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Nur noch jährliche Corona-Wellen Studien belegen langen Schutz vor Ansteckung nach Impfung plus Infektion

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Sars-CoV-2 verhält sich wahrscheinlich zunehmend wie "normale" Coronaviren.

(Foto: imago images/Science Photo Library)

Eine nach einer Dreifach-Impfung durchgemachte Corona-Infektion schützt länger als sechs Monate vor einer erneuten Ansteckung, belegen zwei aktuelle Studien. Das führt voraussichtlich dazu, dass Covid-19-Wellen künftig nur noch jährlich und flacher als bisher ausfallen werden.

Die Corona-Pandemie geht oder ist bereits zu Ende, trotz kalter Jahreszeit sinken in Deutschland die Infektionszahlen. Selbst Gesundheitsminister Lauterbach sagte kürzlich: "Die uns beratenden Experten gehen nicht mehr davon aus, dass es noch mal zu einer großen, zu einer schwere Winterwelle kommen wird." Der Grund dafür könnte sein, dass in Deutschland viele Menschen eine Omikron-Infektion nach drei Impfungen hatten. Zwei brandneue Studien belegen nämlich, dass man dann länger als sechs Monate vor einer erneuten Ansteckung geschützt ist. Und das ist eine sehr gute Nachricht.

Eine am 5. Januar in "The Lancet" veröffentlichte portugiesische Studie untersuchte das Risiko einer Reinfektion mit der Omikron-Variante BA.5, wenn man mindestens 90 Tage zuvor mit BA.1 oder BA.2 infiziert war. Die Wissenschaftler nutzten dafür Statistiken des Covid-19-Registers (SINAVE), das alle gemeldeten Infektionsfälle Portugals auf Basis eines offiziellen positiven Tests und unabhängig vom klinischen Erscheinungsbild umfasst.

Sieben bis acht Monate geschützt

Ihre Forschung zeige, "dass eine Hybridimmunität nach einer Infektion mit Omikron BA.1 oder BA.2 im Vergleich zu einer reinen Impfimmunität zu einem wesentlich erhöhten Schutz gegen eine BA.5-Reinfektion für bis zu acht Monate führt", lautet das Fazit der Wissenschaftler.

Die zweite Studie wurde am 11. Januar ebenfalls in "The Lancet" von schwedischen Wissenschaftlern veröffentlicht. Sie beruht darauf, dass beim Schutz vor einer Omikron-Infektion die sogenannte muskosale Immunität die entscheidende Rolle spielt, also die Abwehr von Sars-Cov-2 in der Nasenschleimhaut.

Eine frühere Studie der Wissenschaftler hatte im vergangenen Herbst ergeben, dass eine hohe Konzentration von Immunglobin-A-Antikörpern (M-IgA) in der Schleimhaut einen hohen Schutz vor einer Omikron-Infektion bewirkt. Unter anderem stellten sie einen starken M-IgA-Anstieg nach einer Durchbruchinfektion bei dreifach geimpften Mitarbeitern des Gesundheitswesens fest. Deren Werte verfolgten sie in den Folgemonaten.

Während bei den Probanden die Konzentration anderer Antikörper sieben Monate nach der Durchbruchinfektion stark abgenommen hatte, blieb der Wert der nasalen M-IgA hoch genug, um eine erneute Ansteckung zu verhindern. Die Ergebnisse der Studie belegten die schützende Wirkung der Schleimhaut-Immunität für bis zu acht Monate, lautet das Resümee der schwedischen Wissenschaftler.

Nur noch jährliche Wellen erwartet

Was aus den Studien noch zu schließen ist, hat der niederländische Immunologe Marc Veldhoen auf Twitter zusammengefasst. Durch den mindestens sechs Monate anhaltenden Schutz folge, dass Corona-Wellen in Bevölkerungen mit einem hohen Anteil von Menschen mit hybrider Immunität seltener würden. Künftig sei nur noch mit jährlichen Wellen zu rechnen, wie es bei den meisten Atemwegserkrankungen üblich sei.

Dass Covid-19-Wellen bisher häufiger und schneller aufeinander folgten, habe unter anderem daran gelegen, dass viele Menschen anfällig gewesen seien und die Immunität nach einer Infektion nicht sehr stark gewesen sei, schreibt Veldhoen. Außerdem sei das Virus neu gewesen und habe Eigenschaften gehabt, die ihm Vorteile verschafft hätten.

Das habe sich geändert, und neue Wellen würden erst möglich, wenn bei einer ausreichend hohen Zahl von Menschen die neutralisierenden Antikörperspiegel unter ein Niveau abgesunken seien, bei dem Infektionen wieder möglich seien. Selbst dann bleibe aber der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen erhalten, so der Immunologe.

Die Höhe einer Welle werde durch die Zahl der Menschen, die sich anstecken, und die Infektiosität einer neuen Variante bestimmt. Der Abstand hänge von der Verlangsamung der Ausbreitung und dem Verhalten der Menschen ab. Das treffe auch auf andere Coronaviren zu, bei denen die Immunität ebenfalls acht Monate anhalte.

Sars-CoV-2 verhält sich wie andere Coronaviren

Daraus könne man aber nicht schließen, dass man sich künftig alle acht Monate mit Sars-CoV-2 anstecke, schreibt Veldhoen. Entscheidend für die Häufigkeit einer Corona-Welle sei die Immunität der Bevölkerung. Bei einem individuellen Schutz vor Ansteckung von acht Monaten träten Wellen eher im jährlichen Abstand auf.

Dies wiederum bedeute nicht, dass man jedes Jahr eine Covid-19-Infektion durchmachen müsse, erklärt der Wissenschaftler. Vermutlich werde dies alle zwei oder drei Jahre der Fall sein, was stark von der individuellen Immunität und den umgebenden Personen abhänge. "Jede Welle wird die Immunität steigern."

"Für die meisten ist es vorbei"

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Komplette Entwarnung möchte Veldhoen aber nicht geben. Das Virus entwickle sich sehr wahrscheinlich hin zu einer Koexistenz mit den Menschen, aber es habe uns schon zuvor überrascht, schreibt er mit Bezug auf die Delta-Variante, die nicht nur ansteckender, sondern auch tödlicher als ihre Vorgänger war. Man dürfe aber vorsichtig optimistisch sein, für die meisten sei es vorbei.

Positiv sei auch, dass abklingende Wellen und ein langer Immunschutz "Schreckensgeschichten" von dauerhaften oder kumulativen Immunschäden widerlege. Deshalb sei es aber trotzdem nicht ratsam, sich absichtlich zu anzustecken. Jede Infektion berge Risiken, zu denen lange Genesungszeiten oder bleibende Schäden gehörten. Und schließlich gäbe es Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, sei es genetisch, durch Krankheit oder Alter bedingt.

Quelle: ntv.de

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