Panorama

Nächstenliebe auf Tour Die Taxi-Fee von Florenz

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Tante Caterina kutschiert am liebsten ganz besondere Superhelden - und macht sich damit selbst zu einer Superheldin. Würde sie selbst natürlich nie so sagen ...

Tante Caterina kutschiert am liebsten ganz besondere Superhelden - und macht sich damit selbst zu einer Superheldin. Würde sie selbst natürlich nie so sagen ...

(Foto: A. Affaticati)

Seit 20 Jahren fährt Zia Caterina in ihrem bunten Taxi ganz besondere Fahrgäste durch die Stadt. Es sind junge Superhelden und -heldinnen, die tapfer gegen Krankheiten kämpfen. Manchmal auch gegen unheilbare.

Zia Caterina - Tante Caterina - ist Taxifahrerin in Florenz, aber keine herkömmliche, ganz im Gegenteil. Das sieht man sofort an ihrem Taxi und ihrem Outfit. Und das Taxi, Model London Cab, ist das verrückteste, bunteste, lustigste der Stadt, bemalt mit Fantasielandschaften, witzigen Tieren, Figuren und natürlich mit Zia Caterina.

Ihre Aufmachung ist gewagt und herzlich, wenn man das so sagen kann: Auf dem weißblonden, zu Zöpfen geflochtenen Haar sitzt ein Strohhut mit Papierblumen. Über Rock, Pulli und Jacke trägt sie einen Umhang in Pink, den sie mit den Armen immer wieder auffächert, als würde sie, einem Schmetterling ähnlich, gleich wegfliegen. Ihre Lippen sind knallrosa und ihre grünblauen Augen strahlen hinter der großen, schwarz umrandeten, runden Brille. Man würde sie um die Mitte 50 schätzen, die Bekleidung macht sie aber ein wenig jünger, als sie wirklich ist.

Das Schicksal machte sie zu Zia Caterina

Fällt auf!

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(Foto: A. Affaticati)

Wie immer kündigen sich Zia Caterina und ihr Taxi mit einem fröhlichen Hupen an. Für die Florentiner ist sie mittlerweile eine Institution, der sie freudig zuwinken, mit der sie auch gerne ein wenig plaudern, wenn es die Zeit zulässt. Für ihre ganz besonderen Fahrgäste, die sie Supereroi nennt, ist sie stattdessen die gute Fee, die ihnen trotz allem ein wenig Fröhlichkeit und Sonnenschein schenkt. Seit 20 Jahren fährt Zia Caterina nämlich schwerkranke Kinder zu chemotherapeutischen oder anderen Behandlungen ins städtische Kinderkrankenhaus Meyer.

Es war das Schicksal, das Caterina Ballandi, so heißt sie mit vollem Namen, zu Zia Caterina machte. "Mein Lebensgefährte Stefano ist vor etwas mehr als 20 Jahren gestorben", erzählt sie ntv.de. "Er war mit Leib und Seele Taxifahrer und bat mich kurz vor seinem Tod, sein Taxi zu übernehmen. Und ich versprach es ihm."

Am Anfang war sie nur eine ganz normale Taxifahrerin. Da es aber immer wieder vorkam, dass sie Eltern mit ihren kranken Kindern ins Kinderkrankenhaus Meyer fuhr, beschloss sie irgendwann, diese gratis zu fahren.

Das Krankenhaus Meyer zählt in Italien zu den besten im Bereich der Kinderonkologie, weswegen die Patienten von überall kommen. "Für viele Eltern bedeutet das aber neben der enormen seelischen Belastung auch eine große finanzielle", fährt Caterina Ballandi fort, daher ihr Entschluss. Ihre Hilfsbereitschaft finanziert sie zum Teil noch immer aus eigener Tasche, seit 2006 gibt es aber auch die Hilfsorganisation Onlus "Milano 25 ODV", über die man sie unterstützen kann. Der Name "Milano 25" erinnert an das Taxi ihres verstorbenen Lebensgefährten, das so hieß. Und wer noch mehr wissen will, hier die Website, wenn auch nur auf Italienisch.

Ein Taxi wie Villa Kunterbunt

So viel mehr als eine Taxifahrerin.

So viel mehr als eine Taxifahrerin.

