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Manifestieren reicht nicht Mit dieser Methode gehen Wünsche in Erfüllung

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Vor über zehn Jahren entstand die WOOP-Methode, die Menschen dabei hilft, ihre Ziele mithilfe von Selbstregulation zu erreichen.

Vor über zehn Jahren entstand die WOOP-Methode, die Menschen dabei hilft, ihre Ziele mithilfe von Selbstregulation zu erreichen.

(Foto: IMAGO/Zoonar)

Allein durch die Kraft der Gedanken soll beim Manifestieren eine positive Zukunft entstehen - der Trend ist ein Dauerbrenner auf Social Media. Doch Psychologieprofessorin Gabriele Oettingen kennt eine bessere Strategie, um Ziele zu erreichen.

Der perfekte Partner, eine wunderschöne Wohnung oder ein erfüllender Job - wer seine Ziele manifestiert und ihnen genügend Zeit gibt, der soll schon bald dank des Gesetzes der Anziehung belohnt werden und seine Herzenswünsche erfüllt bekommen. So zumindest wird Manifestation auf Instagram & Co. beschrieben. Egal, ob dahinter Influencerin, spiritueller Coach oder Businessseiten stecken, sie alle setzen auf die Kraft der Gedanken getreu dem Motto "Man muss es nur wirklich wollen…". Und siehe da, manche Influencer dienen dann auch direkt mit dem Beweis und erzählen, wie sie nur wenige Wochen später die lang ersehnte Nachricht bekommen haben.

Die deutsche Forscherin Gabriele Oettingen glaubt, dass vor allem Menschen mit den größten unerfüllten Bedürfnissen für den Trend anfällig sind. Oettingen ist Professorin an der Universität Hamburg und der New York University und forscht zum Thema Motivation und Zielerreichung. Dass Manifestieren gerade im Trend liegt, hält sie für nicht verwunderlich. "Beim Manifestieren träumen viele von einer positiven Zukunft. Das ist sehr verführerisch", erklärt die Psychologieprofessorin, "denn durch eine solche positive Perspektive kann man sich in eine gute Stimmung versetzen."

Erst Manifestieren, dann warten?

Je schwieriger und unsicherer die Umwelt wird, sei es durch Kriege, Krisen oder dem Fehlen von festen Strukturen, desto stärker ist das Bedürfnis nach einer sicheren und glücklichen Zukunft - auch wenn diese erst einmal nur im eigenen Kopf existiert. "Positive Zukunftsfantasien allein reichen allerdings nicht aus, um unsere Wünsche zu erfüllen. Um das Leben erfolgreich zu gestalten, müssen wir die Realität bedenken, also auch die Hindernisse", sagt Oettingen. Gibt man sich mit der reinen Manifestation zufrieden, bleibt man passiv und handelt nicht so wie es nötig wäre.

Forschungen zeigen, je positiver Menschen sich die Zukunft ausmalen, desto weniger depressiv sind sie zwar für den Moment, langfristig aber werden sie damit depressiver. Oettingen erklärt, dass genau das beim Manifestieren passiert: Hat man die positive Zukunft imaginiert, lehnt man sich eher zurück und wartet auf die Erfüllung. Tritt diese nicht ein, ist man enttäuscht oder sieht sich plötzlich mit der Realität konfrontiert.

Aber warum werden dennoch immer wieder Anekdoten für das Funktionieren von Manifestieren geliefert? Oettingen sieht dabei einen Grund in den jeweiligen Zielen, denn wenn diese keinerlei Anstrengung benötigen, kann man einfach zugreifen. Aber die Erfüllung der meisten Wünsche ist nicht so einfach, sondern erfordert Mühen und Verzicht. Das gilt auch für die Wünsche beim Manifestieren. "Diese Wunschvorstellungen sind in der Realität nur mit Anstrengung zu erreichen oder sie können schlicht unmöglich erfüllt werden", sagt die Professorin. Manifestiert man etwa den Genuss der Tafel Schokolade, die in der Küche liegt, funktioniert die Strategie selbstverständlich, da die Schokolade existiert und man sie sich leicht aus der Küche holen kann. Anders steht es jedoch um Wünsche, die nicht so einfach zu kontrollieren sind, etwa reich, gesund oder glücklich zu werden. Gerade hierbei können Hindernisse entstehen, die nur durch eine passende Bewältigungsstrategie überkommen werden können.

