Was eine Diagnose bedeutet Wie gefährlich ist Bidens Prostatakrebs?
19.05.2025, 12:35 Uhr Artikel anhören
Joe Biden ist nicht allein: Etwa einer von acht Männern erkrankt im Laufe seines Lebens an Prostatakrebs.
(Foto: REUTERS)
Joe Biden hat Prostatakrebs - dazu noch eine "aggressive Form". Was bedeutet diese Diagnose für den ehemaligen US-Präsidenten? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Und wie sind die Überlebenschancen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Situation für Joe Biden ist ernst: Bei dem ehemaligen US-Präsidenten wurde eine "aggressive Form" von Prostatakrebs diagnostiziert, der bereits in die Knochen gestreut hat, wie Bidens Büro am Sonntag mitgeteilt hat. Demnach wurde die Erkrankung nach Beschwerden beim Wasserlassen diagnostiziert. Der Krebs habe einen Gleason-Score von neun von zehn. Doch was bedeutet das? Wie kann man Prostatakrebs behandeln? Und wie viel Zeit bleibt dem 82-Jährigen? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist Prostatakrebs?
Bei Prostatakrebs, auch Prostatakarzinom genannt, handelt es sich um einen bösartigen Tumor der Vorsteherdrüse des Mannes. Dieses kleine, golfballgroße Organ befindet sich unterhalb der Blase. Es produziert eine Flüssigkeit, die sich mit Spermien vermischt und so Sperma bildet. Treten Veränderungen in den Genen der Prostatazellen auf, können diese anfangen, sich unnormal zu vermehren und im schlimmsten Fall gefährliche Tumore zu bilden.
Prostatakrebs ist weltweit die zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern. In Deutschland ist es sogar die häufigste. Pro Jahr werden nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bundesweit fast 75.000 Neuerkrankungen diagnostiziert. Einige Arten von Prostatakrebs sind risikoarm, wachsen sehr langsam und erfordern möglicherweise keine sofortige Behandlung. Andere sind sehr aggressiv und können sich auf andere Gewebe und Organe ausbreiten.
Was sind die Symptome?
Zu Beginn verursacht Prostatakrebs laut der Deutschen Krebshilfe keine Beschwerden. Erst wenn der Tumor eine gewisse Größe überschritten hat oder aber Metastasen in Lymphknoten oder Knochen gestreut haben, spüren Betroffene die Symptome. Zu denen zählen unter anderem:
- Schmerzen in der Prostata
- Beeinträchtigung der Blasen- oder Darmentleerung
- Blutbeimengung im Urin
- Rücken- und Beckenschmerzen
- Fortgeschrittener Prostatakrebs, der sich auf die Knochen ausgebreitet hat, kann zudem Schmerzen, Müdigkeit und Gewichtsverlust verursachen.
Was ist der Gleason-Score?
Der Gleason-Score ist ein System zur Bewertung von Prostatakrebs, das Ärzten hilft, die Aggressivität des Tumors zu bestimmen. Davon hängt maßgeblich ab, welche Krebsbehandlungen infrage kommen und am erfolgversprechendsten sind.
Für die Ermittlung des Scores entnehmen Pathologen mehrere Proben des Tumors und vergleichen diese unter dem Mikroskop mit normalen Zellen. Je abnormaler die Krebszellen aussehen, desto höher die Zahl. Ein Gleason-Score von 6 oder 7 gilt als weniger aggressiv, wobei die Zellen gesund (gut differenziert) oder etwas gesund (mäßig differenziert) erscheinen. Diese Krebsarten können sich langsamer ausbreiten.
Ein Gleason-Score von 8 oder höher weist auf eine höhere Aggressivität hin. Die Zellen sind schlecht differenziert oder nicht von gesunden Zellen zu unterscheiden. Bidens Büro gab an, sein Score liege bei 9, was darauf hindeutet, dass sein Krebs zu den aggressivsten Formen gehört.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Behandlungen variieren je nach Schweregrad des Krebses und hängen von den Bedürfnissen und Präferenzen des Patienten ab. Bei frühen, kleinen, langsam wachsenden Prostatakarzinomen kann eine Überwachung ausreichend sein. Fortgeschrittene Tumore erfordern möglicherweise eine Operation zur Entfernung der Prostata, Strahlentherapie und Chemotherapie, zielgerichtete Medikamente sowie eine Immuntherapie.
Da in Bidens Fall der Krebs bereits seine Knochen befallen hat, schränke das jedoch seine Behandlungsmöglichkeiten ein, sagt Jamin Vinod Brahmbhatt, Urologe bei der Orlando Health Medical Group, dem BBC. Zwar gebe es "medizinische Möglichkeiten, um den Patienten zu stabilisieren und den Krebs zu kontrollieren, aber er kann nie vollständig beseitigt werden."
Bidens Krebs ist nach Angaben seines Büros "hormonsensitiv". Das bedeutet, dass der Krebs Hormone nutzt, um zu wachsen. Diese Art von Krebs kann dem Experten zufolge mit Medikamenten behandelt werden, die die Hormone im Körper blockieren oder deren Menge senken. Ob und wie gut der Ex-Präsident auf diese Behandlung anspringt, zeigt sich wahrscheinlich erst nach Wochen oder sogar Monaten. Biden und seine Familie prüfen wohl derzeit die Behandlungsmöglichkeiten.
Wie sind die Überlebenschancen?
Eine Prostatakrebs-Diagnose ist heutzutage in der Regel nicht mehr ein unmittelbares Todesurteil. Die Überlebensrate hängt zwar von vielen Faktoren ab, darunter das Stadium der Krebserkrankung, das Alter des Patienten und sein allgemeiner Gesundheitszustand. Doch gerade wenn der Tumor früh entdeckt wird, ist die Überlebensrate sehr hoch. RKI-Daten zufolge leben 91 Prozent der betroffenen Männer fünf Jahre nach ihrer Diagnose noch.
Doch auch bei fortgeschrittenem Krebs, wie im Falle von Biden, ist die Prognose Experten zufolge inzwischen deutlich besser als noch vor zehn Jahren. Dank der jüngsten Fortschritte bei der Diagnose und Behandlung wird "das Leben von Betroffenen jetzt in Jahren gemessen, nicht mehr in Monaten", sagt Daniel W. Lin, Prostatakrebs-Spezialist an der University of Washington, der "New York Times".
Selbst Männer, deren Prostatakrebs in die Knochen gestreut hat, könnten mit den derzeitigen Behandlungsmethoden "fünf, sieben, zehn oder mehr Jahre leben", sagt der Experte. "Ein Mann wie Herr Biden, der über 80 Jahre alt ist, könnte hoffentlich eines natürlichen Todes sterben und nicht an Prostatakrebs."
Quelle: ntv.de