(Foto: A. Affaticati)

Für Zia Caterinas Mission ist das Modell London Cab wie gemacht. "Ich finde das Innere dieser Taxis super, es ist, als würde man in einem Wohnzimmer Platz nehmen und so kann man sich ein wenig wie zu Hause fühlen."

Ihr Taxi-Wohnzimmer erinnert an Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt, alle möglichen Stofftiere liegen da herum. Geschenkt wurden sie ihr von ihren kleinen Supereroi, die um ihr Leben kämpfen. Hier und da ist der Kranke aber ein Erwachsener. Gerade fährt sie einen Vater und seine drei Kinder täglich ins Krankenhaus, wo die Frau und Mutter im Endstadium liegt. Das Paar stammt ursprünglich aus Bangladesch, ihre Mädchen sind 18, 11 und dann ist da noch die Kleine, die so um die fünf, sechs Jahre alt sein müsste.

Alle vier würden von früh bis abends am Sterbebett sitzen, erzählt Zia Caterina, weswegen sie dem Vater vorgeschlagen hatte, zumindest mit der Kleinen eine Runde durch Florenz zu fahren. Das macht sie oft auch mit ihren Patienten. Bevor es ins Krankenhaus geht, kutschiert sie diese eine Weile durch die Stadt. "Der Vater hat aber dankend abgelehnt, auch die Kleine soll wie die Schwestern bis zum Ende bei der Mutter bleiben. Für uns hört sich das befremdlich an, dass ein Kind dem Tod der Mutter beiwohnen soll. Ich habe aber gelernt, dass jede Kultur ihre eigenen Rituale hat, und es steht mir nicht zu, über diese zu urteilen."

Die Kinder sind für sie die Supereroi, die Superhelden, sie ist für die Kinder die gute Fee. Deshalb war sie unlängst auf Wunsch einer ihrer Superheldinnen bei einem Arztbesuch anwesend. Die Ärzte hatten das Mädchen von Kopf bis Fuß mehrmals und aufs Gründlichste durchgecheckt, standen aber am Ende genauso ratlos da wie am Anfang. Der Befund lautete: "Wir wissen nicht, was du hast." Caterina fand das so unglaublich, dass sie lachen musste, "und das war für das Mädchen so befreiend, dass auch sie zu lachen begann".

"Auf nach Berlin"

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Freilich, das Schicksal der jungen Fahrgäste nimmt sie mit. Doch obwohl sie jeden Tag an vorderster Front steht, macht sie weiter. Versucht ihren Schützlingen, wann immer es möglich ist, auch ihre Wünsche zu erfüllen. Was eine Fahrt nach London sein kann oder das Treffen mit einem bekannten Sänger. Demnächst wird sie mit ihrem Taxi ein paar ihrer Superhelden nach Berlin fahren, um ihr Buch "Taxi Milano 25 - Wie Tante Caterina den Himmel auf die Erde bringt" (erschienen im Echter Verlag) vorzustellen. Im Buch geht es um sie, Zia Caterina, aber auch um ihre Superhelden. Manchmal sind es Geschichten mit einem Happy End, andere Male wird der Superheld "in den Himmel neu hineingeboren", wie sie sagt. "Die Präsentation wird im 25hours Hotel Bikini, das gleich beim Zoo ist, stattfinden und der Besuch im Tiergarten wird für die Kinder ein besonderes Erlebnis sein." Wann genau es nach Berlin geht, weiß sie aber noch nicht.

Der Großteil ihrer Kollegen mag sie und zollt ihr großen Respekt "es gibt aber auch einige, die sich an mir stören. Aber was soll's", sagt sie lächelnd. Das mit dem Mögen ist auch bei den "normalen" Fahrgästen unterschiedlich. Für die einen ist ihr Taxi eine freudige Überraschung, in die sie sich gerne setzen und erzählen lassen, worum es da geht. Für andere ist es eher peinlich und macht sie befangen. "Die blocken vollkommen ab. Versuche ich, mit ihnen zu sprechen, dann sagen sie 'tut mir leid, ich muss arbeiten' und kleben sich das Handy ans Ohr."

Wer aus Florenz eine ganz besondere Erinnerung nach Hause nehmen möchte, der sollte eine Fahrt mit ihrem Taxi machen und sich von ihr erzählen lassen.

Quelle: ntv.de

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