Fahrverbot für ganz New York "Juno" legt die gesamte US-Ostküste lahm
27.01.2015, 08:01 UhrIn New York dürfen keine Autos mehr fahren, nahezu 10.000 Flüge fallen aus – das öffentliche Leben friert ein. Gouverneur Coumo spricht von einer "Frage von Leben und Tod". Blizzard "Juno" bringt einen ersten Vorgeschmack mit Schnee und Eis.
Blizzard "Juno" hat das öffentliche Leben im Nordosten der USA weitgehend lahmgelegt. Die Straßen waren praktisch autofrei, Schulen und Büros wurden vorzeitig geschlossen, die Metropolitan Opera sagte ihre Aufführung ab. Bis hoch nach Kanada sorgte die Schneefront an der US-Ostküste für einen Ausnahmezustand. Am späten Montagabend (Ortszeit) fiel zwar vorerst kein Schnee mehr; es dürfte aber nach Einschätzung von Meteorologen in der Nacht weitergehen. Das erste "Schneeband" sei durchgezogen, erklärten die Wetterbeobachter. Bis zu 60 Millionen Menschen könnten von "Juno" und den zu erwartenden Schneefällen betroffen sein.
Der Nationale Wetterdienst gab für Montag und Dienstag Blizzard- und Sturmwarnungen in mehreren Bundesstaaten entlang der Atlantikküste im Nordosten der USA heraus. Gewarnt wird vor Starkwinden und starkem Schneetreiben, die mitunter einen sogenannten White Out auslösen könnten: Die Sichtweite nimmt mitunter schlagartig ab, die Straße ist nicht mehr zu erkennen, Autofahrer verlieren die Orientierung. "Es ist kein Spaß, wenn Fahrer auf dem Highway liegenbleiben", sagte New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo bei CNN. "Wir haben das alles schon erlebt. Es ist beängstigend, wie schnell sich die einfache Fahrt zum Supermarkt zu etwas sehr Gefährlichem entwickeln kann."
Weil durch die Schneemassen in Verbindung mit Sturmböen zudem mit starken Schneeverwehungen zu rechnen ist, raten die Behörden generell von privaten Autofahrten ab. "Blizzard Warnung", heißt es auf Leuchttafeln an den großen Verkehrsadern, die von den Metropolen in die Vororte führen. "Planen Sie voraus!". Angesichts der teils drastischen Warnungen, die Wetterexperten im US-Fernsehen seit dem Wochenende wiederholen, stürmen die Menschen nicht nur in die Supermärkte, um sich mit Vorräten für Tage und Wochen einzudecken. In vielen Unternehmen treten vorbereitete Blizzard-Pläne in Kraft. Wer kann, bleibt zuhause. Vielerorts steht das öffentliche Leben still.
Fahrverbot im Großraum New York
"Es wird eine dieser Nächte, in denen am besten zuhause bleibt", erklärte der Gouverneur von Massachusetts, Charlie Baker. Für den Großraum New York sowie in Teilen der Bundesstaaten Connecticut und Massachusetts wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag ein komplettes Fahrverbot verhängt. Fahrzeuge durften nur noch in Notfällen unterwegs sein. Wer dagegen verstoße, müsse mit einem Bußgeld von 300 Dollar (rund 250 Euro) rechnen, sagte Gouverneur Andrew Cuomo. Das Verbot gilt für 13 Bezirke, darunter die fünf, die die Stadt New York City bilden. Die Maßnahme soll sicherstellen, dass die Räumfahrzeuge freie Bahn haben und die Sicherheitskräfte nicht durch liegengebliebene Fahrzeuge aufgehalten werden.
Auch Busse und selbst U-Bahnen sollten in New York nicht mehr fahren. Erhebliche Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr gelten auch für den Großraum Boston. Dort sollen in der Spitze bis zu zehn Zentimeter Schnee pro Stunde fallen. Der Busverkehr wurde vorsorglich für Dienstag eingestellt. Bei starken Windböen rechnen die Behörden noch in der Nacht auch mit umstürzenden Bäumen. Weil Stromkabel vielerorts überirdisch an Holzmasten quer über die Straßen gespannt ist, reicht schon ein einziger unter der Schneelast abbrechender Ast, um ganze Stadtviertel von der Stromversorgung abzuschneiden.
Uno-Hauptquartier geschlossen
Die Warnungen vor dem großen Schneesturm stören auch den Betrieb bei den Vereinten Nationen. Das UN-Hauptquartier am East River schloss am Montag vorsorglich früher und dürfte auch am Dienstag geschlossen bleiben. Betroffen waren nicht nur Tausende UN-Angestellte und viele Touristen. Auch die Gedenkveranstaltung mit Israels Präsident Reuven Rivlin zur Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz vor 70 Jahren wurde um einen Tag verschoben.
Selbst die Hochkultur blieb nicht ungeschoren. Die Metropolitan Opera sagte zunächst eine Vorstellung mit Anna Netrebko ab. Wegen der Straßensperrungen und des Fahrverbotes habe man sich zu dem Schritt gezwungen gesehen, hieß es aus dem legendären Opernhaus in Midtown Manhattan. Eigentlich hatte dreieinhalb Stunden lang "Iolanta/Bluebeard's Castle" mit der Netrebko und Valery Gergiev gegeben werden sollen.
Zwangspause im "Boston Bomber"-Prozess
In Massachusetts - gut vier Autostunden Richtung Nordosten - macht Sturmtief "Juno" auch vor Justitia nicht halt: Im Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter des Boston-Marathons verzögert sich die Auswahl der Geschworenen wegen des Winterwetters. Sie werde am Dienstag nicht wie geplant fortgesetzt werden, sagte eine Gerichtssprecherin. Bei dem offenbar islamistisch motivierten Terroranschlag waren 2013 drei Menschen getötet und 260 verletzt worden.
Selbst die Gesetzgebung in Washington ist von dem Mega-Blizzard betroffen. Das Repräsentantenhaus verschob eine Reihe von Abstimmungen aus Sorge, dass Abgeordnete wegen des Wetters nicht rechtzeitig aus ihren Heimatbezirken in die Hauptstadt reisen könnten. Eigentlich hätte es über eine Reihe von Maßnahmen gegen Menschenhandel abstimmen sollen.
Das Schlimmste sollte in der Nacht auf Mittwoch überstanden sein. Dann allerdings drohen neue Probleme. Wenn auf Sturmtief "Juno" wärmere Luft folgt, drohen die pulvrigen Flocken in Nassschnee überzugehen. Spätestens dann werden sturm- und frostgeschädigte Bäume nachgeben und reihenweise Stromkabel mit zu Boden reißen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa