Auch Spanien erwägt Boykott Der ESC droht zu implodieren
15.09.2025, 16:58 Uhr Artikel anhören
In diesem Jahr vertrat Sängerin Melody Spanien beim ESC - der vorerst letzte Wettbewerbsbeitrag des Landes?
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Liste der Länder, die im Falle einer erneuten Teilnahme Israels mit einem Boykott des Eurovision Song Contests drohen, wird immer länger. Nun kündigt mit Spanien auch einer der sogenannten "Big 5"-Staaten seinen potenziellen Rückzug an.
Nach Ländern wie Irland, Slowenien, Island und den Niederlanden droht nun auch Spanien damit, den Eurovision Song Contest (ESC) im Falle einer Teilnahme Israels zu boykottieren. "Wenn es uns nicht gelingt, Israel auszuschließen, sollte Spanien nicht teilnehmen", sagte Kulturminister Ernest Urtasun im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Wegen der Kritik am militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen hatte Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez bereits im Mai den Ausschluss Israels von dem Musikwettbewerb gefordert. Damals zeigte der spanische Sender RTVE vor der Ausstrahlung des ESC-Finales zudem eine Botschaft, in der "Frieden und Gerechtigkeit für Palästina" gefordert wurde.
"Wir müssen sicherstellen, dass Israel nicht an der nächsten Ausgabe des Eurovision Song Contests teilnimmt", sagte nun Kulturminister Urtasun. Es sei aber Sache der verantwortlichen Europäischen Rundfunkunion (EBU), über eine Teilnahme Israels zu entscheiden.
Israel reagiert erstmals
Spanien zählt neben Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien zu den sogenannten "Big 5"-Staaten beim ESC. Weil diese Länder zu den größten Geldgebern der EBU gehören und zudem einen großen Publikumsanteil stellen, sind sie zusammen mit dem Gastgeber jedes Jahr für das Finale der Veranstaltung gesetzt, während sich die anderen Länder erst in einem Halbfinale dafür qualifizieren müssen.
ESC-Direktor Martin Green hatte vergangene Woche Verständnis für die Bedenken mehrerer Länder angesichts der katastrophalen Lage im Gazastreifen geäußert. Die Konsultationen aller EBU-Mitgliedstaaten zu dem Thema dauerten aber noch an. Die Sender haben bis Mitte Dezember Zeit mitzuteilen, ob sie beim nächsten ESC im Mai in Wien dabei seien.
Israel kündigte unterdessen an, trotz der Boykott-Drohungen anderer Länder am ESC im kommenden Jahr teilnehmen zu wollen. "Es gibt keinen Grund, warum Israel nicht weiterhin ein wichtiger Teil dieses kulturellen Ereignisses sein sollte, das unter keinen Umständen politisch werden darf", sagte der Direktor des israelischen, am ESC teilnehmenden Fernsehsenders Kan, Golan Jochpaz, laut israelischen Medien. Es ist die erste israelische Reaktion nach den Boykott-Androhungen.
Belgien auf der Kippe
Zu den ESC-Teilnehmerländern, die eine Beteiligung Israels kritisch sehen, gehört auch Belgien. In dem Land gibt es zwei öffentlich-rechtliche Sender, die den ESC übertragen. Der französischsprachige RTBF schickt die Kandidatin oder den Kandidaten und teilte mit, die Vorbereitungen fortzusetzen. Eine endgültige Entscheidung werde im Dezember nach der EBU-Generalversammlung getroffen.
Der flämische Sender VRT wiederum erklärte: "Die VRT teilt und unterstützt den Standpunkt der Länder, die sich von der Teilnahme am Eurovision Song Contest zurückziehen." Vom Veranstalter erwarte man ein deutliches Signal und behalte sich ansonsten das Recht vor, den Eurovision Song Contest künftig nicht mehr zu übertragen.
Der österreichische Sender ORF hat sich hingegen bereits eindeutig für eine Teilnahme Israels ausgesprochen. Nach dem österreichischen Sieg mit Sänger JJ beim diesjährigen Wettbewerb in Basel wird der ORF Gastgeber des ESC 2026 in Wien sein.
ESC seit Jahren überschattet
Mit jährlich rund 170 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern ist der ESC das größte im Fernsehen übertragene Musikereignis der Welt. Die diesjährige Ausgabe in Basel zog 166 Millionen Menschen vor den TV-Geräten in 37 Ländern an. Seit Ausbruch des Gaza-Krieges 2023 überschattet der Nahost-Konflikt den ESC. Sowohl beim Wettbewerb in Malmö 2024 als auch in Basel gab es israelkritische Demonstrationen auf den Straßen und auch Pfiffe und Buhrufe im Saal gegen Israels Acts.
Ausgelöst wurde der Gaza-Krieg, bei dem bisher über 60.000 Menschen ums Leben gekommen sein sollen, durch das Massaker der Hamas und weiterer islamistischer Terrororganisationen in Israel mit etwa 1200 Toten am 7. Oktober 2023. Noch heute hat die Hamas über 40 israelische Geiseln in ihrer Gewalt. Wie viele von ihnen noch leben, ist unklar.
Quelle: ntv.de, vpr/dpa/AFP