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Studie zeigt versteckte Kosten So dreckig sind Plug-in-Hybridfahrzeuge wirklich

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Mit Stecker und Auspuff: Autos mit Plug-In-Hybrid-Motor sind nicht so umweltfreundlich, wie viele glauben.

Mit Stecker und Auspuff: Autos mit Plug-In-Hybrid-Motor sind nicht so umweltfreundlich, wie viele glauben.

(Foto: Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE)

Plug-in-Hybride gelten als solide Kompromisslösung: Hersteller bewerben sie als saubere Alternative zum reinen Diesel- oder Benzinmotor und als Antwort auf begrenzte Batteriereichweiten. Eine Studie warnt jedoch vor den versteckten Kosten.

Autos mit Plug-in-Hybridantrieb (PHEV) scheinen das Beste aus zwei Welten zu vereinen: Sie verfügen über eine Batterie, können aber auch mit Kraftstoff betankt und betrieben werden. Skeptikern des E-Antriebs nimmt das die Sorge vor begrenzten Reichweiten und langen Ladezeiten. Zugleich werden die Modelle als saubere Alternative zum konventionellen Diesel- oder Benzinmotor beworben.

Laut einer neuen Studie des EU-Verkehrsverbands "Transport & Environment" (T&E) sind die Hybridfahrzeuge aber bei weitem nicht so klimafreundlich und kraftstoffsparend, wie angenommen. Daten aus dem Realbetrieb von mehr als 127.000 in 2023 gekauften Plug-in-Hybriden zeigen demnach sogar, dass die Stecker-Autos fast genauso umweltschädlich sind wie klassische Verbrenner.

Denn statt den Großteil ihrer Antriebskraft aus der Batterie zu ziehen, fahren die Hybridfahrzeuge nur zu einem kleinen Teil elektrisch. Und selbst im Elektromodus verbrauchen sie noch durchschnittlich drei Liter Benzin pro 100 Kilometer und stoßen 68 Gramm CO2 je Kilometer aus. Für die Besitzerinnen und Besitzer bedeutet das alles in allem versteckte Kosten von durchschnittlich 500 Euro zusätzlich pro Jahr, so das Ergebnis der T&E-Berechnungen.

Autolobby wehrt sich gegen das "Verbrenner-Aus"

Mit dieser Auswertung setzt der Umwelt- und Verkehrsverband T&E ein Zeichen gegen die jüngsten Bemühungen der Automobilwirtschaft, ein als "Verbrenner-Aus" bekannt gewordenes EU-Gesetz aufzuweichen. Denn ab 2035 sollen eigentlich nur noch Neufahrzeuge zugelassen werden, die ohne fossilen Kraftstoff auskommen und kein CO2 mehr ausstoßen.

Unter dem Schlagwort der "Technologieoffenheit" werben Lobbyverbände nun dafür, bestimmte Hybridfahrzeuge von der Vorschrift auszunehmen. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz von der CDU will sich dafür einsetzen, um die deutsche Autoindustrie zu schonen. Sebastian Bock, Geschäftsführer bei T&E Deutschland hält das für falsch. "Plug-in-Hybride dürfen nicht zum trojanischen Pferd der Flottengrenzwerte werden", warnt er.

Gerade deutsche Autobauer haben in den vergangenen Jahren stark auf den Verkauf von Hybridfahrzeugen gesetzt, um ihre vorgeschriebenen EU-Flottengrenzwerte zu erreichen und Strafen zu umgehen. Doch diese Strategie geht bald schon nicht mehr auf, wenn sich die EU-Vorgaben wie geplant verschärfen. "Die Bundesregierung muss unsere Automobilwirtschaft aus dieser technologischen Sackgasse herausführen, um den Automobilstandort fit für die Zukunft zu machen", sagt Bock. "Die kurzfristigen Gewinne der Hersteller mit der Technik von gestern, dürfen nicht wichtiger sein, als die Jobs von tausenden Beschäftigten von morgen."

