Stromausfall in New York Helfer evakuieren Krankenhaus
30.10.2012, 10:06 Uhr
Manhattan im Dunkeln: Eine Millionenstadt weitgehend ohne Strom.
(Foto: AP)
Mitten im Sturm spitzt sich die Lage im nächtlichen New York City plötzlich zu: Während "Sandy" durch die Straßenschluchten tobt, fällt in weiten Teilen Manhattans der Strom aus. Überall in der Stadt springen Notstromaggregate an. Doch in einer Klinik am East River versagen die Aggregate. Eine dramatische Räumungsaktion beginnt.

Der Alptraum eines jeden Klinikbetreibers: Mitten in Nacht und Sturm muss das NYU Langone Medical Center geräumt werden.
(Foto: REUTERS)
Damit haben die Verantwortlichen nicht gerechnet: Im NYU Langone Medical Center, einer landesweit bekannten Universitätsklinik im Zentrum Manhattans, halten die Notstromaggregate in der Nacht den Belastungen nach dem Ausfall der örtlichen Stromversorgung nicht stand. Schlagartig erlischt das Licht. In den Gängen und Fluren herrscht nachtschwarze Finsternis. Ärzte und Schwestern eilen mit Taschenlampen zu ihren Patienten.
Höchste Eile ist geboten: Der betrifft auch die Intensivstationen. Das Krankenhaus muss entgegen ursprünglicher Planungen noch in der Nacht geräumt werden, vom Frühgeborenen bis hin zum frisch operierten Greis. "Sie evakuieren alle", zitierte die "New York Times" eine Sprecherin der Klinik. Insgesamt seien 215 Patienten betroffen, die nun in benachbarte Gesundheitseinrichtungen gebracht werden sollen. Pumpen und Überwachungsapparate einzelner Patienten seien, soweit notwendig, auf Batteriebetrieb umgestellt worden, hieß es.
Weil auch sämtliche Kommunikationseinrichtungen durch den Stromausfall blockiert sind, sollen Angehörigen erst nach der Neuaufnahme der Patienten von den dortigen Betreuern über den neuen Aufenthaltsort informiert werden. Die Klinik selbst sei bis auf weiteres nicht zu erreichen, hieß es, weder per Telefon, noch per E-Mail.
Das medizinische Zentrum NYU Langone liegt nahe des East River. Lediglich die Stadtautobahn und ein Hubschrauber-Terminal trennen das Krankenhaus von dem gezeitenstarken Gewässer zwischen Manhattan und Brooklyn. Zusätzlich zu Sturm und Dunkelheit bereitet die Weitläufigkeit der mehrstöckigen Anlage den Helfern Schwierigkeiten: Der Gebäudekomplex beginnt auf Höhe der 30. Straße und zieht sich über mehrere Blocks bis hoch zur 34. Straße. Lokale TV-Sender zeigten Bilder von Polizisten, Feuerwehrleuten und Sanitätern, die ausgerüstet mit Taschenlampen in das Gebäude eilten.
Ab etwa 23.00 Uhr Ortszeit (4.00 Uhr MESZ) seien Dutzende Sanitätswagen aus verschiedenen Einrichtungen vor dem Haupteingang zusammengezogen worden, berichteten lokale Medien. Der erreichte New York gegen Mitternacht. Unter Hochdruck konzentrierten sich die Hilfskräfte zunächst darauf, alle Patienten aus der Intensivstation, der kinderärztlichen Abteilung, der Frühgeborenen-Station und der Geburtsklinik aus dem dunklen Krankenhaus zu bergen. Erst danach konnten die verbleibenden, weniger hilfsbedürftigen Patienten an Orte mit stabiler Stromversorgung verbracht werden.
Diesel-Aggregate am Limit
Der Zusammenbruch der Stromversorgung in Teilen der bevölkerungsreichsten US-Metropole geht auf verschiedene Ursachen zurück. US-Sender berichteten von zahlreichen Bränden in Transformatoranlagen, in denen der Sturm schwere Schäden ausgelöst habe. Am Abend erreichte der mit der Flut steigende Wasserspiegel mindestens auch ein ufernahes , wo es daraufhin offenbar zu einer Explosion kam.
Einzelne Teile des Stromnetzes mussten jedoch gezielt abgeschaltet werden: Meerwasser sei in das U-Bahnsystem eingedrungen, berichtete die Metropolitan Transport Authority (MTA). Durch die Tunnel der New Yorker U-Bahn laufen nicht nur zahlreiche Versorgungsleitungen, sondern auch die Starkstromschienen, über die die Züge ihre Antriebskraft beziehen. Zusammen mit Experten der Stromversorger versuchten Techniker des örtlichen Nahverkehrsdienstleisters derzeit, das Wasser abzupumpen.
Es ist ein Kampf gegen die Uhr: Denn je länger der Stromausfall noch andauert, desto schwieriger dürfte die Lage in Manhattan und den angrenzenden Stadtbezirken werden: Die Notstromaggregate laufen in der Regel mit Diesel. Die schweren Motoren, die zur Stromerzeugung mittels Generator benötigt werden, beziehen ihren Treibstoff aus eigenen Tanks in unmittelbarer Nähe. Nach den Anschlägen vom und vor allem auch unter dem Eindruck des schweren Blackouts von August 2003 haben sich nicht nur öffentliche Gesundheitseinrichtungen, sondern auch zahlreiche Unternehmen mit solchen Notfallsystemen zur Stromerzeugung ausgerüstet.
Ausgelegt ist dieser Notstromversorgung nur für wenige Stunden. In der Regel reicht das auch vollkommen aus, die Zeit bis zur Wiederherstellung der regulären Stromversorgung zu überbrücken. In New York allerdings kämpfen die Versorger mit großflächigen Problemen. Bis die Schäden an Transformatoren, Umspannwerken und dem teilweise überfluteten U-Bahnsystem vollends beseitigt wird, dürfte es noch einige Zeit dauern. Bis dahin bleibt den Betreibern von Notstromaggregaten nur zu hoffen, dass der Dieselvorrat ausreicht oder wenigsten die Nachlieferung per Tankwagen reibungslos funktioniert.
Quelle: ntv.de, mmo