Panorama

Sex-Chats, Pornos gucken, nichts Was US-Spione bei der Arbeit machen

Edward Snowden im Kinofilm von Oliver Stone. In der Realität beschäftigen sich viele Vertragsmitarbeiter bei der NSA mit profaneren Dingen als der Whistleblower.

Edward Snowden im Kinofilm von Oliver Stone. In der Realität beschäftigen sich viele Vertragsmitarbeiter bei der NSA mit profaneren Dingen als der Whistleblower.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Edward Snowden ist der bekannteste Ex-Mitarbeiter eines Subunternehmens der US-Geheimdienste. Tausende seiner Kollegen sind zwar viel beschäftigt, aber nicht immer mit Spionage. Ihre Vorgesetzten ahnen davon meist nichts.

10.573 Arbeitsstunden im Laufe von sechs Jahren bei verschiedenen US-Geheimdienststellen - macht satte 974.470 Dollar. Diesen Betrag rechnete ein Technologiedienstleister für einen einzigen Leiharbeiter ab. Tatsächlich gab der Mann, dessen Name im Untersuchungsbericht geschwärzt wurde, später zu, einen Großteil seiner Arbeitszeit auf "Online-Dating-Seiten und in privaten Sozialen Netzwerken" verbracht zu haben, "um wenig bekleidete oder nackte Frauen anzuschauen." Insgesamt habe er 95 Prozent der Zeit, die er über seinen Geheimdienstzugang im Internet verbracht habe, "für persönliche Zwecke" genutzt.

Der Fall stammt aus einem mehrere hundert Seiten langen Bericht des Generalinspekteurs der Geheimdienst-Community, der Aufsichtsbehörde für die insgesamt 16 US-Geheimdienste. Die Untersuchung liegt dem Magazin "Vice" vor, das daraus ausführlich zitiert. Tausende von sogenannten Vertragsarbeitern privater Dienstleister arbeiten für die US-amerikanischen Geheimdienste. Der wohl bekannteste unter ihnen war der Whistleblower Edward Snowden, der als Angestellter von Booz Allen Hamilton bei der NSA arbeitete. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 hat im Krieg gegen den Terror die Zahl dieser Leiharbeiter stark zugenommen.

Kritikern ist der Einsatz privater Vertragskräfte im sensiblen Geheimdienstbereich ein Dorn im Auge. Der Bericht gibt ihnen zumindest in einem Punkt recht: Die Dienste scheinen große Probleme zu haben, zu überprüfen, ob die abgerechnete Arbeitsleistung überhaupt erbracht wurde. So zitiert "Vice" das drastische Beispiel eines Mitarbeiters - ausgerechnet im Büro des Generalinspekteurs -, der jahrelang nahezu täglich seinen Dienstzugang für "explizite Sex-Chats" genutzt habe. In der amtlichen Berichtssprache heißt es demnach: "Die Mehrheit des Sex-Chats beinhaltete Versuche, sexuelle Begegnungen nach der Arbeit zu organisieren, Beschreibungen gewünschter sexueller Handlungen und plastische Beschreibungen seiner Genitalien."

410.300 Dollar für nichts

Der Mann wurde nur entdeckt, weil das FBI gegen ihn wegen des Verdachts ermittelte, bei seinen Sex-Chats auch Kontakt zu einer Minderjährigen in Virginia aufgenommen zu haben. Die Bundespolizei informierte darüber den Geheimdienstinspekteur, der den Mann umgehend entließ.

Weniger spektakulär aber laut "Vice" bezeichnend für die Probleme mit den Leiharbeitern ist der Fall eines Mitarbeiters des Nationalen Aufklärungsamtes, das für die US-Geheimdienstsatelliten verantwortlich ist. Zwischen 2005 und 2012 stellte die Firma ManTech Einsätze für insgesamt 410.300 Dollar für den Mann in Rechnung, von denen er eigenen überhaupt keinen geleistet hattet. Im Verhör sagte der Mitarbeiter den internen Ermittler, er habe "das Fehlen einer Aufsicht und von Arbeit im Rahmen des Vertrags genutzt" und Tausende Stunden abgerechnet.

Das Outsourcen von Arbeit in so großem Stil wie bei den Geheimdiensten sei riskant, da den Behörden ausreichend Personal fehle, die Dienstleister zu beaufsichtigen, zitiert "Vice" den Experten Scott Amy von der Organisation Project on Government Oversight. Neben Abrechnungsbetrug deckt der Bericht gravierende Sicherheitsmängel bei den Vertragsmitarbeitern auf. So hätten einige ihre geheime Arbeit vom privaten Laptop aus erledigt - und dabei ungeschützte öffentliche WLAN-Zugänge genutzt. 

"Die Hauptschuld liegt zwar bei den Vertragsunternehmen, doch der Bericht zeigt, dass die Geheimdienste die Situation nicht im Griff haben. Niemand scheint die Vertragsbedingungen durchzusetzen", so Amy. Die Folge seien einerseits Kosten in Millionenhöhe für den Steuerzahler. Andererseits gefährdeten diese Betrüger auch die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten.

Quelle: ntv.de, mbo

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