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Zwei Extreme im Verhalten Papageien töten Halbwaisen - oder adoptieren sie

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Grünbürzel-Papagei-Küken betteln ihre verwitwete Mutter um Futter an.

Grünbürzel-Papagei-Küken betteln ihre verwitwete Mutter um Futter an.

(Foto: Karl S. Berg/dpa)

Wenn die Mutter oder der Vater stirbt, wird das Kind manchmal vom neuen Partner des verbleibenden Elternteils adoptiert - das gibt es nicht nur bei Menschen, sondern auch im Tierreich. Bei einigen Papageienarten etwa. Aber für den halbwaisen Nachwuchs endet das hier auch oft mit dem Tod.

Der Verlust eines Elternteils kann für Küken des Grünbürzel-Sperlingspapageis glimpflich ausgehen - oder auch recht grausam enden. Die jungen Vogelkinder werden vom neuen Partner ihrer Mutter oder ihres Vaters zwar häufig adoptiert, zum Teil aber auch schlicht getötet. Über die Hintergründe dieses Verhaltens berichtet ein US-Forscherduo in den "Proceedings" der US-nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS").

Grünbürzel-Sperlingspapageien (Forpus passerinus) sind vor allem in tropischen Savannen im äußersten Norden Südamerikas zu finden. Die Tiere leben monogam, nisten in Hohlräumen und bleiben in der Regel mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin langfristig zusammen. Es gibt bei erwachsenen Tieren einen Männerüberschuss, im Schnitt kommen rund 1,5 Männchen auf ein Weibchen. Zudem sind gute Bruthöhlen rar.

Kampf um Nistplätze

"Das sorgt für einen intensiven Wettbewerb um Nistplätze und Partner", schreiben die beiden Forscher Steven Beissinger von der University of California und Karl Berg von der University of Texas Rio Grande Valley. Sie werteten nun Daten einer Langzeituntersuchung der Papageien in Venezuela aus. Dort waren über einen Zeitraum von 27 Jahren mehr als 2700 Nester beobachtet worden.

Insgesamt kam es demnach bei 256 Nestern zu Tötungen des Nachwuchses. In der Mehrheit der Fälle steckte ein kinderloses Paar dahinter, das auf der Suche nach einem Nistplatz war. Es vertrieb das brütende Pärchen aus deren Höhle und töteten dessen Nachwuchs. Diese Übergriffe fanden vor allem dann statt, wenn die Papageien-Populationen groß waren und es dadurch viel Konkurrenz um geeignete Nistplätze gab.

In knapp einem Drittel der Fälle von beobachteter Tötung des Nachwuchses war die Grundsituation eine andere: Ein Elternteil einer Papageienfamilie war gestorben, der neue Partner - sowohl weiblich als auch männlich - tötete in vielen Fällen die bereits vorhandenen Vogelkinder.

Angriff auf fremden Nachwuchs auch durch Weibchen

Sogenannte Infantizide werden bei Säugetieren wie etwa Löwen als Mittel männlicher Tiere gesehen, sich schneller mit den Müttern der getöteten Tiere paaren zu können. Bei bestimmten Vögeln kann der Angriff auf nicht-eigenen Nachwuchs auch von Weibchen ausgehen. Hinweise auf Adoptionen aus demselben Zweck seien hingegen lediglich anekdotischer Natur, schreiben die Autoren.

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Bei den Grünbürzel-Sperlingspapageien konnte das Forscher-Duo nun beobachten, dass neu hinzugekommene Elternteile den bestehenden Nachwuchs oft auch adoptierten, anstatt ihn zu töten und das in knapp der Hälfte der Fälle. Dieses Verhalten bringe durchaus auch Vorteile, schreiben Bessinger und Berg. So konnten Männchen sowohl durch Adoption als auch durch Infantizid schneller für eigenen Nachwuchs sorgen als konkurrierende Artgenossen. Beide Wege waren dabei etwa gleich erfolgreich. Vermutlich stärke die Adoption die Bindung zwischen Stiefvater und verwitwetem Weibchen, was wiederum zu früheren und mehr Paarungsmöglichkeiten führen könnte.

"Außerdem erbten die Männchen häufig den Nistkasten der Witwe, wodurch sie sich eine wichtige Ressource sicherten", so die Forscher. Für Papageien-Weibchen biete die Adoption demnach ebenso die Gelegenheit, sich über ein verwitwetes Männchen einen Nistplatz zu sichern.

Quelle: ntv.de, Valentin Frimmer, dpa

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