Start nochmals verschoben Studenten bauen Rakete für Weltraumbahnhof
15.07.2024, 08:05 Uhr Artikel anhören
Ein ganzes Jahr haben die Studenten neben ihrem Studium an der Rakete gebaut.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Bundesverband der Deutschen Industrie kündigt vor mehr als vier Jahren an, sich an der Kommerzialisierung der Raumfahrt beteiligen zu wollen. Mehr als ein Jahr bauen Studenten an einer Rakete, müssen aber aufgrund fehlender Unterlagen der Behörden schließlich den Teststart verschieben.
Eigentlich sollte die rot-weiß gestreifte Rakete schon von der Nordsee aus starten, nun lagert sie in einer alten Industriehalle in Aachen. Studenten haben einen 3,60 Meter langen Flugkörper namens "Aquila Maris" (Adler des Meeres) konstruiert und gebaut. Diesen Sommer sollte es hoch hinausgehe, dann wurde der Start kurzfristig verschoben. "Wir sind alle ziemlich enttäuscht", kommentierte Teamleiter Lukas Freiheit die Absage.
22 Studenten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) und der Fachhochschule Aachen bilden das Team "Aquila Maris". Sie haben eine von mehreren Raketen für das Konsortium German Offshore Spaceport Alliance (Gosa) gebaut, welche einen Weltraumbahnhof auf dem Wasser plant.
Deutschland soll allerdings keinen Weltraumbahnhof wie Cape Canaveral in den USA oder Baikonur in Kasachstan bekommen. Geplant ist eine schwimmende Startplattform, ein Spezialschiff mit Startrampe. Heimathafen des Schiffs soll Bremerhaven sein und künftig den Start europäischer Microlauncher -Mini-Raketen - von der schwimmenden Plattform aus ermöglichen und Satelliten in den Weltraum transportieren. Der Startpunkt befindet sich dann im sogenannten Entenschnabel der sogenannten "Ausschließlichen Deutschen Wirtschaftszone", in der Deutschland noch bestimmte Hoheitsrechte hat.
Deutsche Wirtschaft plant Weltraumbahnhof
Die Initiative für das Vorhaben startete der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bei seinem ersten Weltraumkongress vor mehr als vier Jahren. In einer Erklärung damals hieß es, die zunehmende Kommerzialisierung der Raumfahrt, New Space genannt, sei eine große Chance auch für Deutschland.

Die Studenten Florian Schuler (l-r), Lukas Freiheit, Johann Schepke und Lukas Laumann vom Space Team Aachen neben ihrer Rakete.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Testphase wurde jedoch mehrfach verschoben und sollte diesen Sommer endlich losgehen. Ende Juni kam aber die Absage, dass der Raketenstart von einer mobilen Plattform in der Nordsee abermals verschoben werden muss. An der Technik hapere es nicht, versicherte eine Sprecherin des beteiligten Bremer Raumfahrtunternehmens OHB. Vielmehr fehle es an benötigten Unterlagen von den Behörden, welche aber voraussichtlich erst im nächsten Sommer einen neuen Versuch ermöglichen.
Angedacht ist zunächst eine sogenannte suborbitale Demo-Mission. Suborbital bedeutet, dass die Erdumlaufbahn nicht erreicht wird. Die Studenten-Rakete sollte bei dem Probeflug beispielsweise mit zweifacher Schallgeschwindigkeit von einem Schiff aus starten, zehn Kilometer hochfliegen und anschließend im Meer landen. Schwimmflügel sollten den Flugkörper vor dem Versinken bewahren und ein GPS-Signal das Wiederfinden ermöglichen. So zumindest war der ursprüngliche Plan.
Unklarheit, ob das Team den Start miterlebt
"Es ist total blöd, nach einem Jahr Arbeit mit 20 Leuten die fertige Rakete nicht starten zu können", beklagte Teamleiter Freiheit. Gemeinsam mit seinem Kommilitonen Johann Schepke hat er die Leitung inne. Ihr Team ist Teil eines 2019 von Studenten gegründeten Vereins, der schon mehrere Raketen gebaut hat.
Der Flugkörper könne nur im Sommer von der See aus starten, in der kalten Jahreszeit sei das Meer zu rau, erklärt er. Ob das Team im kommenden Jahr aber noch mal mitmacht, ist bisher unklar. Ohne Professoren arbeiteten sie eigenständig und das Studium lief zeitweise nur nebenbei.
Sie wollten die studentische Freiheit nutzen, um Dinge auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln, erklärte er. "Bei uns geht das viel einfacher und mit viel weniger Druck als später im Job." Nun werde das Team erst einmal "Klausuren schreiben und den Sommer genießen".
Quelle: ntv.de, Ulrike Hofsähs und Mirjam Uhrich, dpa