Rauch überzieht die Kontinente Waldbrand-Emissionen sprengen bisherigen Rekord
03.08.2023, 17:58 Uhr Artikel anhören
Rekordjahr in Kanada: Ein Luftbild des BC Wildfire Service zeigt Waldbrände in der Küstenregion von British Columbia.
(Foto: dpa)
Die Waldbrand-Katastrophe in Kanada hinterlässt ihre Spuren - auf dem Boden und in der Luft. Daten des Erdbeobachtungssystems Copernicus zeigen einen dramatischen Anstieg der umwelt- und gesundheitsschädlichen Emissionen.
Seit Anfang Mai halten die Waldbrände in Kanada die nördliche Hemisphäre sprichwörtlich in Atem. Die umwelt- und gesundheitsschädlichen Rauchpartikel machen schließlich nicht an Ländergrenzen halt, sondern überwinden zum Teil viele tausend Kilometer und können Klima und Ökosysteme negativ beeinflussen.
Die für Atmosphäre- und Wetterdaten zuständige europäische Beobachtungsstelle CAMS hat jetzt eine Zeitreihe vorgelegt, die zeigt, wie ungewöhnlich die andauernde Umweltkatastrophe in Kanada im langjährigen Vergleich tatsächlich ausfällt.
Demnach wurden in der Region seit Jahresbeginn mehr Emissionen durch Waldbrände in die Atmosphäre entlassen als je zuvor. Den Schätzungen zufolge seien allein bis Ende Juli 2023 doppelt so viele Kohlenstoffemissionen freigesetzt worden wie im gesamten Rekordjahr 2014, heißt es in einer Pressemitteilung vom Donnerstag. Konkret geht CAMS von einer Gesamtemission von 290 Megatonnen durch Busch- und Waldbrände in 2023 aus. Vor neun Jahren belief sich die Gesamtsumme von Januar bis Dezember auf 139 Megatonnen.
Auch im Bezug auf die bereits verbrannte Fläche zeichnet sich ab, dass 2023 für die Kanadier ein Ausnahmejahr wird: Laut dem nationalen Gefahren-Koordinationszentrum Canadian Interagency Forest Fire Centre (CIFCC) waren bis Ende Juli mehr als 130.000 Quadratkilometer (gut 13 Millionen Hektar) von Waldbränden zerstört worden. Auch das ist ein neuer Rekord und mehr als eine Verdopplung gegenüber 1995, als 71.060 Quadratkilometer Naturraum verbrannt waren. Das CIFCC zählt aktuell noch immer mehr als 1000 aktive Waldbrände, von denen mehr als die Hälfte als "außer Kontrolle" gelten.
Waldbrandgefahr hält weiter an
Da die Waldbrandsaison auf der nördlichen Halbkugel ihren Höhepunkt üblicherweise erst gegen Ende Juli, Anfang August erreicht, rechnen die Forschenden mit einem weiteren Anstieg für dieses Jahr. Der CAMS-Forschungsleiter Mark Parrington führt die "höchst ungewöhnlichen Feueraktivitäten" in Kanada unter anderem auf das Wetter zurück. Trockenheit und Hitze verstärken das Risiko von großflächigen Bränden. Durch den menschengemachten Klimawandel und das Wetterphänomen El Niño erhöht sich nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer ungewöhnlich heftigen, sondern auch einer ungewöhnlich langen Waldbrandsaison.
Die Folgen für Mensch und Umwelt fielen in diesem Jahr bereits dramatisch aus: Allein in Nova Scotia im Südosten Kanadas mussten im Mai und Juni zehntausende Menschen vor den Flammen fliehen und ihre Häuser verlassen. In den benachbarten US-Staaten wurde aufgrund der massiven Rauchentwicklungen und der gesundheitsgefährlichen Luftwerte ebenfalls Alarm ausgelöst. Selbst die US-Küstenstadt New York versank im Juni über Tage hinweg unter einer dichten Rauchglocke. Satellitendaten des europäischen Erdbeobachtungssystems Copernicus zeigen, dass die Partikelwolken anschließend teilweise bis weit nach Europa reisten.
Zuletzt habe sich das Waldbrandgeschehen weiter in Richtung Norden verlagert, teilte CAMS am Donnerstag mit. Nahe des nördlichen Polarkreises sind zwar weniger Menschen von den Umweltkatastrophen akut betroffen. Doch nach wie vor werden durch die Brände "signifikante Rauchemissionen" produziert, warnen die Forschenden. Auch im Osten Russlands und in der Mittelmeerregion hat die Natur in diesem Jahr auffällig oft und großflächig gebrannt.
Waldbrände wirken sich nicht nur negativ auf die Luftqualität in den betroffenen oder angrenzenden Regionen aus, sondern können auch dem Weltklima nachhaltig schaden. Schließlich werden durch die Brände selbst einerseits erhebliche Mengen an CO₂ freigesetzt. Zugleich werden aber auch immer öfter und immer größere Waldgebiete zerstört, die CO₂ aus der Luft binden und somit dem Klimawandel entgegenwirken können.
Quelle: ntv.de