Panorama

Ohne Besatzung auf dem Mittelmeer Küstenwache sichert Flüchtlingsschiff

stepmap-karte-flucht-nach-europa-frachtschiffe-vor-italien-1492044.jpg

(Foto: n-tv.de / stepmap.de)

Ist das die neue Strategie profitgieriger Schleuser? Vor der Küste Italiens entdeckt die Küstenwache ein weiteres führungsloses Frachtschiff mit mehreren Hundert hilflosen Flüchtlingen. Die Besatzung hat das Schiff offenbar verlassen.

Die italienische Küstenwache hat einen Frachter mit Hunderten Flüchtlingen vor der Mittelmeerküste unter Kontrolle gebracht. Ein Helikopter brachte mehrere Rettungskräfte an Bord, die das von der Besatzung verlassene Schiff übernahmen, wie die Küstenwache am Freitagmorgen mitteilte. Die unter der Flagge Sierra Leones fahrende "Ezadeen" sollte danach in den Hafen kalabrischen Küstenstadt Crotone geschleppt werden.

Laut Nachrichtenagentur Ansa sollte ein isländisches Schiff der EU-Grenzschutzmission "Triton" das Schiff abschleppen. Auch mehrere Ärzte wurden an Bord des 1966 gebauten Frachters gebracht, um den Migranten zu helfen. Eigentlich sollte der normalerweise für Viehtransporte vorgesehen Frachter den französischen Mittelmeerhafen Sète ansteuern.

Der Frachter mit 450 Flüchtlingen an Bord war nach Angaben der Küstenwache ohne Besatzung auf die italienische Küste zugetrieben. Daraufhin war am Donnerstagabend der Rettungseinsatz gestartet worden, Italiens Luftwaffe schickte einen Helikopter. Die Ansa berichtete, dem Schiff sei der Sprit ausgegangen. Den Flüchtlingen sei es daraufhin gelungen, einen Notruf abzusetzen.

"Neuer Grad der Grausamkeit"

Mit "Geisterschiffen" im Mittelmeer, die ohne Besatzung und vollgepfercht mit Flüchtlingen ihrem Schicksal überlassen werden, zeigen Schleuserbanden nach Ansicht der EU-Grenzschutzagentur Frontex "einen neuen Grad der Grausamkeit". "Das ist eine neue Erscheinung dieses Winters", sagte Frontex-Pressesprecherin Ewa Moncure in Warschau. Schon immer seien die internationalen Schleuserbanden rücksichtslos und menschenverachtend gewesen und hätten den Tod von Flüchtlingen auf Booten von Afrika nach Europa in Kauf genommen.

"Wenn ein nicht seetüchtiges Schiff, das völlig überladen ist, in Seenot gerät, haben die im Lagerraum eingeschlossenen Menschen keine Chance." "Das ist ein Multimillionengeschäft", sagte Moncure über den Schmuggel von Flüchtlingen, die auf eine bessere Zukunft in Europa hoffen. "Aus jedem dieser Flüchtlinge werden mehrere tausend Euro oder Dollar für den Transport auf See gepresst. Da lässt sich leicht ausrechnen, wie viel bei einem Schiff mit mehreren hundert Menschen zusammenkommt." Für die Schmuggler lohne sich daher die Rechnung, wenn ein ohnehin bereits ausgemustertes Schiff ohne Crew und Treibstoff auf dem Meer zurückgelassen werde.

Auch "Blue Sky M" steuerte führungslos

Erst am Vortag waren fast 800 Bootsflüchtlinge auf einem führerlosen Frachter vor Süditalien nur knapp einer Katastrophe entgangen. Das Schiff "Blue Sky M" mit 768 Migranten an Bord steuerte in der Nacht zum Mittwoch ebenfalls grob in Richtung der Küste Apuliens zu. Der Frachter hatte die Migranten vermutlich im Westen Griechenlands aufgenommen.

Laut Medienberichten folgte das Schiff einem festgelegten Kurs, die Steuerung war blockiert. Ohne die Intervention der Einsatzkräfte wäre der Frachter auf die apulische Küste aufgelaufen. Das Schiff und die hilflosen Menschen an Bord waren sich selbst überlassen, wie ein Sprecher der Küstenwache betonte. Von der Besatzung fehlte jede Spur. Ohne Hilfe von außen wären die Flüchtlinge sehenden Auges in eine Katastrophe gefahren.

Quelle: ntv.de, vpe/mmo/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen