Panorama

Aus der Schmoll-Ecke Geht nach der Weimarer die Weimer Republik unter?

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Wolfram Weimer ist seit dem Amtsantritt der schwarz-roten Bundesregierung Staatsminister für Kultur.

Wolfram Weimer ist seit dem Amtsantritt der schwarz-roten Bundesregierung Staatsminister für Kultur.

(Foto: REUTERS)

Kaum ist Wolfram Weimer Minister für Unkulturen, muss nicht mehr gegendert werden. Doch der progressive Teil des Volkes wehrt sich. Was zu der Frage führt: Ist es nicht absurd, dass jene, die für Vielfalt und Toleranz werben, einen Minister feuern wollen, weil er ihnen politisch nicht in den Kram passt?

Willkommen, liebe Leser, Autofahrer, Fußgänger, Kritiker meiner Schreibkünste, Flüchtlinge, Ausländer und sonstige Bürger, willkommen in der "Schmoll-Ecke"! Und in der Weimer Republik! Sie sehen schon an den Mehrzahlen des Eingangssatzes, es weht ein anderer Wind durch diese Kolumne (wie durch das ganze Land). Es geht reaktionär zu. Man darf wieder ungestraft politisch unkorrekt sein. Schluss mit Lesenden, Autofahrenden, Zu-Fuß-Gehenden, Kritisierenden, Geflüchteten, Von-woanders-nach-Deutschland-Gekommenen und Bürgenden! Schluss mit Wokeness! Frauen sind ab sofort wieder in der Mehrzahl inkludiert, wie es früher war, als alles besser war - sehen wir mal von Krebsbehandlungen, dem öden Schwarz-Weiß-Fernseher und einem Mangel an Hafermilch ab -, als es je wieder sein wird.

Den Fortschritt in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf. Aber sehr wohl der neue Staatsminister für Unkulturen, Wolfram Weimer, dessen Vorname schon einen Hinweis darauf gibt, dass - anders als früher, wo alles besser war - wieder alte weiße Männer das Sagen haben. Vorbei die Zeiten von Robi und der Heiligen Annalena. Die neue Ministerin - immerhin eine Frau - für die Verbesserung der Pisa-Ergebnisse, eine gewisse Karin Prien, zeigt sich willfährig und wirbt sodann für bundesweit einheitliche Regeln zum Gendern an Schulen, die den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung entsprechen. "Gerade in einem Einwanderungsland ist es wichtig, dass nach einheitlichen Regeln unterrichtet und geschrieben wird", sagte sie neulich.

Schluss also mit Sternchen, Doppelpunkten oder Unterstrichen und viel zu vielen Geschlechtern, die einen durcheinander bringen. Das muss doch auch Syrern, Afghanen und Drogen verkaufenden Afrikanern einleuchten. So glauben es die Machthaber der Weimer Republik. Doch das Volk, jedenfalls der progressive Teil, erhebt sich gegen die Machenschaften, es möchte nicht in anti-woke Abgründe stolpern. Schon ist eine Petition erstellt, die auch mir via Mail zur Unterschrift angeboten wurde. "Wolfram Weimer ist nicht geeignet für dieses zentrale Amt der Kulturpolitik. Er ist ein konservativer Publizist und Verleger, der bislang kaum als Kulturmensch in Erscheinung getreten ist", heißt es darin. Weimer, wird nicht nur von Kulturschaffenden festgestellt, macht in Medien, "die eine klare wirtschaftsliberale und rechtskonservative Linie vertreten".

"Fort mit dem Purschen"

Pfui Deiwel, das kann nix werden, denken die Initiatoren. Daher steht in der Petition auch: "Gerade in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Polarisierung braucht die deutsche Kulturpolitik eine Persönlichkeit, die Vielfalt, Demokratie und künstlerische Freiheit schützt und fördert - und keine konservative Verengung betreibt." Fort mit dem "Purschen", der womöglich als junger Kerl über die Monty Pythons lachte. Das schon deshalb, damit niemand die Förderprogramme infrage stellt, von denen Kulturschaffende, die hoch bezahlt für die ARD und das ZDF arbeiten, weiter gemütlich in ihren Eigentumsimmobilien bei Rotwein und vegetarischer Speise für das Gute kämpfen können.