Zu dieser Art von mentalem Kontrastieren forscht Oettingen seit über zwei Jahrzehnten. Vor über zehn Jahren entstand die WOOP-Methode, die Menschen dabei hilft, ihre Ziele mithilfe von Selbstregulation zu erreichen - mit Erfolg. Denn Studien zeigen, dass Erwachsene mithilfe von WOOP sowohl Stress reduzieren und produktiver sind als auch ein besseres Problemlöseverhalten entwickeln. Ein Projekt der University of Chicago hilft Jugendlichen in Kolumbien, sich mittels der Methode den ansässigen Gangs fernzubleiben. Und auch die Urheberin Oettingen glaubt, dass sie ohne WOOP nicht dort stehen würde, wo sie heute steht.

Die Strategie setzt sich aus den vier namensgebenden Schritten zusammen: Wish (dt. Wunsch) - Outcome (Ergebnis) - Obstacle (Hindernis) - Plan.

1. Den Wunsch benennen

Im ersten Schritt geht es darum, zu erspüren, was man eigentlich will. Wer viele Wünsche hat, soll sich pro WOOP-Übung auf einen fokussieren. Oettingen empfiehlt, zunächst einmal den wichtigsten Wunsch anzugehen, später sei es aber auch möglich, ein kurzfristiges Ziel durch die Methode anzuvisieren, etwa für das nächste Job-Gespräch oder die nächste Woche. "Der Wunsch kann abstrakt bleiben, etwa wenn ich mir mehr Freiheit oder mehr Sinn in meinem Leben wünsche", sagt die Expertin.

"Dennoch sollte er im Prinzip für mich erreichbar sein, trotz der Herausforderung. Natürlich kann ich mir wünschen, erfolgreicher Musikstar zu werden, auch wenn ich bisher keinerlei Musik gemacht habe. Dann zeigt mir aber das Bedenken des Hindernisses, dass ich meine Energie besser in die Erfüllung anderer, vielversprechenderer Wünsche investieren sollte."

Vorsichtig sein sollte man auch mit Wünschen, die man auf andere Personen abschiebt. "Ich habe es nicht in der Hand, dass mein Sohn ein Einser-Schüler wird. Aber ich kann mir vornehmen, alles zu tun, was es meinem Kind erleichtert, gut in der Schule zu sein", erklärt Oettingen. Gerade weitverbreitete Wünsche sollten gezielter formuliert werden, um das Bedürfnis dahinter besser zu verstehen. Hinter dem Ziel des Reichtums steckt vielleicht nicht nur das Streben nach Geld, sondern nach Freiheit, Sicherheit oder auch Respekt von anderen.

2. Das Ergebnis fühlen

Im zweiten Schritt stellt man sich vor, wie man sich fühlen würde, wenn der Wunsch in Erfüllung ginge. Ist man glücklich, erleichtert oder stolz? Bemerkt man hier, dass man eigentlich eher gleichgültig gegenüber dem erzielten Ergebnis fühlt, kann man diesen Wunsch fallen lassen und einen neuen definieren. Möchte man etwa Arzt werden, sollte man sich fragen, wie man sich im Alltag damit fühlt. Fällt einem dabei auf, dass man zwar gern Menschen hilft, aber eigentlich nicht den ganzen Tag in einem Krankenhaus stehen möchte, kann man den Wunsch revidieren zu "Ich will in meinem Job Menschen helfen". Das positive Gefühl sollte dann möglichst intensiv imaginiert werden.

