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Beobachtung von Exoplaneten"Werden sicherlich Spuren von Leben finden"

18.05.2025, 09:54 Uhr
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Illustration des Exoplaneten K2-18b - noch weiß man sehr wenig über sein Aussehen und seine Beschaffenheit. Forscher wollen jedoch mögliche Spuren von Leben nachgewiesen haben. (Foto: A. Smith, N. Madhusudhan/Univers)

Eine Nachricht sorgte weltweit für Furore: Forscher wollen in der Atmosphäre eines Exoplaneten Hinweise auf Leben gefunden haben. Astronomin Laura Kreidberg, Expertin für Exoplanet-Atmosphären, erklärt ntv.de, was aus ihrer Sicht dran ist - und wie man Leben im All aufspürt.

Hat die Menschheit erste Hinweise auf Außerirdische entdeckt? Eine Mitte April veröffentlichte Studie von Forschern aus den USA und Großbritannien legte nahe, dass in der Atmosphäre eines weit entfernten Exoplaneten Spuren von Leben zu finden sind: Mithilfe des James-Webb-Weltraumteleskops fanden sie demnach Hinweise auf Dimethylsulfid (DMS) und Dimethyldisulfid (DMDS) - auf der Erde werden diese Moleküle ausschließlich von Lebensformen produziert, hauptsächlich von mikrobiellem Leben wie Phytoplankton in unseren Ozeanen. Doch ist das tatsächlich ein Zeichen für außerirdisches Leben auf dem Planeten?

ntv.de hat nachgefragt - bei Laura Kreidberg: Die mehrfach ausgezeichnete US-amerikanische Astronomin ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg und erforscht die Atmosphären von Exoplaneten, wobei sie regelmäßig Weltraumteleskope einsetzt. Ein Ziel ist es, mehr über die potenzielle Bewohnbarkeit dieser fernen Welten zu erfahren.

ntv.de: In der Atmosphäre des 124 Lichtjahre entfernten Exoplaneten K2-18b wollen Forscher die Schwefelverbindungen DMS und DMS entdeckt haben, die auf der Erde nur von Lebewesen produziert werden. Ist die Menschheit also das erste Mal auf außerirdisches Leben gestoßen?

Laura Kreidberg: Um direkt zu sein: Nein, ich bin davon nicht überzeugt. Ich finde die Messung zwar aufregend. Und wir können damit interessante Forschung betreiben. Aber wir sind meiner Meinung nach sehr, sehr, sehr weit davon entfernt, dies als verlässliche Entdeckung eines belebten Planeten zu bezeichnen.

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Laura Kreidberg ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, wo sie die Abteilung Atmosphärenphysik von Exoplaneten (APEx) leitet. (Foto: Fabian Wolf)

Damit man das besser einordnen kann: Was ist K2-18b für ein Planet?

Dieser Planet unterscheidet sich sehr von der Erde. Sein Radius ist etwa zweieinhalbmal so groß wie jener der Erde. Seine Atmosphäre enthält zudem viel Wasserstoff. Eine Überlegung ist, dass K2-18b die Bedingungen für eine flüssige Wasserschicht bieten könnte. Also einen Ozean hat. Ich denke aber, dass das alles andere als sicher ist.

Warum sind Sie nicht überzeugt von dem, was das Forschungsteam als angebliche Beweise für Leben präsentiert hat?

Spuren der beiden Schwefelverbindungen DMS und DMDS könnten tatsächlich eine potenzielle Biosignatur sein, da diese Substanzen auf der Erde nur durch Lebewesen erzeugt werden. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es in den Daten für diesen Planeten wirklich sehr starke Beweise für eines dieser Moleküle gab.

Was sind Biosignaturen?

Biosignaturen sind Substanzen, Moleküle oder Phänomene, die bei Exoplaneten Hinweise auf Leben liefern können. Forscher untersuchen mit Teleskopen das Licht von Sternen, um mögliche Biosignaturen wie Wasser, Sauerstoff und Methan in der Atmosphäre ihrer Planeten zu entdecken.

Es ist aus Ihrer Sicht also gar nicht sicher, dass es diese Moleküle auf dem Planeten gibt?

Überhaupt nicht. Eine der Herausforderungen bei der Untersuchung der Atmosphären von Planeten ist, dass es viele Möglichkeiten gibt, wie die Atmosphäre zusammengesetzt sein könnte. Die Autoren der Arbeit haben mit Computermodellen die Daten von der Atmosphäre auf etwa 20 verschiedene Moleküle untersucht. Sie schlussfolgerten, dass die Existenz von DMS und DMDS am besten zu den Daten passt. Es gab jedoch bereits einige Folgearbeiten, die verschiedene Moleküle untersuchten und feststellten, dass diese auch ohne diese Biosignaturgase gut zu den Daten passen.

Gelten die Schwefelverbindungen DMS und DMDS in Ihrem Forschungsfeld generell als heiße Anwärter auf einen Hinweis auf Leben im All?

