Treibhausgas Kohlendioxid entziehen können.
"Moore sind sehr wichtige natürliche Klimaschutzlösungen", sagt Jan Peters, Geschäftsführer der Michael-Succow-Stiftung, bei der Vorstellung des "Mooratlas" heute in Berlin. Gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Stiftung die "nassen Klimaschützer" in einem ausführlichen Bericht vorgestellt.
Moore machen nur drei Prozent der Erdoberfläche aus, speichern aber eine unverhältnismäßig große Menge an CO₂: 600 Milliarden Tonnen. "Das ist etwa doppelt so viel Kohlenstoff, wie in der Biomasse aller Wälder der Erde gespeichert ist, die 27 Prozent der Landfläche ausmachen", schreiben die Autorinnen und Autoren des Berichts. Moore konnten somit das globale Klima in den letzten 10.000 Jahren um etwa 0,6 Grad Celsius abkühlen.
Entwässerte Moore
Eine beeindruckende Leistung für den Klimaschutz - so lange sie nass bleiben. Denn wenn Moore entwässern, verschwindet die Wasserschicht, die vor Sauerstoff schützt. Es ist wie bei einem Glas saurer Gurken: "Gießt man das Wasser ab, verrotten die Gurken", sagte Biologin Susanne Abel neulich im "Klima-Labor" von ntv.
Wird ein Moor entwässert, werden Tonnen von Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt. Diese Gebiete sind hierzulande für sieben Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Sie verursachen mehr als ein Drittel der Emissionen der gesamten Landwirtschaft in der Bundesrepublik - und das, obwohl sie nur sieben Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmachen. Düngemittel, Pestizide, Verpackung und Transport in der Landwirtschaft stoßen jährlich weniger Emissionen aus als entwässerte Moorgebiete.
Und das Problem wird größer: Auf der ganzen Welt verschwinden Torfgebiete in rasantem Tempo - jedes Jahr 500.000 Hektar. Vor allem Indonesien verliert derzeit riesige Flächen an nassem Torfland - mehr als die Hälfte der fast 21 Millionen Hektar Moorflächen wurden für Faserholz- oder Palmölplantagen entwässert. In Deutschland ist vor allem die Landwirtschaft für die Entwässerung von Mooren verantwortlich. Mehr als zwei Drittel aller Moore werden laut "Mooratlas" landwirtschaftlich genutzt, vor allem für die Tierhaltung. 15 Prozent der deutschen Moore werden forstwirtschaftlich genutzt.
Wiederherstellung der "nassen Klimaschützer"
Die gute Nachricht ist, dass diese Moore wiedervernässt werden können. Das, schreibt das Team des Moor-Reports, muss auch geschehen, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Um das 1,5-Grad-Ziel zu halten, müssten in Deutschland jährlich 50.000 Hektar wiedervernässt werden, in der EU 500.000 Hektar und weltweit zwei Millionen Hektar.
Doch die Genehmigungsverfahren für diese Vorgänge sind in Deutschland sehr komplex, erklärt Olaf Bandt vom BUND. Bislang gibt es keinen Standard für die Wiedervernässung eines Moores - je nach Gebiet, Region und Moortyp ist das Verfahren jedes Mal anders. Dazu müssen Absprachen mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben getroffen werden, die auf Mooren arbeiten. Alles keine leichte Aufgabe, "für die Klimaziele aber unabdingbar", schreiben die Autoren und Autorinnen im Bericht.
Noch besser als dieser komplexe Weg wäre es, die noch intakten Moore einfach zu erhalten. Das spart nicht nur Arbeit, sondern schützt auch die Biodiversität und die Artenvielfalt der Moore. Denn ein wiedervernässtes Torfland bietet nicht den gleichen Schutz wie ein noch intaktes. Restaurierte Standorte haben 18 Prozent weniger organische Substanz und bis zu 60 Prozent weniger Pflanzenreichtum - trotzdem besser als entwässert, schreiben die Autoren im "Mooratlas"
Quelle: ntv.de