Panorama

Großbrand in Ludwigshafen Ein Toter bei Explosion am BASF-Werk

Blick aus der Luft entlang des Rheins Richtung Süden: Im Vordergrund der Nordhafen mit der Unglücksstelle, dahinter das BASF-Werksgelände und Ludwigshafen, linker Hand liegt Mannheim.

Blick aus der Luft entlang des Rheins Richtung Süden: Im Vordergrund der Nordhafen mit der Unglücksstelle, dahinter das BASF-Werksgelände und Ludwigshafen, linker Hand liegt Mannheim.

(Foto: dpa)

Alarm im größten Chemiewerk der Welt: Nach einer Explosion am Hafen brechen mehrere Brände aus. Mindestens ein Mensch kommt bei dem Unglück ums Leben. Mehrere Personen gelten noch als vermisst. Die Anwohner werden aufgefordert, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Der Einsatz dauert an.

Die gewaltige Explosion auf einem Gelände des Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen hat mindestens ein Todesopfer gefordert. "Heute ist ein trauriger Tag für BASF", bestätigte BASF-Werksleiter Uwe Liebelt. "Nach aktuellem Kenntnisstand gehen wir von mindestens sechs Verletzten und sechs Vermissten aus."

Dunkle Rauchschwaden ziehen über den Rhein: Anwohner sollen sicherheitshalber Aufenthalte im Freien vermeiden sowie Türne und Fenster geschlossen halten.

Dunkle Rauchschwaden ziehen über den Rhein: Anwohner sollen sicherheitshalber Aufenthalte im Freien vermeiden sowie Türne und Fenster geschlossen halten.

(Foto: dpa)

Die genaue Zahl der Verletzten ist noch unklar. Die Lage sei noch sehr unübersichtlich und ändere sich von Minute zu Minute, erklärte der Ärztliche Direktor der BASF, Stefan Lang, bei einer Pressekonferenz am Nachmittag. Weitere Leichtverletzte hätten sich möglicherweise selbst in ärztliche Behandlung begeben, sagte er. "Wir müssen uns jetzt darum kümmern, die Vermissten zu finden", erklärte ein Sprecher der Behörden. Alles andere sei zunächst nachrangig.

Das Feuer auf dem BASF-Gelände in Ludwigshafen sei unter Kontrolle, teilte die Feuerwehr am frühen Abend mit. Es sei aber noch nicht gelöscht, sagte der Leiter der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen, Peter Friedrich. Man hoffe, den Brand bis in die Abendstunden einzudämmen. Im Einsatz seien 100 Mann der Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr Ludwigshafen sowie 62 Mann der Werksfeuerwehr. Auch Notfallseelsorger sowie weitere Rettungskräfte seien vor Ort.

Feuerwehrleute unter den Vermissten?

Von der schwarzen Rauchsäule über dem Unglücksort gehe keine Gefahr für die Bevölkerung aus, betonte BASF-Werksleiter Liebelt. Auch er ging davon aus, dass die Löscharbeiten in den Abendstunden abgeschlossen werden könnten. Erst danach könne nach den vermissten Menschen gesucht werden. Bei den Vermissten könnte es sich demnach auch um Feuerwehrleute handeln.

Die Ursache für die Explosion ist nach Angaben der BASF noch unklar. "Wir werden natürlich alles daran setzen, das schnell in Erfahrung zu bringen", sagte Liebelt. Es gebe auch noch keine näheren Erkenntnisse, welcher chemische Stoff in Brand geraten sei. In dem Hafen würden Flüssiggase, aber auch brennbare Flüssigkeiten verladen. Zum Ausmaß der Schäden und etwaigen Folgen für den Betrieb des Chemiewerks wollte er sich nicht äußern. "Das ist für uns heute irrelevant", sagte Liebelt.

Explosion beim Eintreffen der Feuerwehr

Vor der Explosion war nach Angaben des Unternehmens zunächst eine Versorgungsleitung in dem Hafengebiet in Brand geraten. Als die Werksfeuerwehr zum Löschen eingetroffen sei, "kam es dann zu einer Explosion", wie Liebelt erklärte. Gefährdungen der Bevölkerung durch die Luft seien derzeit nicht messbar, teilte das Unternehmen mit. Welche Stoffe bei dem Vorfall frei wurden, war zunächst unklar. Der Nordhafen sei durch eine Wassersperre vom Rhein abgetrennt worden, um den Austritt von Chemikalien in das Flusssystem zu verhindern.

Pressekonferenz in Ludwigshafen: Der Werksleiter des BASF-Werkes Ludwigshafen, Uwe Liebelt (r.), spricht.

Pressekonferenz in Ludwigshafen: Der Werksleiter des BASF-Werkes Ludwigshafen, Uwe Liebelt (r.), spricht.

(Foto: dpa)

Den Einsatzkräften sei es gelungen, Schlimmeres zu verhindern, betonte ein Vertreter der Stadt Ludwigshafen. Der Einsatz sei allerdings noch nicht abgeschlossen. Zunächst ginge es darum, die Unfallstelle zu sichern, die angrenzenden Anlagen herunterzufahren und brandgefährliche Stoffe aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Erst danach könnten Rettungskräfte die Arbeiten vor Ort aufnehmen. Die Einsatzleitung hofft, bis zum Abend Gewissheit über den Zustand der vermissten Personen zu erlangen.

