Mitten im ESC-ChaosDetails zu deutschem Vorentscheid werden publik

Der Eurovision Song Contest drohte zuletzt im Chaos zu versinken. Nach der Ankündigung mehrerer Länder, ihn wegen der Teilnahme Israels zu boykottieren, erscheint seine Zukunft ungewiss. In Deutschland wird für 2026 jedoch unbeirrt geplant.
"United by Music" lautet das Motto des 70. Eurovision Song Contests (ESC), der im Mai in Wien über die Bühne gehen soll. Doch im Jubiläumsjahr der Veranstaltung lässt sich nicht übertünchen, dass es mit der Einigkeit der teilnehmenden Länder nicht allzu weit her ist. Jedenfalls nicht mit Blick auf die Beteiligung Israels an dem Event.
Anfang Dezember entschied die zuständige Europäische Rundfunkunion (EBU), dass Israel auch 2026 wieder - so wie seit 1973 nahezu durchgängig - beim ESC dabei sein darf. Sie gab damit Ländern einen Korb, die wegen des israelischen Vorgehens im palästinensischen Gazastreifen einen Ausschluss des Landes von dem Wettbewerb gefordert hatten.
Spanien, Irland, Slowenien und die Niederlande kündigten daraufhin an, den ESC im kommenden Jahr zu boykottieren. Island erwägt einen derartigen Schritt aktuell noch. Deutschland hingegen begrüßte die EBU-Entscheidung pro Israel ausdrücklich. Neben Regierungssprecher Sebastian Hille brachten dies auch Außenminister Johann Wadephul und Kulturstaatsminister Wolfram Weimer zum Ausdruck.
Vorentscheid am 28. Februar
Dass die Spaltung der ESC-Gemeinde der Veranstaltung schweren Schaden zugefügt hat, steht außer Frage. Welche Folgen das haben wird, ist derzeit noch gar nicht abzusehen. In Deutschland wird dennoch unbeirrt weiter für den ESC in Wien geplant. Was wäre auch die Alternative dazu?
So gab der in diesem Jahr erstmals für die deutsche ESC-Teilnahme zuständige Südwestrundfunk (SWR) bekannt, dass Deutschlands Gesangshoffnung 2026 wieder in einem einmaligen Vorentscheid bestimmt werden soll. Dieser soll unter dem Motto "Eurovision Song Contest - Das Deutsche Finale 2026" am 28. Februar zur Primetime live ausgestrahlt werden.
In der Samstagabendshow würden sowohl Solo-Künstlerinnen und -Künstler als auch Bands antreten, heißt es seitens des SWR. Diese seien durch einen internen Auswahlprozess ermittelt worden. Teil des mehrstufigen Verfahrens seien auch Songwriting-Camps gewesen, "in denen Artists mit international renommierten Songwritern und Producern gemeinsam Songs für den ESC entwickelt" hätten.
Die Auswahl von Songs und Acts sei anschließend durch Expertinnen und Experten aus der Musikbranche, eine internationale Jury sowie Publikumsjurorinnen und -juroren erfolgt. Ins Finale hätten es die Acts geschafft, die am meisten überzeugt hätten. Um wen es sich bei ihnen handelt, solle im Januar bekannt gegeben werden.
SWR übernimmt erstmals die Verantwortung
Seit 70 Jahren zeige der ESC, wie kraftvoll und magisch die Musik als Verbindung sein könne, "aber auch, wie kontrovers immer wieder um Themen gerungen wird", erklärte Tina Sikorski als neue Leiterin der deutschen ESC-Delegation. Der SWR übernimmt 2026 erstmals federführend die Verantwortung für den deutschen Auftritt bei der Veranstaltung. Zuvor hatte der Norddeutsche Rundfunk (NDR) diese Aufgabe beinahe 30 Jahre inne.
"Ich freue mich sehr, dass wir mit der ARD den musikalischen Funken weitertragen. Beim deutschen ESC-Finale werden wir großartige Performances sehen und den perfekten Act finden, der Deutschland beim 70. Eurovision Song Contest leuchten lässt", zeigte sich Sikorski optimistisch.
2025 hatten RTL und ARD unter dem Motto "Chefsache ESC" gemeinsam nach dem deutschen Beitrag für Basel gesucht und dafür gleich mehrere Shows ausgerichtet. Chefjuror war Stefan Raab. In der Finalshow entschied das TV-Publikum, dass Abor & Tynna für Deutschland antreten werden. Nachdem sie beim ESC in Basel den 15. Platz belegt hatten, wurde bekannt, dass es 2026 keine erneute Kooperation von RTL und ARD geben wird.
Der ESC 2026 soll vom 12. bis 16. Mai in der Stadthalle in Wien stattfinden. Sänger JJ, der mit bürgerlichem Namen Johannes Pietsch heißt, brachte den Contest mit seinem Gewinnersong "Wasted Love" von der Schweiz nach Österreich.