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Gesundheitsschädliche Säure Dänische Forscher warnen vor zu viel Lakritz

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Lakritz-Fans sollten Maß halten.

(Foto: IMAGO/YAY Images)

Zu viel Lakritz ist ungesund. Zu diesem Schluss kommen Forschende aus Dänemark. Der Grund: Der Stoff enthält einen hohen Anteil einer gesundheitsschädlichen Säure. Vor allem Menschen mit hohem Blutdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten achtgeben.

Die Dänen mögen Lakritz. Es gibt sie dort als Bonbons, Likör, Eis, in Schokolade - oder ganz einfach aus der Tüte im Süßigkeitenregal im Supermarkt.

Ausgerechnet aus Dänemark kommt nun die Warnung von Forschenden: Zu viel Lakritz ist nicht gesund! Noch schlimmer: In manchen Fällen ist sie sogar lebensgefährlich. Grund dafür ist die Glycyrrhizinsäure, auch bekannt als Glycyrrhizin. Dabei handelt es sich um ein süß schmeckendes Glykosid, eine chemische Verbindung aus Alkohol und Zucker. Es kommt in der Wurzel der Süßholzpflanze vor und wird zur Lakritz-Herstellung verwendet.

Wissenschaftler der dänischen Lebensmittelbehörde und des Lebensmittelinstituts der Technischen Universität Dänemarks haben in einer neuen Untersuchung 219 verschiedene Lakritz-Produkte aus Dänemark getestet. Die im Januar im Fachmagazin "Food Control" veröffentlichte Studie ist bislang laut dänischem Wissenschaftsportal videnskab.dk die weltweit größte Untersuchung dieser Art.

Vier bis fünf Gramm bis zum Grenzwert

Dabei entdeckten die Forschenden, dass eine Reihe von Lakritzprodukten hohe Mengen an Glycyrrhizinsäure enthalten, die in zu großen Mengen gesundheitsschädlich sein können. "Wir waren überrascht, dass man bei vielen Produkten nicht mehr als vier bis fünf Gramm Lakritz essen muss, um so viel Glycyrrhizinsäure zu erhalten, dass man den EU-Grenzwert überschreitet", sagte Nicolai Zederkopff Ballin, Chemiker bei der dänischen Lebensmittelbehörde und Erstautor der Studie. Der Grenzwert liegt bei 100 Milligramm pro Tag.

Die Wissenschaftler fanden zudem heraus, dass zehn Prozent der getesteten Produkte keine ausreichenden Warnhinweise auf den hohen Gehalt der Säure enthielten, wie es eigentlich per Gesetz vorgeschrieben ist.

Zu viel Lakritz lässt den Blutdruck steigen. "Vor allem Patienten mit Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen beim Verzehr von Lakritz vorsichtig sein", erklärt deshalb Gunnar Gislason, Forschungsleiter am Zentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen am Krankenhaus Herlev und Gentofte, dem Portal videnskab.dk.

"Es kann den Blutdruck erhöhen und andere nachteilige Auswirkungen haben. Wenn man Lakritze in sehr großen Mengen isst, können sie direkt lebensgefährlich sein." Die neue Studie empfiehlt daher, die Öffentlichkeit mit Kampagnen auf die Gefahren des Lakritz-Überkonsums aufmerksam zu machen.

Tot durch Lakritz

Dass mit einem zu starken Genuss von Lakritz nicht zu spaßen ist, zeigen zwei Beispiele: 2021 berichtete die dänische "Wochenschrift für Ärzte" von einer 43-Jährigen, die wegen einer akut einsetzenden Streckmuskellähmung der Finger an beiden Händen in die Notaufnahme kam. Sie habe in den Tagen zuvor zunehmend Muskelkater, Müdigkeit und allgemeine Muskelschwäche verspürt und klagte über Taubheitsgefühle in Füßen und Unterschenkeln.

Bei der Untersuchung der Frau zeigte sich, dass sie eine schwere Hypokaliämie hatte - also zu wenig Kalium im Blut. Ihr Blutdruck war erhöht und es gab Veränderungen im EKG. Eine Hypokaliämie kann im schlimmsten Fall zu Kammerflimmern führen, wobei die Pumpfunktion des Herzens zum Erliegen kommt - ein lebensbedrohlicher Zustand.

Die Ursache des Leidens: Die Frau hatte seit einer Keuchhusteninfektion acht Wochen zuvor täglich zweieinhalb Liter Lakritz-Tee zur Linderung des trockenen Hustens getrunken.

Der zweite Fall endete dagegen tödlich. Ein 54 Jahre alter Mann aus dem Bundesstaat Massachusetts in den Vereinigten Staaten hatte über mehrere Wochen täglich eineinhalb Tüten Lakritz gegessen. Dies habe sein Herz zum Stillstand gebracht, berichtete die Nachrichtenagentur AP im September 2020. Der Mann starb an einer Überdosis Lakritz.

In Maßen ist Lakritz völlig in Ordnung

Bereits im Jahr 1999 warnte das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) vor Produkten mit zu hohem Glycyrrhizinsäuregehalt, da sie Bluthochdruck auslösen können. Menschen mit hohem Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes sowie Schwangeren wurde damals vom "ständigen Verzehr größerer Mengen" abgeraten.

In kleineren Mengen ist der Genuss der schwarzen Nascherei aber in Ordnung, sagen die Wissenschaftler der neuen dänischen Studie. Es komme selten zu ernsthaften oder gar tödlichen Erkrankungen durch Lakritz. "Menschen werden in der Regel nur dann ernsthaft krank, wenn sie über einen längeren Zeitraum zu viel Lakritz gegessen haben", sagt der Medizinstudent Mikkel Rodin Deutch, Erstautor einer Studie, die eine lange Reihe von Studien über Lakritz und Gesundheit zusammenfasst.

"Wenn du einen Tag zu viel Lakritz isst, ist das auch nicht schlimm. Aber wenn man ständig zu viel Glycyrrhizinsäure zu sich nimmt, kann das ernsthafte Folgen haben, selbst für junge, gesunde Menschen", so der Arzt Gunnar Gislason.

Streit um Grenzwerte

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Ein Problem ist aber, dass der EU-Grenzwert, der nur vorübergehend angesetzt wurde, leicht überschritten werden kann, so die Studie. So würden weniger als eine halbe Tasse Lakritz-Tee oder vier bis fünf Lakritzdragees ausreichen, um die 100 Milligramm zu erreichen.

"Die EU hat den Grenzwert auf 100 Milligramm Glycyrrhizinsäure pro Tag festgelegt, aber verschiedene unabhängige Wissenschaftler haben wiederholt vorgeschlagen, dass der Grenzwert auf 10-15 Milligramm gesenkt werden sollte. Aber die EU wird den Grenzwert nicht herabsetzen, weil ihr die Daten fehlen", erklärte der Wissenschaftler Nicolai Zederkopff Ballin. Er hofft, dass die neue Studie zu einem besseren Bewusstsein beim Verzehr von Lakritz beiträgt.

(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 05. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, Rune Weichert, stern.de

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