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Gründe ähnlich wie bei Menschen Warum sich monogame Vögel trennen

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Schwalben (im Bild) gehen ihrer Partnerin häufiger fremd als beispielsweise Albatrosse.

Schwalben (im Bild) gehen ihrer Partnerin häufiger fremd als beispielsweise Albatrosse.

(Foto: picture alliance / juniors/wildlife)

Die meisten Vögel suchen sich einen Partner fürs Leben. Doch "bis der Tod uns scheidet" funktioniert auch im Tierreich nicht immer. Wie Menschen lassen sich auch einige Vogelarten von ihrem Partner scheiden. Die Gründe dafür hat nun ein Forschungsteam herausgefunden.

Vögel sind recht monogame Wesen: Ornithologen gehen davon aus, dass mehr als 90 Prozent einen einzigen Partner haben, manchmal sogar ein Leben lang. Einige monogame Vögel wechseln jedoch nach einer Brutsaison den Lebensabschnittsgefährten, obwohl ihr ursprünglicher Partner noch lebt. Ein Verhalten, das man als "Scheidung" bezeichnet. Aus welchen Gründen sich die Vögel trennen, hat nun ein internationales Forschungsteam herausgefunden - und die ähneln stark den Scheidungsgründen bei Menschen.

Für ihre Studie, die in der Fachzeitschrift "Proceedings of the Royal Society B" erschienen ist, werteten Forscherinnen und Forscher aus China und Deutschland Daten von mehr als 230 Vogelarten aus. Sie verglichen die Scheidungsraten mit Sterbedaten und Migrationsdistanzen der Vögel. Außerdem bewertete das Team die Männchen und Weibchen jeder Art mit einem separaten "Promiskuitätswert", der auf veröffentlichten Informationen über das Verhalten der Vögel beruht.

Dabei fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei Schlüsselfaktoren, die bei einer Vielzahl von Vogelarten für eine Scheidung verantwortlich sind: Promiskuität der Männchen und große Distanzen bei Zugvögeln.

Fremdgehen ist ein No-Go

Die Ergebnisse zeigen, dass sich Vogelpaare bei Arten, bei denen das Männchen häufiger untreu ist, auch öfter trennen. "So wiesen beispielsweise Regenpfeifer, Schwalben, Mauersegler, Pirole und Amseln sowohl hohe Scheidungsraten als auch eine hohe männliche Promiskuität auf, während Sturmvögel, Albatrosse, Gänse und Schwäne niedrige Scheidungsraten und eine geringe männliche Promiskuität zeigten", heißt es in der Studie.

Interessant ist dabei, dass die Treue des weiblichen Partners weniger ausschlaggebend für eine Trennung ist. "Wenn ein männlicher Vogel promiskuitiv ist, wird dies oft als eine Verringerung seines Engagements wahrgenommen, da seine Aufmerksamkeit und Ressourcen auf mehrere Frauen verteilt sind", erklärt Studienautor Zitan Song vom Max-Planck-Institut. "Dies kann ihn als Partner weniger attraktiv machen, sodass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass er in der nächsten Brutsaison geschieden wird." Infolgedessen könnten die Scheidungsraten steigen, wenn die Männchen mehr Möglichkeiten haben, fremdzugehen.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Doch nicht nur die Untreue der Männchen veranlasst der Studie zufolge Weibchen dazu, sich einen neuen Partner zu suchen. Auch die zurückgelegte Distanz bei Zugvögeln spielt demnach eine entscheidende Rolle. So stellte das Team fest, dass Arten, die sehr weite Strecken zurücklegen, sich auch öfter "scheiden lassen".

Eine mögliche Erklärung: Bei einer langen Flugreise können Paare zu unterschiedlichen Zeiten an ihrem Zielort ankommen. Dann trifft das Sprichwort "aus den Augen, aus dem Sinn" zu und es wird sich kurzerhand ein neuer Partner gesucht, der verfügbar ist. Beim Vogelzug kann es auch passieren, dass Paare an unterschiedlichen Brutplätzen landen. Auch in diesem Fall gelte der Partner als verloren, obwohl er noch am Leben ist, so Song. "Scheidungen können dazu beitragen, dass die Tiere sofort nach ihrer Ankunft brüten, anstatt auf einen früheren Partner zu warten", so Song.

Klimawandel sorgt für mehr Scheidungen

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"Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Scheidung bei Vögeln nicht einfach eine adaptive (durch sexuelle Selektion bedingte) oder nicht-adaptive Strategie (als Folge des zufälligen Verlusts eines Partners) ist. Stattdessen könnte es sich um eine Kombination von Reaktionen auf sexuelle Konflikte und Stress aus der Umgebung handeln", resümiert das Forschungsteam.

Vor allem die Asynchronität des Vogelzugs in Verbindung mit Scheidungen sei eine wichtige Erkenntnis, sagt Samantha Patrick dem britischen "Guardian". Die Biologin an der Universität Liverpool war nicht an der Studie beteiligt. "Da das Klima immer unvorhersehbarer wird, könnten die Migrationszeiten variabler werden, und diese Studie deutet darauf hin, dass dies bei allen Arten die Scheidungsraten erhöhen könnte."

Quelle: ntv.de

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