Heftige Güsse, inklusive Hagel Neue Gewitter suchen Deutschland heim
29.06.2021, 18:44 Uhr
Himmel über Frankfurt: Aus Frankreich ziehen wieder Gewitterwolken heran.
(Foto: picture alliance/dpa)
Starkregen, Blitz und Donner - noch ist das nicht ausgestanden. Nach einer heftigen Unwetternacht ziehen neue Wolken aus Frankreich heran. Allerdings ist die Gewitternachhut nicht so gewaltig wie die erste Welle. Besonders in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind die Aufräumarbeiten noch im Gange.
Nachdem es in der vergangenen Nacht über Deutschland heftig gekracht hat, erwartet das Meteorologen-Team von ntv auch für den Abend teils kräftige Unwetter. Gewitter breiten sich von Frankreich über den Südwesten Deutschlands bis in die Mitte und ostwärts über Bayern aus. Auch im Norden sind einige kräftige Güsse inklusive Hagel möglich, besonders von Niedersachsen über Hamburg bis nach Schleswig-Holstein. Abseits der Schauer und Gewitter setzt sich zeitweise auch die Sonne durch.
Unwetter mit teils heftigen Regenfällen setzten am Nachmittag Teile von Hessen unter Wasser. Bis zum frühen Abend gingen allein bei der Feuerwehr in Darmstadt rund 70 Notrufe ein, weil Wasser in Keller oder Souterrainwohnungen gelaufen war. Durch den Wasserdruck seien an mehreren Stellen Kanaldeckel nach oben gedrückt worden, teilte die Feuerwehr mit. In Frankfurt blieben Autos teils in überfluteten Unterführungen liegen. Auch im Nordosten der Pfalz ging Starkregen nieder. Unter anderem in Laumersheim nahe Grünstadt seien zahlreiche Notrufe wegen voll gelaufener Keller eingegangen, teilte die Polizei mit. Im benachbarten Obersülzen hätten die Zufahrtsstraßen zeitweise gesperrt werden müssen, da die Ortschaft zum Teil überflutet wurde und das Wasser aus der Kanalisation herausgesprudelt sei.
Massive Störung im Fernverkehr
Am Abend legten Unwetter den Fernverkehr der Deutschen Bahn in Teilen von Bayern und Baden-Württemberg lahm. Betroffen waren Verbindungen zwischen Stuttgart und München, Stuttgart und Nürnberg, zwischen Erfurt, Nürnberg und München, zwischen Fulda und München sowie zwischen Frankfurt (Main) und Passau. Die Nachtzüge der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) von und nach Amsterdam, Brüssel, Innsbruck und Wien fallen aus. Noch verkehrende Fernzüge seien teilweise sehr voll.
Auch in der kommenden Nacht sind von NRW über das Weserbergland und Thüringen bis nach Sachsen teils noch kräftige Gewitter möglich, sagen die ntv-Experten voraus. Im Norden über Schleswig-Holstein und Ostfriesland blitzt und donnert es mit abklingender Frequenz, in Mecklenburg bleibt es örtlich auch in der zweiten Nachthälfte noch gewittrig. Und auch am Mittwochmorgen gibt die Unwetterlage keine Ruhe: Vor allem vom Nordosten bis nach Hamburg und Schleswig-Holstein stehen noch kräftige Gewittergüsse auf dem Programm, teils mit kleinkörnigem Hagel. Erst am Samstag winkt Entspannung, es gibt nur noch wenige Schauer und ansteigende Temperaturen.
"Ganz schön nass": Statuen stürzen vom Sockel
In der Nacht zum Dienstag hatten heftige Gewitter mit Sturmböen und Starkregen Menschen in vielen Regionen Deutschlands getroffen. Allein in Stuttgart zählte die Feuerwehr vom Montagabend bis in den frühen Dienstag Hunderte Einsätze, der Bahnverkehr war schwer getroffen. Anhaltender Starkregen führte dazu, dass etliche Tunnel in kürzester Zeit mit Wasser vollliefen. An der Stuttgarter Staatsoper wurden Teile der Dachverkleidung abgedeckt. Zudem stürzten Statuen von ihrem Sockel.
"Ich stehe unter dem Dach und werde ganz schön nass", sagte der Intendant Viktor Schoner am Abend. Die Seitenbühne habe unter Wasser gestanden - teils sei der Regen über die Lampen ins Gebäude geflossen. 250 Gäste seien zur Zeit des Unwetters bei einem Liederabend in der Oper gewesen, niemand sei verletzt worden. Auch am Dienstagvormittag waren noch Hunderte Helfer in Baden-Württemberg dabei, Keller auszupumpen und umgestürzte Bäume zu beseitigen. Im Großraum Stuttgart fiel der Bahnverkehr auf mehreren Strecken aus. Fernzüge hielten zeitweise nicht am Stuttgarter Hauptbahnhof.
Im Kreis Calw waren Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei am Abend schwer beschäftigt. Ein Sprecher der Polizei Pforzheim sprach von überfluteten Straßen, überlaufenden Gullys und Erdrutschen in der Gemeinde Altensteig. Unter dramatischen Umständen wurden zwei Männer in Baden-Württemberg aus einem überfluteten Tunnel gerettet. Als die Einsatzkräfte bei dem 450 Meter langen Tunnel in Dußlingen in der Nähe von Tübingen eintrafen, saß ein Mann bereits auf dem Dach seines Pkw, der Fahrer eines Kleinlasters befand sich noch im Führerhaus, wie der Kommandant der Feuerwehr Dußlingen mitteilte.
Rettungsaktionen wie im Film
Der Lkw-Fahrer wurde aus dem Führerhaus geholt, von einem Feuerwehr-Schwimmer angeleint und aus der Strömung gezogen. Um den anderen Mann zu retten, fuhren die Feuerwehrleute mit einem großen Löschfahrzeug in die Unterführung. Doch sie konnten den Tunnel nicht mehr verlassen. Sie hatten sich bereits zum Schwimmen ausgezogen, als ein Schlauchboot sie doch noch aus den steigenden Fluten retten konnte. Der Kommandant der örtlichen Feuerwehr, Sven Laichinger resümierte: "Das war eine Rettungsaktion wie im Film." Etwa 60 Einsatzkräfte pumpten am Morgen den Tunnel leer.
Bis zu einem halben Meter hoch und mit Schlamm und Steinen vermischt: In Unterfranken stand nach Starkregen ein ganzer Ort unter Wasser. In Mömlingen waren die Straßen am Montag ab dem späten Nachmittag komplett von den Wassermassen bedeckt und Keller liefen voll. Die Polizei geht davon aus, dass der Ort noch einige Tage mit den Auswirkungen beschäftigt sein wird.
Straßen verschlammt, Keller vollgelaufen
Auch über Rheinland-Pfalz und Teile Hessens zogen teils heftige Unwetter hinweg. In der Vorderpfalz habe es 265 Einsätze aufgrund des Starkregenereignisses binnen kurzer Zeit gegeben, teilte die Feuerwehr am Morgen mit. Allein im Stadtgebiet Ludwigshafen waren es demnach 84 Einsätze, Wasser wurde aus Kellern und Wohnungen gepumpt, umgestürzte Bäume wurden beseitigt. In Koblenz bereitete Starkregen den Einsatzkräften viel Arbeit. Feuerwehr und Polizei waren aufgrund von vollgelaufenen Kellern, überfluteten Straßen und mehreren Unfällen im Einsatz.
In Bad Dürkheim rückten die Einsatzkräfte in der Nacht vermehrt wegen verschlammter Straßen und überfluteter Keller aus. Auf zwei Autobahnen in Rheinland-Pfalz kam es bei heftigen Regenfällen zu Unfällen mit Verletzten. Auf der A3 und der A48 gab es am späten Nachmittag im Bereich der Autobahnpolizei Montabaur insgesamt sieben Unfälle, wie die Polizei mitteilte. Dabei wurde ein Mensch schwer verletzt, drei weitere erlitten leichte Verletzungen. Insgesamt seien zwölf Fahrzeuge in die Unfälle verwickelt gewesen.
Viele Feuerwehreinsätze gab es auch im äußersten Westen: In Bocholt in Nordrhein-Westfalen mussten die Einsatzkräfte nach Starkregen mehr als 100 Mal ausrücken. Zahlreiche Keller mussten ausgepumpt sowie Bäume von Straßen geräumt werden.
Quelle: ntv.de, mau/dpa