Panorama

Britisches Brexit-Chaos Abgeordnete verschiebt Geburt

Tulip Siddiq will die Brexit-Abstimmung im Unterhaus nicht verpassen.

Tulip Siddiq will die Brexit-Abstimmung im Unterhaus nicht verpassen.

(Foto: imago/i Images)

Die Ärzte sind dagegen, doch die Labour-Abgeordnete Tulip Siddiq ist entschlossen: Ihr Sohn soll zwei Tage später per Kaiserschnitt auf die Welt kommen. Der Grund: Der Brexit, der mal wieder für Chaos sorgt.

Es war schon alles geplant. An diesem Dienstag wollte die Labour-Abgeordenete Tulip Siddiq per Kaiserschnitt ihr zweites Kind, einen Sohn, auf die Welt bringen. Womit die Ärzte und sie aber nicht gerechnet hatten: Ausgerechnet am Abend findet die entscheidende Abstimmung über den EU-Austritt des Landes statt, die die überzeugte Brexit-Gegnerin nicht verpassen will. Weshalb sie jetzt beschlossen hat: Ihr Sohn soll zwei Tage später zur Welt kommen. Ihr Ehemann Chris soll sie in einem Rollstuhl zur Abstimmung bringen.

Siddiq wolle die Chance nutzen und "für eine stärkere Beziehung zwischen Großbritannien und Europa" kämpfen, schreibt der "Evening Standard". Die 36-Jährige begründete ihre Entscheidung so: "Wenn mein Sohn selbst einen Tag später als von den Ärzten empfohlen auf die Welt kommt, aber es dafür eine Welt mit einer besseren Chance für eine starke Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und Europa ist, dann lohnt es sich, dafür zu kämpfen."

Da Siddiqs erste Schwangerschaft schwierig war und sie nun unter Schwangerschaftsdiabetes leidet, beschlossen die Ärzte dem Bericht zufolge, das Kind bereits in der 37. Woche auf die Welt zu bringen. Das Wochenende verbrachte die Abgeordnete im Royal Free Krankenhaus. "Der juristische und medizinische Rat des Royal Free war sehr klar", sagte Siddiq. "Das ist eine sehr riskante Schwangerschaft und ich mache dies gegen die Empfehlung der Ärzte."

Die 36-Jährige, die eine Nichte von Bangladeschs Regierungschefin Sheikh Hasina ist, setzt sich für ein zweites Referendum über den EU-Austritt ein. In ihrem Wahlkreis Hampstead and Kilburn im Nordwesten Londons stimmten 76 Prozent für den Verbleib in der EU. "Es ist meine Pflicht, Hampstead & Kilburn zu vertreten, und ich werde das tun", schrieb sie auf Twitter. Zugleich machte sie klar, dass ihr die Entscheidung nicht leichtgefallen sei.

Parlamentssprecher geißelt "reaktionäre Kräfte"

Im britischen Unterhaus ist es nicht möglich, einen Stellvertreter zur Abstimmung zu schicken. Der Sprecher des Unterhauses, John Bercow, kritisierte diese Regelung scharf, wie der "Guardian" schreibt. Siddiq solle es erlaubt werden, jemand anders für sie wählen zu lassen, damit sie ihren Kaiserschnitt nicht verschieben müsse, sagte er vorm Parlament. Es sei Zeit, dass die "reaktionären Kräfte" überwunden würden. Bercow forderte von den konservativen Tories und der Labour-Partei, ein Stellvertreter-System einzuführen. Die Vorstellung, "dass eine Abgeordnete in einem Rollstuhl durch die Lobby geschoben werde, ist völlig unzivilisiert". Die Situation sei "beklagenswert".

Im Unterhaus geht es bei der Abstimmung am Abend um viel. Nach monatelangen Verhandlungen müssen die Abgeordneten über den von Premierministerin Theresa May ausgehandelten Brexit-Deal abstimmen. Dieser steht allerdings von vielen Seiten in der Kritik. Viele Parlamentarier wehren sich generell gegen den EU-Austritt und kämpfen für ein zweites Referendum. Hardliner bei den Tories wiederum wollen eine schärfere Loslösung von der EU.

Alles zur Brexit-Abstimmung finden Sie in unserem Liveticker.

Quelle: ntv.de, ghö

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