3. Hindernisse ausfindig machen

Der dritte Punkt beinhaltet die Betrachtung von möglichen Hindernissen (Obstacle). Hier ist folgende Frage zentral: "Welches Hindernis in mir steht im Weg?" Die Antwort kann eine Emotion sein, wie etwa Angst oder Ärger, aber auch eine schlechte Angewohnheit, eine Versuchung oder eine Überzeugung. Die Antwort muss auf die eigene Person bezogen sein, ein anderer Mensch gilt nicht als Hindernis. Strebt man beispielsweise eine bessere Stellung im Job an, hat aber einen Vorgesetzten, der nicht genügend Vertrauen hat oder auf einen herabblickt, könnte auch das eigene Verhalten hinderlich für den Wunsch sein. Es könnte dann helfen, netter oder überzeugender auf den Chef zuzugehen.

Ist die Angst ein großes Hindernis, muss man diese ebenfalls genau definieren. Die Angst vor dem Scheitern etwa wäre bei einer geplanten Selbstständigkeit, wovon der Lebensunterhalt abhängig ist, hinderlicher als bei dem Erlernen eines Instruments, wo Fehler kaum Konsequenzen hätten. Laut Motivationsforscherin Oettingen erfährt man so auch, ob das Hindernis zu groß ist. "Beim Finden und Betrachten des Hindernisses merke ich, wie ich es überwinden kann. Es kann nun sein, dass ich das Hindernis nicht überwinden kann oder mir etwas anderes viel wichtiger ist. Dann kann ich den Wunsch anpassen, auf einen günstigeren Zeitpunkt verschieben, oder ihn auch mal mit gutem Gewissen ziehen lassen." Danach sucht man Bewältigungsstrategien, dies kann etwa die Unterstützung einer Freundin sein, wenn es um eine Sportroutine geht, oder ein anderer Tagesablauf, wenn man sich stressfreie Abende wünscht.

Durch die ersten drei Schritte entstehen bereits nicht bewusste mentale Verbindungen, die dabei helfen, das Hindernis zu überwinden, ohne dies zu bemerken. Diese nicht bewussten Verbindungen sind dafür verantwortlich, dass die Person aktiv die Veränderung anstrebt und nicht in alten Verhaltensmustern stecken bleibt. Auch werden Rückschläge als wertvolle Information und als Teil der Zielerreichung gesehen und nicht persönlich genommen. "Die nicht bewussten Prozesse lassen uns automatisch in Richtung Wunscherfüllung handeln", berichtet Oettingen.

4. Wenn-dann-Sätze definieren

Im letzten Schritt wird ein Plan mittels Wenn-dann-Sätzen definiert. Wenn das festgelegte Hindernis eintritt, dann folgt das spezifische Verhalten, das im vorherigen Schritt bereits als Lösungsansatz identifiziert wurde und sofort umgesetzt werden kann. Diese Methode geht auf den Psychologieprofessor und Oettingens Ehemann Peter Gollwitzer zurück.

Ein Beispiel: Wenn ich Angst vor der anstehenden Aufgabe habe, dann setze ich mich an den Schreibtisch, starte den Computer und beginne mit der Aufgabe.

Oettingen empfiehlt die WOOP-Methode möglichst oft und in Ruhe anzuwenden. Je mehr sie praktiziert wird, desto schneller folgt die Umsetzung. Wichtig dabei ist vor allem, dass man bei der Imagination nicht abgelenkt wird, sondern konzentriert bleibt. Kostenlose Hilfsmittel gibt es auch auf der Website woopmylife.org und der dazugehörigen App. Manche profitieren auch davon, die Schritte aufzuschreiben. Die 70-Jährige ist davon überzeugt, dass die Methode hilft, mehr Sinn im Leben zu finden. "Mit WOOP hat man seine Bedürfnisse im Blick, kommt an die Wurzel der eigenen Wünsche und sieht, wo Handlung möglich ist. Dadurch kann man sein Verhalten konstruktiv ändern und das Leben neu entdecken."

Quelle: ntv.de

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