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Hormone und Corona Warum Männer häufiger schwer erkranken

Männer haben ein fast dreimal so hohes Risiko, aufgrund eines schweren Corona-Verlaufs auf eine Intensivstation verlegt zu werden, als Frauen.

Männer haben ein fast dreimal so hohes Risiko, aufgrund eines schweren Corona-Verlaufs auf eine Intensivstation verlegt zu werden, als Frauen.

(Foto: Ole Spata/dpa)

Das Geschlecht von Covid-Patienten hat einen großen Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Bei Männern ist das Risiko einer schweren Erkrankung deutlich höher als bei Frauen. Woran das liegt, hat ein US-Forscherteam nun untersucht.

Schon zu Beginn der Corona-Pandemie fällt auf: Auf den Intensivstationen müssen mehr Männer mit schwerem Covid-19-Verlauf behandelt werden als Frauen. Auch das Sterberisiko fällt bei ihnen höher aus. Eine Theorie besagt, dass hormonelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen eine Rolle spielen könnten. Männer produzieren viel mehr Testosteron als Frauen. Wissenschaftler vermuten daher, dass ein hoher Testosteronspiegel die Schwere der Erkrankung beeinflussen könnte. Dieses Phänomen hat ein US-Forschungsteam nun genauer untersucht und kommt zu einem überraschenden Ergebnis. Denn genau das Gegenteil könnte der Fall sein.

Für ihre Studie, die im Fachblatt "Jama Network Open" veröffentlicht wurde, analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Washington University School of Medicine in St. Louis die Blutwerte von 90 Männern und 62 Frauen, die von März bis Mai 2020 mit Covid-19 ins Krankenhaus kamen. Dabei bestimmten sie die deren Hormonspiegel und stellten fest, dass niedrige Testosteronwerte im Blut der Männer mit schwereren Covid-19-Verläufen verbunden sind.

Testosteron

Testosteron ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Es ist für das Wachstum mit verantwortlich und sorgt für die Spermienproduktion. Bei erwachsenen Männern liegt die Gesamtkonzentration im Blutserum bei 24,1 bis 82,7 Nanogramm pro Deziliter. Mit zunehmendem Alter sinkt der Testosteronspiegel. Das ist jedoch ein normaler Prozess und keine Krankheit. In geringen Mengen kommt Testosteron auch bei der Frau vor.

Die Hormonwerte wurden am Tag der Aufnahme und dann regelmäßig bis Tag 28 gemessen. Neben Testosteron untersuchte das Forscherteam auch das Sexualhormon Östradiol und das insulinähnliche Wachstumshormon IGF-1 im Blut der Patienten. Diese hatten laut Studie keinerlei Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf bei den Männern. Beim Testosteronspiegel zeigte sich hingegen: War dieser bei der Klinikaufnahme sehr niedrig, erlitten sie häufiger schwere Verläufe und mussten intensivmedizinisch behandelt und teilweise auch beatmet werden. Die Gruppe der am schwersten erkrankten Männer hatte nur einen durchschnittlichen Testosteronspiegel von 19 Nanogramm pro Deziliter.

Je niedriger der Spiegel des männlichen Geschlechtshormons also war, desto höher war auch das Risiko, an Covid-19 zu sterben, resümieren die Forscherinnen und Forscher. Bei den untersuchten Frauen sah das hingegen anders aus: Keines der drei Hormone schien einen Einfluss auf den Covid-Krankheitsverlauf zu haben - zumindest konnte keiner im Rahmen der Studie festgestellt werden.

Ursache oder Symptom?

Doch auch bei den Männern ist nicht klar, ob die niedrigen Testosteronspiegel die Ursache oder nur ein Symptom eines schweren Covid-19-Verlaufs waren, schreiben die Studienautoren. Denn bei den untersuchten Patienten war nicht bekannt, ob diese schon vor ihrer Infektion mit Sars-CoV-2 zu niedrige Testosteronwerte hatten oder ob diese erst durch die Infektion abgesunken waren.

Wäre Ersteres der Fall, würde das bedeuten, dass das männliche Geschlechtshormon ursächlich mit einer erhöhten Anfälligkeit für Covid-19 verknüpft ist. So könnte ein Mangel an Testosteron die Immunreaktion der männlichen Patienten negativ beeinflussen. Sinkt der Spiegel aber erst durch eine Infektion ab, wäre der niedrige Testosteronspiegel eher ein Biomarker, der das Risiko für einen schweren Verlauf anzeigt. Die Forscher plädieren deshalb für weitere Studien, die genauer untersuchen, wie Testosteron und Covid-19 zusammenhängen. Dann könnte man auch herausfinden, ob erkrankte Männer von einer Testosterontherapie profitieren können.

Warum Frauen seltener von einem schweren Covid-19-Verlauf betroffen sind, konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Washington University nicht eindeutig beantworten. Laut einer südafrikanisch-britischen Metastudie stecken sich Männer und Frauen in etwa gleich häufig mit dem Coronavirus an. Im Hinblick auf den Krankheitsverlauf gibt es allerdings erhebliche geschlechterspezifische Unterschiede: Demnach haben Männer ein fast dreimal so hohes Risiko, aufgrund eines schweren Corona-Verlaufs auf eine Intensivstation verlegt zu werden. Und auch das Risiko, an Covid-19 zu versterben, lag bei Männern höher als bei Frauen (1,39 Mal höher).

Quelle: ntv.de, hny

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