Trauriges Studienergebnis Ein Viertel der Deutschen plagt die Einsamkeit
07.11.2023, 13:57 Uhr Artikel anhören
Depressionen können das Gefühl von Einsamkeit noch verstärken.
(Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)
Im Alter geht die Zahl der sozialen Kontakte in der Regel zurück. Doch das Gefühl, von Umwelt und Mitmenschen abgeschnitten zu sein, haben mittlerweile auch viele junge Menschen.
Ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland fühlt sich sehr einsam. Bei Menschen mit Depression ist es sogar jeder Zweite, wie aus einer Umfrage der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention in Leipzig hervorgeht, die von der Deutsche-Bahn-Stiftung gefördert wurde. Das Gefühl der Einsamkeit ist dabei oft unabhängig von der tatsächlichen Zahl der Kontakte.
Das zeigt sich zum Beispiel an den unterschiedlichen Angaben der einzelnen Altersgruppen: So fühlten sich 21 Prozent der Menschen zwischen 60 und 69 Jahren sehr einsam. 40 Prozent von ihnen gaben an, nur null bis vier Kontakte an einem durchschnittlichen Wochentag zu haben. Bei den Jüngeren zwischen 18 und 59 Jahren war es umgekehrt. Sie hatten im Schnitt mehr Kontakte - nur 22 Prozent gaben eine so niedrige Zahl an - fühlten sich aber dennoch häufiger sehr einsam. 26 Prozent von ihnen gaben das an.
Unter den Menschen mit Depression fühlt sich der Studie zufolge eine Mehrheit, nämlich 53 Prozent, sehr einsam. Auch depressiv Erkrankte mit guten Sozialkontakten fühlten sich deutlich häufiger sehr einsam als nicht depressive Menschen, wie die Umfrage ergab. "Sogar im Kreise der Familie oder Freunde haben viele Menschen in der depressiven Krankheitsphase das quälende Gefühl, von Umwelt und Mitmenschen abgeschnitten zu sein", erklärte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention, Ulrich Hegerl.
Tatsächlich haben depressive Menschen auch weniger Kontakte. Dies sei oft eine Folge des sozialen Rückzugs, über den 82 Prozent der betroffenen Befragten berichteten. Gründe dafür seien Kraftlosigkeit, die Sehnsucht nach Ruhe oder das Gefühl, eine Belastung für andere zu sein. Mehr als vier von fünf befragten Erkrankten gaben dennoch an, im privaten Umfeld Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Depression zu bekommen.
Am besten könnten Angehörige unterstützen, indem sie einen Termin beim Arzt organisierten und den Betroffenen gegebenenfalls dorthin begleiteten, riet Hegerl. Nach dem Abklingen der Depression hätten Erkrankte wieder Lust und Energie, um ihre sozialen Kontakte zu pflegen. Insgesamt haben der Studie zufolge 86 Prozent aller Befragten das Gefühl, dass heute mehr Menschen einsam sind als vor zehn Jahren. Befragt wurden im September 5196 Menschen zwischen 18 und 69 Jahren.
- Bei Suizidgefahr: Notruf 112
Deutschlandweites Info-Telefon Depression, kostenfrei: 0800 33 44 5 33
- Beratung in Krisensituationen: Telefonseelsorge (0800/111-0-111 oder 0800/111-0-222, Anruf kostenfrei) oder Kinder- und Jugendtelefon (Tel.: 0800/111-0-333 oder 116-111)
- Bei der Deutschen Depressionshilfe sind regionale Krisendienste und Kliniken zu finden, zudem Tipps für Betroffene und Angehörige.
- In der Deutschen Depressionsliga engagieren sich Betroffene und Angehörige. Dort gibt es auch eine E-Mail-Beratung für Depressive.
- Eine Übersicht über Selbsthilfegruppen zur Depression bieten die örtlichen Kontaktstellen (KISS).
Quelle: ntv.de, mba/AFP