Nicht wirklich, sie stehen nicht ganz oben auf der Liste. Die Biosignaturgase, die uns viel mehr interessieren, sind Sauerstoff und Methan. Das sind zumindest auf der Erde die überzeugendsten Anzeichen für Leben.

Warum sind Sauerstoff und Methan in Kombination so interessant?

Sauerstoff und Methan werden beide auf der Erde nur von Lebewesen produziert. Und unter normalen Umständen reagieren diese Gase sehr stark miteinander und bilden andere Moleküle. Sauerstoff ist sehr reaktiv und reagiert mit Methan zu Kohlendioxid und Wasser. Wenn wir also beide Gase in großen Mengen in der Atmosphäre vorfinden, wissen wir, dass es etwas geben muss, das sie kontinuierlich produziert. Bisher gibt es keine alternative Erklärung dafür, außer der Existenz von Leben.

Wenn Astronomen Methan und Sauerstoff in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachweisen würden, wüssten wir dann mit Sicherheit, dass es dort außerirdisches Leben gibt?

Wenn wir diese beiden Gase entdecken würden, wäre ich wirklich begeistert. Dennoch müssen wir als Wissenschaftler skeptisch bleiben und versuchen, alle anderen möglichen Erklärungen zu untersuchen. Denn außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise. Ich denke aber, dass bei so einer Entdeckung alle in der Forschungsgemeinschaft daran arbeiten würden, sicherzustellen, dass es keine andere Erklärung gibt.

Als besonders interessant gelten Exoplaneten, die der Erde ähneln und ebenfalls aus Gestein bestehen. Wie wahrscheinlich ist es, dass Forscher in naher Zukunft dort Spuren von Methan und Sauerstoff finden?

Davon sind wir noch weit entfernt. Ich würde sagen, dass die Erforschung der Atmosphären von erdähnlichen Gesteinsplaneten derzeit noch in den Kinderschuhen steckt. Wir beginnen gerade erst herauszufinden, ob sie überhaupt eine Atmosphäre haben. Daher halte ich jegliche Behauptungen über Biosignaturen zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht.

Was sind Ihrer Meinung nach die vielversprechendsten bekannten Exoplaneten, um nach Spuren von Leben zu suchen - wenn Sie einen persönlichen Favoriten nennen müssten?

Es gibt einige, die eine ganz gute Chance haben, eine Atmosphäre zu haben. LHS-1140 b ist ein Beispiel dafür. Dieser Planet befindet sich in der bewohnbaren Zone seines Muttersterns. Die Temperatur ist also genau richtig für flüssiges Wasser. Es wird zwar eine Herausforderung sein, aber ich denke, wir werden in der Lage sein, auf diesem Planeten eine Atmosphäre nachzuweisen, wenn er eine hat.

Könnte man über die Analyse der Atmosphäre auch herausfinden, ob es intelligentes Leben auf einem Planeten gibt?

Einige der ausgefalleneren Ideen wären die Suche nach Verschmutzungen in der Atmosphäre. Also Anzeichen für industrielle Aktivitäten. Ich finde, darüber nachzudenken macht Spaß, aber das ist auch noch sehr weit in der Zukunft. Das ist nichts, was wir in naher Zukunft machen können.

Neue, leistungsstarke Teleskope sind in Planung oder schon im Bau, wie etwa das europäische Extremely Large Telescope in Chile, das Ende des Jahrzehnts seinen Betrieb aufnehmen soll. Was erhoffen Sie sich von den geplanten Teleskopen für die Beobachtung von Exoplaneten?

Ich bin persönlich am meisten von einem Teleskop begeistert, das noch in weiterer Ferne liegt. Es handelt sich um das "Habitable Worlds Observatory" der Nasa. Wie man schon anhand des Namens erraten kann, wurde dieses Gerät speziell für die Untersuchung von Biosignaturen auf erdähnlichen Planeten entwickelt. Es wird im Weltraum stationiert sein, sodass man nicht durch die Erdatmosphäre schauen muss. Das Ziel ist es, die Spektren von Dutzenden erdähnlichen Planeten zu beobachten. Für mich wäre das ein echter Durchbruch.

Wann könnte es so weit sein?

Momentan ist von einem Start in den 2040er Jahren die Rede. Das ist also sehr langfristig und ehrgeizig. Und es ist teuer. Ich sage immer, dass ich mich sehr freuen würde, wenn diese Mission noch vor meiner Pensionierung starten würde.

Glauben Sie, dass wir in Zukunft tatsächlich Spuren von außerirdischem Leben auf fernen Planeten finden werden?

Wir werden sie sicher nicht morgen finden, das ist klar. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass es Leben auf anderen Planeten gibt. Allein in unserer Galaxie gibt es so viele Planeten. Wir glauben, dass es Dutzende Milliarden potenziell bewohnbarer Gesteinsplaneten gibt. Und sobald wir ernsthaft damit beginnen können, ihre Atmosphären nach Anzeichen von Leben zu untersuchen, bin ich mir ziemlich sicher, dass wir etwas finden werden.

Mit Laura Kreidberg sprach Kai Stoppel

Quelle: ntv.de

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