"Mehrere Folgebrände"

Der Zwischenfall ereignete sich nach Angaben des Konzerns am Vormittag gegen 11.20 Uhr im Landeshafen Nord. Nach der Explosion gegen 11.30 Uhr seien "mehrere Folgebrände" entstanden, hieß es. Beim Abbrennen von Reststoffen aus den Rohrleitungen hätten sich zudem "Fackeln" gebildet, teilte der Dax-Konzern mit.

Das Hafengelände, das von der BASF verwaltet wird, liegt unmittelbar nördlich des riesigen BASF-Chemiewerks am Standort Ludwigshafen. Das BASF-Werk in Ludwigshafen ist das größte zusammenhängende Chemieareal weltweit. Einsatzkräfte aus der gesamten Region sind im Einsatz, darunter auch ein Feuerlöschboot aus Mannheim.

Warnung an Anwohner

Die Feuerwehr gab eine Gefahrenwarnung heraus: Die Anwohner rund um das betroffene Betriebsgelände wurden aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben, Türen und Fenster geschlossen zu halten sowie Lüftungs- und Klimaanlagen abzuschalten.

Der Augenblick der Explosion: Ein orangeroter Feuerball steigt über dem Hafen nördlich des Werksgeländes auf.

Der Augenblick der Explosion: Ein orangeroter Feuerball steigt über dem Hafen nördlich des Werksgeländes auf.

(Foto: imago/7aktuell)

Am Nachmittag weiteten die Behörden die Warnung aus: Die Feuerwehr rief auch die Bewohner einiger Stadtteile in der Nachbarstadt Mannheim dazu auf, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Betroffen seien Sandhofen, Scharhof und Kirschgartshausen, die gegenüber von BASF auf der anderen Rheinseite liegen. Bei Messungen seien bislang keine gefährlichen Stoffe in der Luft festgestellt worden, betonte die Stadt. Es könne aber Geruchsbelästigungen und Sichtbehinderungen geben.

Über dem Norden der Stadt hing eine große, weithin sichtbare Rauchwolke. Soweit möglich, sollten sie sich niemand in der Umgebung des Werks im Freien aufhalten, warnten die Behörden. Autofahrer sollten den Bereich Oppau, Edigheim und Pfingstweide großräumig umfahren, wie die Polizei mitteilte.

Großalarm in der Region

Kindergärten und Schulen in den Stadtteilen Edigheim und Pfingstweide wurden informiert, dass Kinder und Jugendliche zunächst dort bleiben sollten. Der normale Schulbetrieb ruht zurzeit jedoch in Rheinland-Pfalz wegen der Herbstferien. An einem Werkstor wurde ein Infozelt für Anwohner aufgebaut.

Info-Hotline

Nach der Explosion beim Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen haben Behörden und das Unternehmen Informations-Telefone geschaltet:

Feuerwehr Ludwigshafen: +49 621 57086000

BASF-Bürgertelefon: +49 800 5050500

Umweltzentrale: +49 621 604040

Für betroffene Anwohner in Ludwigshafen richtet BASF zudem ein Infozelt an Tor 11 ein.

In den westlich des Werksgeländes gelegenen Stadtteile Edigheim und Pfingstweide klagten einige Anwohner über Atembeschwerden, teilte die Stadt Ludwigshafen mit. Erkundungswagen der Feuerwehr seien unterwegs, hieß es. Die Ursache für die Explosion ist noch unklar. Nach Angaben der Polizei in Ludwigshafen gibt es keine Hinweise auf einen Terroranschlag.

Im Norden von Ludwigshafen lösten die Warnsysteme der Behörden nach der Explosion zeitweise die Warnsirenen aus, wie eine Sprecherin der Stadt bestätigte. Bei der Berufsfeuerwehr sei ein Krisenstab eingerichtet worden.

Verpuffung in Lampertheim

Mit der Rohrleitungs-Trasse, an der die Explosion ausgelöst wurde, werden nach Angaben einer BASF-Sprecherin Vorprodukte von Schiffen zu den Produktionsstätten transportiert. Aus Sicherheitsgründen wurden nach der Explosion dem Unternehmen zufolge die zwei sogenannten Steamcracker sowie weitere Anlagen am Standort heruntergefahren. Dabei hätten sich Fackeln gebildet, weil Reststoffe in Leitungen verbrannt werden müssten.

Der Explosion in Ludwigshafen ging ein Zwischenfall am Standort Lampertheim in Hessen voraus: Dort war es am Morgen zu einer Verpuffung am Filter einer Anlage für Kunststoffzusätze gekommen. Gegen Mittag folgte dann der Brand am Landeshafen Nord in Ludwigshafen.

Erinnerungen an den Oktober 2014

Das Werk in Ludwigshafen war bereits am 23. Oktober 2014 Schauplatz einer gewaltigen Explosion gewesen. Seinerzeit explodierte eine Hochdruckgasleitung, an der Schnittstelle der Stadtteile Oppau und Edigheim. Ein Arbeiter wurde getötet, ein anderer so schwer verletzt, dass er Wochen später starb. 22 Menschen erlitten damals ebenfalls Verletzungen.

Die Arbeiter einer hessischen Firma hatten die Leitung ausgegraben, weil sie bei einer Kontrolle Unregelmäßigkeiten gezeigt hatte. Den Auftrag hatten sie vom Leitungsbetreiber Gascade, einem Gemeinschaftsunternehmen der BASF und des russischen Energieriesen Gazprom. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Fall wegen fahrlässiger Tötung und der fahrlässigen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, wartet aber noch auf ein entscheidendes Gutachten.

Quelle: ntv.de, mmo/jug/AFP/dpa

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