Panorama

Zivilprozess gegen Täterinnen Familie von ermordeter Luise will Schmerzensgeld und ein bisschen Gerechtigkeit

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
400252984.jpg

Der Tod von Luise aus Freudenberg hat kein strafrechtliches Nachspiel. Die Täterinnen sind zu jung für einen Mordprozess. Luises Familie sucht nun auf einem anderen Weg so etwas wie Gerechtigkeit.

Die Tat erschütterte vor über zwei Jahren Deutschland: Zwei Mädchen ermorden die zwölfjährige Luise, eine Schulkameradin. Die beiden Täterinnen sind zum Tatzeitpunkt am 11. März 2023 erst 12 und 13 Jahre alt. Sie gestehen die Tat, deren Details bleiben aber wegen des jungen Alters von Täterinnen und Opfer unter Verschluss.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz teilte lediglich mit, dass Luise infolge zahlreicher Messerstiche starb. Die Verletzungen seien so schwer gewesen, dass die Zwölfjährige noch am Tatort verblutet sei, bestätigte die Obduktion. Auch zum Tatmotiv hielten sich die Ermittlungsbehörden bedeckt. Soziale Medien sollen eine Rolle gespielt haben, heißt es nur.

Weil die Täterinnen bei dem Angriff auf Luise jünger als 14 Jahre waren, sind sie strafunmündig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sie die Folgen ihres Handelns noch nicht ausreichend überblicken können. Deshalb können sie auch nicht wegen Mordes oder Totschlags angeklagt oder verurteilt werden. Der Staat verzichtet also in diesem Ausnahmefall auf die Durchsetzung seiner Strafnormen.

Leid bis heute

Doch nun wird es einen Prozess geben, mit dem die Tat aufgearbeitet werden soll, denn zivilrechtlich sieht das anders aus. "Hier geht es um die Durchsetzung privater Rechte", sagte Jens Adolphsen der dpa. Der Professor für Bürgerliches Recht und nationales und internationales Zivilverfahrensrecht lehrt an der Justus-Liebig-Universität Gießen. "Bei jeder Verletzung eines Menschen, bei jeder Tötung eines Menschen, stehen vielleicht anderen Menschen, hier den Hinterbliebenen, Schadensersatzansprüche zu", erklärt er.

Die Eltern und die Schwester von Luise haben bereits im November 2023 Zivilklage eingereicht. Wie das Landgericht Koblenz mitteilt, verlangen sie Schmerzens- und Hinterbliebenengeld von den beiden mutmaßlichen Täterinnen in Höhe von 179.000 Euro. Sie begründen ihre Klage damit, dass sie bis heute erheblich unter Luises Tod leiden. Die Klage richtet sich gegen die beiden Täterinnen.

Darüber soll heute verhandelt werden. "Gegenstand des Verfahrens wird allein die Frage sein, ob und in welcher Höhe den klagenden Angehörigen von Luise Schadensersatzansprüche zustehen", teilte das Landgericht mit.

Frage der Verantwortungsreife

Zunächst soll es um 14 Uhr eine Güteverhandlung geben. Das soll den Parteien die Möglichkeit geben, sich untereinander zu einigen. Die beiden mutmaßlichen Täterinnen müssen nach Angaben des Landgerichts persönlich erscheinen. Die Angehörigen von Luise können zu dem Gütetermin kommen, müssen es aber nicht.

Dem Kölner "Express" zufolge hat laut Gerichtssprecher eine der Täterinnen eingeräumt, mit ihrer jüngeren Komplizin "an der Tötung von Luise im Sinne einer Mittäterschaft beteiligt gewesen zu sein". Bestritten wird aber die Dauer des Leidens von Luise. Auch bezüglich des angemessenen Schmerzens- und Hinterbliebenengeldes gebe es "abweichende Rechtsauffassungen".

Kommt keine Einigung zustande, gibt es anschließend direkt den mündlichen Gerichtstermin. Davon soll die Öffentlichkeit laut Gericht für die Vernehmung der Beklagten ausgeschlossen werden. Außerdem werde es eine sogenannte Videoverhandlung geben. "Die Prozessbeteiligten haben daher die Möglichkeit, sich digital zuzuschalten und werden voraussichtlich nicht persönlich vor Ort erscheinen", hieß es vom Gericht.

Die beiden Täterinnen leben seit der Tat nicht mehr in Freudenberg. Sie sind in der Obhut des Jugendamtes und werden psychiatrisch betreut. Ob das Gericht der Familie des Opfers einen Anspruch auf Schmerzens- und Hinterbliebenengeld zuspricht, hängt auch davon ab, ob es davon ausgeht, dass die Mädchen zum Tatzeitpunkt die nötige Verantwortungsreife hatten. Wird das bejaht und eine Summe festgelegt, müssten sie zahlen, sobald sie selbst Geld verdienen. Oder ihre Eltern könnten das für sie übernehmen, heißt es vom Gericht. Das müssen sie aber nicht.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen