Größter Einsatz des Jahres 6500 Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet
30.08.2016, 07:44 UhrBei rund 40 Einsätzen sind zu Wochenbeginn Tausende Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet worden. Doch seit Jahresbeginn haben bereits mehr als 3100 Menschen auf der See ihr Leben verloren. Einer Erhebung zufolge wird die Überfahrt immer gefährlicher.
Die italienische Küstenwache hat rund 6500 Flüchtlinge aus Seenot im Mittelmeer gerettet. Das Kommandozentrum habe 40 Rettungseinsätze koordiniert und sei Tausenden Schutzsuchenden vor Libyen zur Hilfe gekommen, erklärte die Küstenwache im Internetdienst Twitter zum Einsatz am Montag. Damit war es einer der intensivsten Rettungstage der vergangenen Jahre. Der katalanischen Organisation Proactiva Open Arms zufolge waren mitunter 700 Menschen auf einem einzigen Fischerboot zusammengepfercht.
An den Einsätzen war eine Reihe von Schiffen der Küstenwache und der italienischen Marine beteiligt, wie die Behörden weiter mitteilten. Auch die EU-Marinemission "Sophia", die im Kampf gegen Schlepper im Einsatz ist, die EU-Grenzschutzagentur Frontex sowie humanitäre Organisationen halfen bei der Rettung der Flüchtlinge.
Die Organisation Proactiva Open Arms veröffentlichte auf ihrem Twitter-Konto Bilder des Einsatzes, die zeigen, wie die Schutzsuchenden zu Hunderten zusammengedrängt in kleinen Booten sitzen. Einige von ihnen sprangen demnach mit Rettungswesten ausgerüstet ins Meer und schwammen zu den Rettungsbooten.
112.500 Flüchtlinge seit Jahresbeginn in Italien
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen erklärte ihrerseits, dass unter den geretteten Flüchtlingen zahlreiche Babys und Kleinkinder waren. Ein fünf Tage altes Neugeborenes musste mit dem Hubschrauber in ein italienisches Krankenhaus gebracht werden.
Schon am Sonntag waren in dem Gebiet mehr als 1100 Flüchtlinge gerettet worden. Damit dürfte die Zahl der Schutzsuchenden, die seit Jahresbeginn über das Mittelmeer Italien erreichten, auf mehr als 112.500 steigen. Im selben Zeitraum des Vorjahres lag die Zahl bei 116.000 ankommenden Flüchtlingen. Fast alle Geretteten stammen aus Westafrika oder vom Horn von Afrika.
Derzeit wagen wegen des Sommerwetters und der ruhigen See wieder mehr Schutzsuchende in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer. Der Küstenwache zufolge stellten sich die Behörden wegen der guten Wetteraussichten auch am Dienstag wieder auf viele Einsätze ein. Nach Angaben der UNO starben oder verschwanden in diesem Jahr bereits mindestens 3100 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer.
Unter Berufung auf eine Untersuchung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) berichtet "Die Welt", dass jeder 85. Migrant die Fahrt über das Mittelmeer in diesem Jahr nicht überlebt habe. Im vergangenen Jahr traf es demnach noch jeden 276. Migranten. "Unsere Daten legen nahe, dass es im Jahr 2016 unsicherer für Flüchtlinge geworden ist", sagte Frank Laczko, Leiter des IOM-Datenzentrums, dem europäischen Zeitungsnetzwerk LENA (Leading European Newspapers), dem die Zeitung angehört.
Die IOM weise darauf hin, dass unter anderem die Schleuser skrupelloser geworden seien und mehr Menschen auf Boote schickten, die nicht seetüchtig sind. Zudem kämen mehr Migranten aus Ägypten, von wo aus die Überfahrt deutlich gefährlicher sei. Die Organisation kritisiere, dass Europa zu wenig unternehme, um Verbleib und Identifizierung vermisster Migranten aufzuklären.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa