Überdosis für 90 Patienten "Todespfleger" gesteht Dutzende Tötungen
12.02.2015, 18:46 Uhr
Die Polizei überprüft, ob der Angeklagte vielleicht noch viel mehr Menschen getötet hat, als er bislang zugibt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bislang sprach nur der psychiatrische Gutachter des Mannes, der 30 Patienten mit der Überdosis eines Herzmedikaments getötet haben soll. Nun bestätigt der Angeklagte diese Angaben vor Gericht - und muss sich dem harten Urteil seines Psychiaters stellen.
Bislang vertraute er sich nur dem Psychiater an, jetzt erzählte er es den Richtern: Der "Todespfleger" von Delmenhorst hat die Tötung von bis zu 30 Klinik-Patienten vor Gericht gestanden. Der wegen Mordes angeklagte 38-Jährige sagte im Landgericht Oldenburg, die Angaben des psychiatrischen Gutachters zu seinen Taten seien korrekt. Demnach spritzte der Mann etwa 90 Patienten im Klinikum Delmenhorst eine Überdosis eines Herzmedikaments - bis zu 30 Menschen starben daran.
Der Gutachter Konstantin Karyofilis gab einen detaillierten Einblick in die Gefühlslage des früheren Krankenpflegers. Der Angeklagte selbst wirkte dabei angespannt, er blickte auf seine Akten und blätterte im Gutachten. Aufmerksam lauschte er den Worten des Mannes, dem er sich seit Dezember mehrfach anvertraut hatte. Karyofilis hält den Ex-Pfleger für voll schuldfähig.
Der Angeklagte soll sich kommende Woche näher vor Gericht äußern, ein Urteil könnte am 26. Februar fallen. Dem Gutachter zufolge gaben Notfälle, bei denen das Leben von Patienten auf dem Spiel stand, dem Pfleger einen besonderen Kick. Er konnte als zupackender Retter auftreten, bekam dafür Lob und Anerkennung. Das Gefühl etwas toll gemacht zu haben, habe über Tage angedauert, gab der Gutachter die Worte des Angeklagten wieder. Die Arbeit auf der Intensivstation habe ihn gleichzeitig sehr belastet. Er habe den Kontakt zu den Patienten verloren, diese nicht mehr als Menschen gesehen. Er habe unter Depressionen und Ängsten gelitten.
Polizei überprüft 200 Todesfälle
Im aktuellen Prozess ist der frühere Pfleger wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs an Patienten angeklagt. Doch das Ausmaß seiner Taten könnte noch deutlich größer sein, als von ihm eingestanden. Eine Sonderkommission der Polizei überprüft zurzeit den Tod von mehr als 200 Patienten am Klinikum Delmenhorst und anderen Arbeitsstätten des Mannes in Oldenburg, Wilhelmshaven und bei den Rettungssanitätern. Der Angeklagte bestreitet allerdings, Patienten an anderen Orten als in Delmenhorst geschadet zu haben. Auch stimme es nicht, dass Langweile eines seiner Motive gewesen sein soll, wie die Staatsanwaltschaft meint.
Nach Ansicht des Psychiaters hat der 38-Jährige eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung. Dennoch sei er sich über die Konsequenzen seiner Taten bewusst gewesen und habe den Tod der Patienten in Kauf genommen. Eine Rückfallgefahr sieht der Gutachter bei dem Mann nicht. Diese Einschätzung ist wichtig für die Frage, ob die Richter eine Sicherungsverwahrung im Anschluss an die Haft anordnen.
Quelle: ntv.de, fma/dpa