Vip Vip, Hurra! Ist Nicolas Puschmann ein Gil Ofarim 2.0?


Fragt gerne, ob man weiß, wer er ist: Nicolas Puschmann.
(Foto: IMAGO/Panama Pictures)
Nicolas Puschmann weint im Dezember 2021 in die Kamera und spricht von einer homophoben Attacke. Ein Schock. Der vermeintliche Angreifer muss sich wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten. Nun kommt heraus: Der Reality-Star hat den Angriff frei erfunden.
"Wie ekelhaft können Menschen bitte sein?", fragt Nicolas Puschmann an jenem Winterabend im Dezember 2021. Der Reality-Star schaut direkt in die Kamera. Seine Lippe ist aufgeplatzt, er ist blutverschmiert und hat Tränen in den Augen. Puschmann, sichtlich aufgebracht, spricht von einer homophoben Attacke, die ihm soeben widerfahren sein soll und ergänzt: "Manche Menschen finden uns einfach richtig scheiße! (…) So ist es eben manchmal als schwuler Mann in Deutschland."
Das Video landet - natürlich - auf Instagram und löst sofort starke Gil-Ofarim-Vibes aus. Aber das ist noch lange kein Grund, an der Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Denn es ist wichtig, Opfern zu glauben. Außerdem teilen viele Menschen ihren Alltag im Internet. Doch Empörung ist in den sozialen Medien längst zu einer Währung geworden.
Aber vielleicht, so meint man zuerst, möchte Nicolas Puschmann ja auch nur aufklären. Schließlich gilt der 31-Jährige als Vorbild in der queeren Community und es ist leider eine Tatsache, dass Menschen tagtäglich Angriffen wegen ihrer sexuellen Ausrichtung ausgesetzt sind. So berichtet Puschmann, er sei mit Freunden auf einem Weihnachtsmarkt gewesen, als er durch einen Security-Mitarbeiter besagter Attacke ausgesetzt gewesen sei. Die Empörung darüber war, verständlicherweise, groß.
"Du weißt nicht, wer ich bin!"
Bei Gil Ofarim soll es einst ein "Herr W" gewesen sein, der den Sänger in einem Hotel in Leipzig antisemitisch beleidigt habe. Puschmanns Anschuldigungen richteten sich gegen einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma. Die Ermittlungen nahmen ihren Lauf, der Mann wurde wegen schwerer Körperverletzung angezeigt. Nun kam es, man kann das nicht anders sagen, zum kurzen Prozess.
Das Ergebnis: alles gelogen. Der ehemalige "Prince Charming" wurde weder beleidigt noch mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Wie unter anderem queer.de - das Magazin für die LGBTI-Community - berichtet, habe weder ein homophober Angriff noch eine Körperverletzung stattgefunden.
Das Amtsgericht Hamburg sprach den 39 Jahre alten Mann, den Puschmann vor Gericht gezerrt hatte, frei. Erschütternd in diesem Zusammenhang sind vor allem die Zeugenaussagen. Denn auch sie zeigen Parallelen zur Causa Ofarim. Eine Frau, die auf jenem Weihnachtsmarkt einen Stand betrieben hatte, gab zu Protokoll, Puschmann selbst habe den Security-Mitarbeiter beleidigt und ihn als "fette Wanze" beschimpft.
In einem Interview mit RTL sagte die Zeugin: "Der Herr Puschmann hat sich danebenbenommen. Er war stark alkoholisiert, wollte den Platz nicht verlassen und hat den Security-Mann aufs Übelste beleidigt". Grund des Platzverweises: Puschmann soll auf dem Weihnachtsmarkt einen Wasserschlauch abgerissen haben.
Schließlich habe er sich vor dem Mitarbeiter aufgebaut und immer wieder gesagt: "Du weißt nicht, wer ich bin!" In ruhigem Ton habe der spätere Angeklagte laut der Zeugin daraufhin geantwortet: "Mir egal, wer du bist - wer sich nicht benimmt, verlässt den Platz." "Herr Puschmann hat seine letzte Kraft genommen und ist auf den Security-Mitarbeiter los, der sich letztendlich gewehrt hat. Und Herr Puschmann ist dann gestürzt", so die Zeugin weiter.
Ich war's nicht, der Suff ist es gewesen
Die TV-Persönlichkeit, die 2021 bei der beliebten Tanzshow "Let's Dance" als erster Mann mit einem Mann getanzt hat, inszenierte sich als Opfer und leistete damit der gesamten queeren Community einen Bärendienst. Nun, nachdem der Prozess beendet ist und der Mitarbeiter, den er wegen schwerer Körperverletzung angezeigt hatte, freigesprochen wurde, versucht Puschmann sich herauszuwinden. So schrieb er am 27. Januar in seinen Instagram-Storys, er habe "Fehler gemacht". Der Verteidiger des Security-Mitarbeiters sprach gegenüber RTL "von großen Erinnerungslücken - bei 1, 6 Promille durchaus erklärbar." Und weiter: "Auf der anderen Seite, bei der polizeilichen Vernehmung konnte er sich noch ganz gut erinnern. Er hat möglicherweise den Weg gewählt, der für ihn hier den geringsten Widerstand gebracht hat."
Puschmann selbst sagte vor Gericht kleinlaut: "Es ist mir super unangenehm, so betrunken und wahrscheinlich nicht zurechnungsfähig gewesen zu sein". Frei nach dem Motto: Ich war's nicht, der Suff ist es gewesen.
Das ist an Dreistigkeit kaum zu toppen. In seiner Blasiertheit hat Puschmann eine Verurteilung des Security-Mitarbeiters billigend in Kauf genommen und sich womöglich dafür auch noch von seiner Community als Held feiern lassen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass einige Reality-Stars immense Höhenflüge haben und meinen, über dem Gesetz zu stehen.
Die Frage: "Weißt du überhaupt, wer ich bin?", zeigt vor allem eines: die abgehobene Arroganz eines Menschen, der sich in der Öffentlichkeit gern als mutiger, schwuler Mann präsentiert und sich als Vorbild und Botschafter inszeniert. Was für ein Armutszeugnis. Man kann von Glück reden, dass es für den Vorfall Zeugen gab.
(Dieser Artikel wurde am Freitag, 27. Januar 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de