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Japanische Forscher lösen Rätsel Warum Raucher seltener an Covid erkranken

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Der Grund für die Schutzwirkung des Zigarettenrauchs ist hochgiftig.

(Foto: picture alliance / empics)

Es klingt paradox: Raucher sind offenbar besser vor Corona geschützt. Warum das so ist, finden japanische Wissenschaftler heraus. Ihre Erkenntnisse sollten allerdings keineswegs zu falschen Schlüssen führen, warnen sie. Denn der vermeintliche Vorteil hat seinen Preis.

Bereits früh in der Pandemie werden Wissenschaftler weltweit auf ein paradoxes Phänomen aufmerksam: Raucher scheinen seltener an Covid-19 zu erkranken. So beobachteten französische Forscher im April 2020, dass es unter den Corona-Patienten 80 Prozent weniger Raucher gab als in der allgemeinen Bevölkerung in der gleichen Alters- und Geschlechtskohorte. Ähnliche Berichte kamen auch aus Israel und Deutschland. Woran das lag, war den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein Rätsel - bis jetzt. Ein Forscherteam aus Japan hat nun eine mögliche Ursache gefunden.

In einer Studie, die im renommierten Fachmagazin "Nature" veröffentlicht wurde, untersuchten sie die Wirkung der Stoffe im Zigarettenrauch auf den menschlichen Organismus. Das Ergebnis: Hochgiftige Kohlenwasserstoffe können zum Teil das Eindringen des Coronavirus in die Zellen verhindern. Konkret handelt es sich um sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, auch PAKs genannt. Die Stoffe gelten als krebserregend, bilden aber im Falle einer Corona-Infektion eine Art Schutz. Denn PAKs hemmen die Bildung von ACE-2-Rezeptoren an der Außenwand von Zellen, an die das Virus andockt, um in ihr Inneres zu gelangen.

Schützt Rauchen wirklich vor Corona?

Dass Rauchen auf diese Weise gewissermaßen vor Corona schützt, stützt auch die Beobachtungen eines Regensburger Forscherteams aus dem vergangenen Herbst. Die Wissenschaftler werteten Daten von mehr als 1000 Corona-Positiven aus Stadt und Landkreis aus und führten Telefoninterviews mit 419 Genesenen. Nur 50 Raucher waren unter den Befragten, diese litten jedoch im Schnitt kürzer unter Symptomen einer milden Erkrankung als die Nichtraucher. Zudem waren die Symptome von Covid-19 wie Geruchs- und Geschmacksstörungen, Erkältungssymptome und Atemprobleme bei Rauchern weniger ausgeprägt.

Der Mediziner Benedikt Lampl, stellvertretender Leiter des Sachgebiets für Infektionsschutz und Hygiene in Regensburg, vermutete dahinter jedoch die Wahrnehmung der Befragten: "Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, Raucher leiden ja häufig an Raucherhusten. Das heißt, das ist ein 'Symptom', das die Raucher dauerhaft haben unter Umständen." So würde ein zusätzlicher Husten durch eine Corona-Infektion in der eigenen Wahrnehmung gar nicht so ins Gewicht fallen, "insbesondere dann, wenn er nur leicht ausgeprägt ist", sagte Lampl ntv. Zudem war nicht klar, wie viele Zigaretten täglich und wie viele Jahre die Befragten rauchten.

Rauchen erhöht wohl Schwere von Corona-Infektionen

Vor dem Griff zur Zigarette als Corona-Prävention warnten vor einem Jahr schon die Regensburger Forscher und jetzt auch die Wissenschaftler in Japan. "Die Frage, ob man quasi zum Raucher werden sollte, um sich vor einer Covid-Infektion zu schützen, kann man als Mediziner nur nachdrücklich mit Nein beantworten", sagt Studienautor Benedikt Lampl zu ntv. Rauchen kann nicht nur zu gravierenden Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Lungenkrebs führen. Auch das Risiko eines schweren Verlaufs könnte wesentlich höher sein, sollten Raucher an Covid-19 erkranken, wie aus anderen Untersuchungen hervorgeht.

"Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Rauchen die Schwere einer Covid-19-Erkrankung erhöht", heißt es in einer Mitteilung zur aktuellen japanischen Studie. So fand eine US-Studie Anfang des Jahres heraus, dass langjährige starke Raucher mit Covid-19 häufiger im Krankenhaus und auf Intensivstationen behandelt werden müssen und auch ein größeres Risiko haben, an der Lungenkrankheit zu sterben.

Die japanischen Forscher sind dabei, ihre Erkenntnisse auf anderem Wege nutzbar zu machen: Sie wollen ein Medikament entwickeln, das mit demselben Trick arbeitet wie die PAKs, allerdings ohne dabei Schäden an menschlichen Zellen, die durch das Rauchen entstehen, anzurichten.

Quelle: ntv.de, hny

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