Pilotprogramm zeigt Wirkung Dengue-Fieber wird mit Bakterien bekämpft
05.03.2024, 10:46 Uhr Artikel anhören
Eine Mitarbeiterin der Oswaldo-Cruz-Stiftung zeigt Eier von Moskitos, die das Dengue-blockierende Bakterium Wolbachia tragen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Dengue-Fieber ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, die sogar tödlich verlaufen kann. Sie wird von Mücken übertragen. Doch wenn diese mit einem bestimmten Bakterium infiziert sind, werden die Dengue-Viren unschädlich gemacht. Wie gut dieser Schutz wirkt, zeigt aktuell ein Programm in einer brasilianischen Großstadt.
Das Dengue-Fieber macht Rio de Janeiro derart zu schaffen, dass die Stadt am Zuckerhut in diesem Jahr schon den Notstand ausgerufen hat. Gleich auf der anderen Seite der Guanabara-Bucht meldet die Schwesterstadt Niterói nur ein paar Hundert Verdachtsfälle der Fieberkrankheit. Hier sieht die Lage ganz anders aus.
Dass Niterói mit seiner halben Million Einwohner die von Stechmücken übertragene Dengue-Krankheit viel besser in den Griff bekommt, liegt an einem Pilotprogramm, das auf Bakterien mit dem Namen Wolbachia setzt. Die können den Übertragungsweg unterbrechen. Wissenschaftler züchten dazu Stechmücken, die die Dengue-Feinde Wolbachia in sich tragen. Diese natürlich vorkommenden Bakterien bekämpfen die Dengue-Viren und reduzieren so die Übertragungsfähigkeit der Mücken.
Wolbachia-Projekte in mehreren Ländern
Die Wolbachia-Strategie wurde im vergangenen Jahrzehnt von der gemeinnützigen Organisation World Mosquito Program (WMP) entwickelt. 2011 wurde sie erstmals in Australien getestet, seitdem gab es Projekte in mehr als einem Dutzend Länder. In Niterói starteten die Wolbachia-Bakterien ihren Kampf gegen Dengue im Jahr 2015.
Nach einer Epidemie 2012 habe er um Hilfe angefragt, sagt Bürgermeister Axel Grael. Die Stadt habe sich dann mit dem staatlichen brasilianischen Forschungszentrum Fiocruz, dem WMP und dem Gesundheitsministerium des Landes zusammengetan, um die Wolbachia nach Niterói zu holen. Seither gingen die Fälle zurück.
Tödlicher Verlauf möglich
Das Dengue-Fieber ist eine von Viren ausgelöste Erkrankung. Der Erreger wird von Stechmücken übertragen, hauptsächlich ist dafür die Gelbfiebermücke Aedes aegypti verantwortlich. Typisch sind Fieber, Ausschlag sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Nicht jeder erkrankt, in schweren Fällen kann die Krankheit aber tödlich verlaufen, vor allem bei einer neuen Ansteckung mit einem anderen von insgesamt vier Serotypen des Virus. Medikamente gegen die Krankheit gibt es nicht, behandelt werden die Symptome.
Häufige Regenfälle und hohe Temperaturen begünstigen die Vermehrung der Stechmücken - das macht das für seine Hitze bekannte Rio besonders anfällig für Dengue-Fieber-Ausbrüche. So hat Rio eine Inzidenzrate von 700 Fällen pro 100.000 Einwohner, in Niterói gibt es gerade einmal 69 bestätigte Fälle je 100.000 Einwohner.
Nachbarstädte setzen auf Prävention
Trotz der niedrigen Zahl investiert Niterói wie die Nachbarstädte weiter viel in die Prävention. Jeden Tag werden Hunderte Mitarbeiter des städtischen Gesundheitswesens losgeschickt, um Straßen, Wohnviertel und bewaldete Gebiete nach Stechmücken und Brutplätzen abzusuchen. Vor allem nach stehendem Wasser in Pfützen oder auch in Abfall und Schrott, in denen die Mücken ihre Eier ablegen können, halten die Helfer Ausschau.
Augusto César ist einer von ihnen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist der mittlerweile 63-Jährige regelmäßig unterwegs, um die Stechmücken und ihre Eiablage-Orte aufzuspüren. In Morro da Penha, einem ärmeren Viertel der Stadt, durchkämmt er die Straßen, inspiziert Dächer und sammelt Müll auf. Selbst der Deckel einer Plastikflasche könne zum Brutplatz für die Mückenlarven werden, wenn er mit Regenwasser gefüllt ist, sagt César.
Dutzende Kommunen in dem südamerikanischen Land möchten laut Fiocruz-Forscher Luciano Moreira die Wolbachia-Methode übernehmen. Dazu weitet Brasilien die Züchtung der Wolbachia-tragenden Stechmücken aus: Das Gesundheitsministerium hat Ende 2023 den Bau einer großen Anlage dafür angekündigt. Dort sollen 100 Millionen Eier pro Woche produziert werden, etwa zehn Mal mehr, als es Fiocruz derzeit leisten kann. Und wenn Wolbachia-Moskitos erst einmal in einer Gemeinde ausgesetzt sind, vermischen sie sich mit den dortigen Mücken. Ihr Schutzschild überträgt sich dann laut WMP von Generation zu Generation, bis Wolbachia in nahezu der gesamten Stechmücken-Population verbreitet ist.
Quelle: ntv.de, jaz/AP