Panorama

Havarie der "Sewol" Vize-Schuldirektor nimmt sich das Leben

Die Angehörigen hoffen und bangen. Doch die Rettungskräfte sind nicht sehr optimistisch.

Die Angehörigen hoffen und bangen. Doch die Rettungskräfte sind nicht sehr optimistisch.

(Foto: REUTERS)

Fieberhaft suchen Retter nach Überlebenden der verunglückten südkoreanischen Fähre - bisher ohne Erfolg. Aus Verzweiflung erhängt sich offenbar ein Überlebender. Derweil wird bekannt: Zum Unglückszeitpunkt ist der Kapitän nicht Herr über sein Schiff.

Nach dem schweren Fährunglück in Südkorea hat der gerettete Vize-Direktor der besonders stark betroffenen Schule offenbar Selbstmord verübt. Der 52-jährige Pädagoge Kang Min Kyu sei auf der Insel Jindo an einem Baum hängend gefunden worden, berichtet die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Kang war Vize-Direktor der Oberschule in Ansan, von der hunderte Schüler auf der am Mittwoch gekenterten Fähre "Sewol" waren. Der Pädagoge war unmittelbar nach dem Unglück gerettet worden. Von mehr als 250 Passagieren fehlt noch jede Spur, darunter viele Schüler aus Ansan.

"Die genaue Todesursache muss noch ermittelt werden", sagte ein Polizeisprecher über den Vize-Schuldirektor. Laut Yonhap hing die Leiche an einem Baum in der Nähe des Schulgebäudes auf der Insel Jindo, in dem die Überlebenden des Unglücks untergebracht wurden. Insgesamt waren 475 Menschen an Bord der Fähre, 352 davon Schüler der Oberschule in Ansan.

Die Staatsanwaltschaft in Südkorea hat inzwischen einen Haftbefehl gegen den Kapitän der Fähre beantragt. Auch gegen zwei weitere Crewmitglieder wurden Haftbefehle beantragt.

Das havarierte Schiff ist Ermittlern zufolge zum Unglückszeitpunkt nicht vom Kapitän , sondern von der dritten Offizierin gesteuert worden. Kapitän Lee Jun Seok habe die Schiffsführung an die 26-jährige Offizierin mit nur einem Jahr Erfahrung übergeben, bevor das Schiff zu sinken begonnen habe, teilte ein Ermittlerteam mit. Wo sich Lee zum Unglückszeitpunkt befand, ist noch unklar.

Rettungsarbeiten sind schwierig

Derweil suchen die Rettungsmannschaften im Wrack der "Sewol" weiter fieberhaft nach Überlebenden unter den vermissten Insassen. Es gelang bisher noch nicht, zu den Passagierdecks vorzudringen, wo die meisten der Vermissten vermutet werden. Zwei Tage nach dem Untergang des Fährschiffes sei es Tauchern erstmals gelungen, bis ins Innere des Wracks vorzudringen, berichtete der südkoreanische Rundfunksender KBS unter Berufung auf einen Krisenstab der Regierung. Es sei damit begonnen worden, Luft ins Innere der Fähre zu pumpen.

Vor allem Angehörigen der vermissten Insassen hoffen nach wie vor, dass Überlebende gefunden werden können. Es wird befürchtet, dass im Rumpf der mehrstöckigen Fähre ein Großteil der über 470 Insassen eingeschlossen wurde. Mehr als 300 Passagiere waren Oberschüler auf einem Ausflug. Bisher wurden nach offiziellen Angaben 26 Leichen aus dem Wasser gezogen. Fast 180 Insassen konnten gerettet werden.

"Bitte helft ihnen!"

Einige der Passagiere könnten Experten zufolge den Untergang zunächst in einer Luftblase überlebt haben. Allerdings sei es angesichts der niedrigen Wassertemperatur und des schwindenden Sauerstoffs schwierig, darin mehr als zwei Tage zu überleben. Familien von vermissten Insassen richteten unterdessen schwere Vorwürfe gegen die Regierung. In einer Erklärung warfen sie ihr vor, nicht genug für die Rettung von möglichen Überlebenden zu tun.

"Unsere Kinder schreien im eiskalten Wasser nach Hilfe, bitte helft ihnen", hieß es laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap in einer Erklärung der Familien. Viele Angehörige befinden sich in der Nähe der Unglücksstelle auf der Insel Chindo. Seit Mittwoch standen mehr als 500 Taucher zum Einsatz bereit. Allerdings waren die Bergungsarbeiten von schlechtem Wetter und der starken Strömung erschwert worden. Auch waren 150 Schiffe und fast 30 Flugzeuge im Einsatz.

In der Nacht wurden zwei riesige Schwimmkräne von Werfthäfen in die Nähe der Unglücksstelle gebracht. Weitere sollen folgen. Experten diskutierten noch darüber, wie das Wrack am besten gehoben werden könnte, berichtete der staatliche Sender Arirang. Auch ein Schwimmdock könnte zur Unglücksstelle gebracht werden. Auch war Kritik an Kapitän und Besatzung der Unglücksfähre laut geworden.

Überlebende erklärten, es hätten mehr Passagiere gerettet werden können, wenn das Schiff früher evakuiert worden wäre. Die Ursache des Unglücks war noch unklar. Aussagen von Besatzungsmitgliedern ließen vermuten, dass eine plötzliche Kursänderung vor der Insel Chindo zu der Katastrophe geführt haben könnte. Möglich ist auch, dass die Auto- und Personenfähre auf einen Felsen auflief. Überlebende hatten von einem großen Knall vor dem Sinken des Schiffes gesprochen.

Quelle: ntv.de, fma/jve/dpa

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