Ist es nicht absurd, dass Progressive und Betroffene (Tag für Tag und auch in dieser Petition) für Vielfalt und Demokratie werben, damit die Polarisierung ein Ende findet, aber zugleich die Entlassung eines Ministers verlangen, weil er ihnen politisch nicht in den Kram passt? Ich, wie Weimer ein Mensch unter Halb-Nazi-Verdacht, kenne das. Neulich wagte ich es, den schlechtesten Kanzler, den die Bundesrepublik Deutschland je hatte, als "schlechtesten Kanzler, den die Bundesrepublik Deutschland je hatte", zu bezeichnen. Da erhielt ich wütende Zuschriften von Fans der Partei, die permanent Toleranz und Respekt einfordert. Eine Frau schrieb: "Sie sind in meinen Augen der willfährige Büttel rechtskonservativer Auftraggeber, deren einziges Ziel die Auflage und das Verbreiten von Unzufriedenheit ist. Vermutlich wird Ihr Geschwätz gut bezahlt."

Zwar hat eine Nachrichtenseite wie ntv.de keine Auflagen. Aber was tut das zur Sache? Lustig, wie soll das gehen? Nikolaus Blome oder wer auch immer ruft mich an und sagt: "Herr Schmoll, verbreiten Sie Unzufriedenheit, dann bezahlen wir Sie gut." Der Staatsminister für Unkulturen, mit dem ich übrigens weder mündlich noch schriftlich je ein Wort gewechselt habe, erklärte der "Welt" (Hilfe, er redet mit der Springer-Presse!): "Teile des Kulturbetriebs sind offenbar besonders sensibel, wenn Kulturpolitik künftig von einem bekennenden Nicht-Linken verantwortet wird. Dann wird man flugs zum Rechten stigmatisiert, obwohl man doch klar aus der politischen Mitte kommt. Ich bin liberal und bürgerlich, denke europäisch, schätze die soziale Marktwirtschaft, die Vielfalt der Künste und, ja, ich lese lieber Thomas Mann als Bertolt Brecht. Ich bin definitiv kein Linker, aber eben auch kein Rechter."

Wer ist Wir?

Da haben wir ihn, werden die Progressiven denken. "Stigmatisiert". Schon begibt er sich in die Opferrolle, der Herr Minister. Das muss man aushalten in einem Land der Vielfalt und Toleranz. Mann und Brecht lesen. Wo kommen wir denn da hin!? Der eine war ein bürgerlicher Sack, der seine Homosexualität nie öffentlich machte, der andere ein Weiberheld, ein Me-too-Fall, dass man nach dem Ende der Weimer Republik Straßenumbenennungen angehen sollte. Schon haben mehr als 70.000 Menschen die Petition unterschrieben. Okay, wir sind 84 Millionen, aber darunter sind einige Leute, die noch nicht schreiben können und es auch nie können werden, wenn die Ministerin zur Verbesserung der Pisa-Ergebnisse nicht ihr Bestes gibt und Schüler wieder den Lehrern folgen, statt mit Messern aufeinander loszugehen oder schwule Lehrkräfte zu mobben. "Letzteres hat was mit dem Islam zu tun."

In der Weimer Republik darf man das wieder sagen. Tue ich aber nicht, damit mich der digitale Mob in Ruhe lässt. Deshalb habe ich es in Anführungsstrichen gesetzt. Hat irgendwer gesagt, ich war es nicht. Bitte wenden Sie sich an irgendwer. Und schauen Sie beim Warten auf eine Antwort ARD, die Sendeanstalt, die neutrale und ausgewogene Berichterstattung garantiert. Siehe Julia Ruhs. Gucken Sie die Sendung der Komikerin über "strukturellen Rassismus in der Polizei". Ich warte auf eine Fortsetzung zu Angriffen auf Polizisten, denen schon mal von Islamisten ein Messer in den Hals gejagt wird oder die von Juden-Hassern angegriffen werden.

Aber wen interessiert so etwas, solange nicht alle Polizisten Grüne oder Linke wählen und Typen wie der Minister für Unkulturen sowie sein Boss Friedrich Merz die Weimer Republik in den Abgrund führen? Der Merz sagte kürzlich: "Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten." Und: "Mit Viertagewoche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können." Schon schrieb die Kolumnistin eines Nachrichtenmagazins: "Das 'Wir' ist ein rhetorisches Trugbild - ein Kollektiv, das Merz beschwört, um Einzelne zu disziplinieren. Der Kommunikationsexperte George Marshall nennt es das 'Slippery We' - das rutschige Wir -, das dort zum Einsatz kommt. Man will Einigkeit suggerieren, delegiert aber in Wahrheit Verantwortung."

So was habe ich zu "Wir schaffen das" nie in dem Nachrichtenmagazin gelesen. So geht die neue Zeit in der Weimer Republik, in der die deutsche Kulturpolitik nicht von einer Persönlichkeit gemacht wird, die Vielfalt, Demokratie und künstlerische Freiheit schützt und fördert, sondern konservative Verengung betreibt. Ob das zu ihrem Untergang führt? Von mir aus. Einen Tod müssen wir bekanntlich sterben.

Quelle: ntv.de

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