Die CO2-Ersparnis ist viel geringer als gedacht

Doch was genau ist das Problem mit den Hybriden? Eigentlich sollen die Autos zwischen Batteriebetrieb und Verbrennungsmotor wechseln und so Emissionen und Kraftstoff einsparen. Zwischen den in Laboren durchgeführten Standardtests und der Fahrpraxis auf der Straße liegen aber offensichtlich Welten: Anhand von Messdaten der Europäischen Umweltagentur (EEA) konnte die T&E-Analyse nachweisen, dass die CO2-Emissionen der in 2023 zugelassenen Hybridfahrzeuge im Realbetrieb fast fünfmal so hoch sind wie nach Labortests angegeben. Und: Diese Lücke wird von Jahr zu Jahr größer.

Das liegt unter anderem daran, dass man bislang davon ausgegangen war, dass Fahrzeuge mit Plug-in-Hybridantrieb zu etwa 84 Prozent elektrisch betrieben werden. In Wirklichkeit liegt dieser Anteil - der sogenannte Nutzfaktor - aber näher an 27 Prozent, zeigen die Daten aus der Studie.

Im Durchschnitt stoßen die Autos dadurch in der Praxis nur 19 Prozent weniger CO2 aus als ein Fahrzeug mit klassischem Diesel- oder Benzinmotor, nämlich 135 Gramm pro Kilometer. Das ist fernab der erhofften CO2-Ersparnis von rund 75 Prozent unter Laborbedingungen. Selbst im Elektrobetrieb beträgt der CO2-Ausstoß mehr als das Achtfache dessen, was in offiziellen Tests ermittelt wurde.

Je größer die Reichweite, desto ineffizienter das Modell

Die Studie nennt vor allem einen Grund für die Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit bei Plug-in-Hybriden: Ihr E-Antrieb verfügt oft nicht über genug Leistung für höhere Geschwindigkeiten oder Steigungen. Auf freier Strecke oder Bergetappen muss deshalb der Motor zugeschaltet werden. Im Schnitt unterstützt der Motor auf fast einem Drittel der im Elektromodus zurückgelegten Strecke. Kurioserweise gilt dabei: Je mehr Elektro-Reichweite die Modelle versprechen, desto größer ist ihr Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß. Das wiederum liegt an den großen Batterien, die das Fahrzeug schwerer machen.

Das Phänomen, dass der Elektro-Anteil im Gesamtbetrieb von Plug-in-Hybriden oftmals deutlich geringer ausfällt als angenommen, ist bekannt - auch bei der EU. Genau deshalb wurde auch ein Mechanismus eingeführt, mit dem die Umweltbewertung von Hybridmodellen in den kommenden Jahren schrittweise an die tatsächlich gemessenen Verbrauchs- und Emissionswerte angepasst werden soll. Diese Korrekturen des sogenannten Nutzfaktors führen einerseits dazu, dass der CO2-Ausstoß der Fahrzeuge etwas realistischer eingeschätzt werden kann. Andererseits wächst dadurch der Druck auf die Hersteller, mehr E-Autos zu verkaufen, um die schlechte Bilanz der fossilen und hybriden Flotte am Ende wieder auszugleichen.

Die Hersteller würden sich dem Transformationsdruck natürlich gern entziehen und bearbeiten die EU-Kommission mit Gegenvorschlägen. Bock findet das kontraproduktiv und spricht von einer "abstrusen Lage": "Europäische Autohersteller versuchen europäische Gesetze zu manipulieren, die ihnen eigentlich helfen, wieder Anschluss am Weltmarkt zu finden", sagt er und wirft der Branche vor, notwendige Innovationen auf Kosten von Umwelt und Verbrauchern zu behindern.

Unterdessen bauen chinesische Hersteller ihren Vorsprung in Sachen Elektromobilität immer weiter aus und gewinnen damit Marktanteile dazu. Europas Autoindustrie kann weiterhin versuchen, so lange wie nur möglich am Verbrennermotor festzuhalten. Doch wenn selbst Verbraucher feststellen, dass sie dadurch drauf zahlen, werden sich auch die Unternehmen diesen Weg nicht mehr lange leisten können.

Quelle: ntv.de

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