Lidl und die Qualitätsfrage Bayerns Metzger wetzen die Messer
13.04.2015, 19:31 Uhr
Lidls neue Werbeoffensive "Woran erkennt man ... ?" erregt die Gemüter.
(Foto: youtube/lidl)
Nach #lidllohntnicht und der satirischen Initiativbewerbung eines Dorfbäckers wetzen nun auch die Fleischer die Messer gegen die Supermarktkette Lidl. Die Frage nach der Qualität sollte man hier besser gar nicht mehr stellen.
Gutes Fleisch erkennt man am guten Geschmack, an umfassenden Qualitätsprüfungen und an einem guten Preis. Gleiches gilt für Kaffee, Schokolade, Obst und Gemüse, Brot und Wein. So lässt sich die Anfang des Jahres gestartete Imagekampagne von Lidl auf den Punkt bringen. Jahrelang rührte der Discounter mit einer aggressiven Preispolitik die Werbetrommel, nun sollen offenbar andere Prioritäten gelten. Statt "Lidl ist billig", wirft die Supermarktkette neuerdings mit Begriffen wie "Fairness, Nachhaltigkeit und Qualität" um sich.
Dieses Vorgehen stößt nun auch den bayrischen Metzgerbetrieben bitter auf. "Fleisch vom Discounter ist weder günstig noch nachhaltig", konstatiert der Fleischerverband Bayern in seiner Stellungnahme. Lidl suggeriere den Kunden, dass transparente Produktion zu Ramschpreisen möglich sei und dabei auch noch das Tierwohl im Vordergrund steht.
So wirbt der Lebensmittel-Discounter auf seiner Homepage mit einem günstigen Preis und hohen Verkaufsmengen als Zeichen von Qualität: "Wirtschaftliche Interessen und verantwortliches Handeln lassen sich vereinen", heißt es und weiter: "Unsere guten Fleischpreise erzielen wir durch eine durchweg optimierte Prozesskette und große Abverkaufsmengen."
Ein Kilo Putenbrust für 5,99 Euro?
Georg Schlagbauer, Präsident des Bayerischen Handwerkstages und Landesinnungsmeister des Fleischerverbandes Bayern, bewertet die Lidl-Kampagne als Farce und verweist auf die Nicht-Regierungsorganisation Slowfood Deutschland, die berechtigterweise fragt: "Ist es denn möglich, dass bei einem aktuellen Preis von 5,99 Euro pro Kilogramm für Putenbrust die Tiere ein artgerechtes Leben hatten?"
Deutlich werde in der Werbung auch, dass die Kompetenz für das Lebensmittel Fleisch fehle, so Schlagbauer. Weder zähle Jungbullenfleisch zum zartesten Fleisch auf dem Markt noch reichen zwei Wochen Reifezeit für Spitzenqualität. Der Discounter biete weiterhin Fleisch aus Massentierhaltung an, was sich mit einer vernünftigen, artgerechten Tierhaltung nicht vereinbaren lasse.
Besonders verärgert zeigt sich der Verband darüber, dass Lidl den Verkauf durch kompetentes Fachpersonal infrage stellt. So heißt es in einem der Image-Spots: "Gutes Fleisch erkennt man nicht daran, dass es vor Ihren Augen abgewogen und über den Tresen gereicht wird." Schlagbauer sagt dazu: "Gerade der Discounter, der durch die Überwachung seiner Mitarbeiter aufgefallen ist, sollte nicht über die Wertigkeit kompetenten Fachpersonals entscheiden."
#Lidllohntnicht
Für Lidls Image-Kampagne gab es schon ausreichend Spott. In den sozialen Netzwerken machen sich Verbraucher unter dem Hashtag #lidllohntnicht lustig. "Woran erkennt man eigentlich gute Äpfel? Gute Äpfel erkennt man am schimmeligen Innenleben", schreibt ein User bei Twitter. Ein anderer fragt: "Woran erkennt man eigentlich gutes Mousse? Nicht an den Zutaten!" Zuletzt startete ein Dorfbäcker aus Sachsen eine Gegenbewegung zu Lidls Anti-Handwerk-Kampagne. Für seine satirische Initiativbewerbung als Produktionshelfer bei der Supermarktkette bekam er große mediale Aufmerksamkeit. Auf Facebook bekam sie 10.000 "Likes". Über 7000-mal wurde die fiktive Bewerbung geteilt.
"Die neue Kampagne von Lidl ist eine Diskriminierung guter, ehrlicher und sauberer Handwerksbetriebe, die tatsächlich Qualität liefern. Sie streut den Kunden Sand in die Augen", kritisiert auch Slowfood. Statt dem Handwerk weiter zu schaden, solle die Kette lieber die aktuelle Marketing-Offensive einstellen und seine Sortiments- und Preispolitik von unabhängigen Sachverständigen prüfen lassen.
Ein Lidl-Spot endet mit den Worten: "Eigentlich wissen wir doch alle ganz genau, was gut für uns ist." Das sieht Schlagbauer auch so: "Der Einkauf beim Discounter mit seinen Dumpingpreisen ist weder günstig noch nachhaltig." Auf die Frage, woran man denn gutes Fleisch erkenne, meint er: "Vielleicht daran, dass es nicht von Lidl kommt".
Quelle: ntv.de