Viele werden gewinnen "El Gordo" versetzt Spanier in Euphorie
21.12.2018, 15:47 Uhr
Schon ab Juli kann man die Lose kaufen, aber die meisten warten bis kurz vor der Ziehung der Gewinnzahlen.
(Foto: imago/Pacific Press Agency)
Unzählige Menschen kaufen die Lose, Kinder singen die Glückszahlen und am Ende feiert ganz Spanien die glücklichen Gewinner: Es ist wieder "El Gordo"-Zeit. Die Weihnachtslotterie hat schon ganz große Träume wahr gemacht.
An der Plaza de la Puerta del Sol in Madrid hat sich vor dem staatlichen Lotterieverkauf eine lange Warteschlange gebildet. Geduldig stehen sich die Menschen die Beine in den Bauch, um sich ihre Teilnahme am jährlichen Weihnachtsspektakel "El Gordo", "Der Dicke", zu sichern. Einige sind von weit her gekommen, um sich genau hier mit Losen einzudecken. "Wir kommen jedes Jahr von Teneriffa zu dieser Plaza. Hier gibt es immer Gewinner, weil es so viele Losnummern gibt", sagt eine Frau in einer blauen Jacke. Ein Mann aus der Stadt Huelva in Andalusien stimmt ihr zu. "Du bekommst hier in diesem Laden 70 oder 80 Prozent aller Losnummern. Da haben wir die meisten Chancen." Er und seine Familie reisen nur deswegen jedes Jahr in die Hauptstadt, erzählt er. Manchmal müssten sie zwei, gar drei Stunden anstehen.
Die Lotterie hat eine lange Tradition. Sie wird seit über 200 Jahren ausgespielt. Seit 50 Jahren ist sogar das Fernsehen live dabei, wenn an jedem 22. Dezember stundenlang die Gewinnzahlen gezogen werden. Und der Traum vom großen Geld versetzt ganz Spanien kurz vor Weihnachten in Euphorie. Der Pott ist in diesem Jahr sagenhafte 2,38 Milliarden Euro schwer. Nirgendwo sonst auf der Welt wird im Rahmen einer Verlosung so viel Geld auf einmal ausgeschüttet. Die Gewinnchance einer einzigen Losnummer liegen deutlich höher als beispielsweise in Deutschland. Jeder zehnte Spieler bekommt mindestens seinen Einsatz zurück. Insgesamt werden über 15.000 Gewinne verteilt. Bei nur 100.000 Losnummern sehen die Spieler eine realistische Chance, sich den Dicken zu fischen. Vier Millionen Euro wären das. Vor Steuern, versteht sich.
Weil längst viel mehr Menschen spielen, als es Losnummern gibt, werden alle fünfstelligen Zahlen in Dutzenden Serien aufgelegt. 2018 wird jede Losnummer 170 Mal angeboten. Es sind also 170 Hauptgewinne auf dem Markt, die zusammen 680 Millionen ergeben. Ein Los kostet 200 Euro. Weil das für viele Spieler den Rahmen sprengt, werden für 20 Euro Zehntellose angeboten, die den Gewinn entsprechend reduzieren. Es blieben aber immer noch 400.000 Euro.
Reichtum für einfache Leute
Agustín Ramos Rodriguez ist der wohl bekannteste Betreiber einer der landesweit Tausenden staatlichen Verkaufsstellen. Dabei ist er noch nicht sonderlich lange im Geschäft. Vor zweieinhalb Jahren verschuldete er sich, um eine eigene Filiale im Madrider Stadtbezirk Acacias zu eröffnen. Ohne viel Erfahrung entschied er sich dazu, alle damals angebotenen 165 Serien diverser Lose zu abonnieren, um sie exklusiv in seinem Laden anzubieten. Eine eher ungewöhnliche Strategie, weil viele Anbieter lieber auf eine breite Streuung von Losnummern setzen, so wie jene an der Puerta del Sol. Für Rodriguez und die Nachbarschaft aber war es ein Volltreffer. 165 Mal hatte er den Dicken im Angebot. Dutzende einfache Leute zählten zu den glücklichen Gewinnern. Das Stadtviertel teilte sich 660 Millionen Euro.
"Das war der absolute Wahnsinn. Es herrschte reine Glückseligkeit. Und für unseren kleinen Laden wie unseren war es ein Segen", sagt Rodriguez. Wegen seines plötzlichen Rufs als Quell des Reichtums warf sein Laden in den folgenden Monaten enorme Umsätze ab, weil Spieler hofften, hier auch bei anderen Auslosungen abzuräumen. Mehr noch gehörte Rodriguez mit einem Zehntellos selbst zu den Gewinnern. "Ich habe meine Schulden abbezahlt, meine ganzen Hypotheken, so wie das die meisten Gewinner hier in der Gegend gemacht haben", erzählt er.
Nur 150 Meter von seinem Geschäft entfernt ließen José Garcia und Marí Àngeles Escudero vor ihrem Obstladen ebenfalls die Korken knallen an diesem denkwürdigen Tag vor zwei Jahren. 800.000 Euro gewannen sie, kauften sich eine Eigentumswohnung und ein deutsches Luxusauto. "Bei mir hat der Gewinn vor allem psychologisch was verändert. Ich mache mir nach dem Aufstehen keine Sorgen mehr, wie viel Obst ich am Tag verkaufen muss. Das ist eine große Erleichterung", sagt Garcia. Seine Lose für die kommende Ausspielung trägt der Familienvater ständig in der Brusttasche seines Oberhemds herum. "Sie sollen meinen Herzschlag spüren" sagt er. Er ist sicher: Das bringt ihnen noch einmal Glück, wenn am Samstagmorgen wie jedes Jahr die Kinder der Madrider Schule San Ildefonso die Nummern der Gewinnlose vor einem Millionenpublikum an den Fernsehschirmen vorsingen.
Gesungene Glückszahlen
Die Schule war früher ein Waisenhaus. Heute werden dort Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen unterrichtet. Nerea Pareja Martinez ist elf Jahre alt. Sie war schon im letzten Jahr eine der Glücksfeen. "Auch wenn ich nicht den Dicken gewinne, darf ich immerhin dabei sein. Und so viele Menschen schauen uns dabei zu", sagt sie. Damit tatsächlich nichts schiefgeht bei der Liveübertragung, trainieren die Kinder mehrfach ihren Auftritt. Von den anderen in der Schule werden sie für ihren Ruhm beneidet. Arancha Martinez ist eine der Erzieherinnen. "Die Kinder melden sich freiwillig, das sind natürlich viele, die mitmachen wollen. Bei der Auswahl geht es dann ein wenig um die Stimme, das Talent zum Singen. Aber sie müssen auch beweisen, dass sie sich auf der Bühne konzentrieren können."
Die Gewinnlose und die jeweiligen Summen, die auf sie entfallen, werden automatisch gezogen. Die Kinder tragen die Kugeln über die Bühne und singen dabei ihre Zahlen. Rund die Hälfte aller spanischen Haushalte wird das Ereignis im Fernsehen verfolgen. Spätestens gegen Mittag wird es dann Dutzende neue Millionäre im Land geben. Und am Tag danach die Bilder feiernder Menschen in den Tageszeitungen.
Quelle: ntv.de